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DIE FURCHE 10.04.2025

DIE FURCHE · 1524

DIE FURCHE · 1524 Ausstellung10. April 2025Die Albertina zeigt mit „Leonardo – Dürer“, wie inder Renaissance – und besonders von den beidenNamensgebern der Schau – in farbig grundiertenZeichnungen besondere Effekte erzielt wurden.Kunst derreduziertenKolorierungBis insDetailOberrheinischerMeister:Musterblatt mitEvangelistensymbolen,Tieren undWildem Mann, um1430-1440;20,9 × 14,3 cm,Pinsel in Weiß aufschwarz grundiertemPapier;Städel Museum,Frankfurt am Main.Von Theresa SteiningerJede Ader, jede Runzel, jedesDetail eines Fingernagelssind zu erkennen. Gewänderwerden in elegantemFaltenwurf wiedergegeben,angespannte Muskeln in Bewegungzeigen ein genauestes Studium:Wie Renaissance-Künstlervom Kaliber eines Albrecht Dürerund eines Leonardo da Vinci inZeichnungen eine Meisterschaftfür die genaue Wiedergabe vonEinzelheiten entwickelten, zeigtnun eine Ausstellung in der Albertina.Man kehrt mit dieser„Leonardo – Dürer“ betiteltenSchau zur Kernexpertise desHauses zurück und schöpft ausder eigenen Sammlung, die überzahlreiche Werke beispielsweiseeines Albrecht Dürer verfügt.Dazu kommen – vor allem wasLeonardo da Vinci betrifft – vieleund namhafte Leihgaben, untereinigen der Ausstellungsstückefindet sich der Verweis, dass diesevon König Charles III. vonGroßbritannien geliehen wurden.„ Die Schau lädt dazu ein, Gegensätzeund Gemeinsamkeitendessen zu begutachten, wienördlich und südlich der Alpenauf solch farbig grundiertemPapier gearbeitet wurde. “Mit 146 Exponaten, die auch einigevon Zeitgenossen dieser beidenNamensgeber der Schau integrieren,möchte man zwei Poledessen vorstellen, wie in der Renaissanceauf farbig grundiertemPapier Besonderheiten entstanden.Denn das damals übliche Papierwar ziemlich grob, es musste grundiertwerden. Einerseits nahmman dazu Knochenmehl undLeim, andererseits kam man baldauf die Idee, hier auch Farbpulverbeizumischen. Wenn Künstlerdarauf dann mit Metallstift oder-pinsel, Kreiden oder Tusche zeichneten,eröffnete dies neue Möglichkeitender Gestaltung. Anders alsauf weißem Papier konnte manhier beispielsweise noch besserFoto: © Städel Museum, Frankfurt am Mainmit Dunkelheit und Helligkeitspielen – man spricht von Chiaroscuro–, eine größere Präzisionin der Darstellung von Körpernwurde möglich, Dreidimensionalitätwar einfacher zu erzeugen.Das neue Potenzial, Plastizitätdarzustellen, wurde nach undnach immer besser ausgeschöpft.Möglichkeiten für Schattenwürfewurden erforscht, Gewänder bekamenimmer ausgefeiltere Faltengestaltungen,die beeindruckten.Differenzierte WertschätzungDie Schau in der Albertina lädtnun dazu ein, Gegensätze und Gemeinsamkeitendessen zu begutachten,wie nördlich und südlichder Alpen auf solch farbig grundiertemPapier gearbeitet wurde.Denn während in Italien dieseArt von Zeichnungen vorrangigals Vorbereitungen für Gemäldehergestellt wurden, sah man dieseim Norden als eigenständigekleine Kunstwerke, ja möglicherweiseauch als Chance, potenziellenKunden, die in die Werkstattkamen, die eigene Könnerschaftzu präsentieren. So beschreibtCo-Kurator Christof Metzger, derdie Schau gemeinsam mit AchimGnann vorbereitet hat: „WährendCennino Cennini diese Artder Zeichnungen also als ‚Pfortezur Malerei‘ bezeichnete, sahman das in den nördlichen Breitenanders. Es war der Beginn derKunst der Zeichnung um ihrerselbst willen.“Als Beispiel für die italienischeArt des „neuen“ Zeichnens auffarbigem Untergrund darf natürlichzuallererst Leonardo da Vincigelten. Wenn in der Ausstellungdie „Halbfigur eines Apostels“ zusehen ist, kann man sie als Vorstudiefür das berühmte „LetzteAbendmahl“ erkennen, auchwenn dieser letztlich nicht Eingangin das finale, berühmte Gemäldefand. Besonders interessantist auch, wie da Vinci dasGewand und den Arm der GottesmutterMaria in einer Zeichnungstudierte, um sie später in demGemälde „Anna selbdritt“ ausführenzu können, das zumindestals Abbildung zum Vergleich danebenhängt.Ein Grenzgänger zwischen beidenWelten war Albrecht Dürer,der durch Reisen nach Venedigauch die südliche Art der Verwendungkennengelernt hatte. So siehtman in der Schau von ihm vorbereitendeZeichnungen, aber auchsolche, die als eigenständige Werkegedacht waren. Die berühmten„Betenden Hände“ entstandeneigentlich im Zuge der Gestaltungdes Heller-Altars in Frankfurt amMain. Doch nicht nur heutzutagekommen Touristen in Scharenin die Albertina, um die meisterhaftangefertigte Zeichnung zu sehen,in der jede kleinste Hautfaltein zarten Linien herausgearbeitetist. Auch schon damals waren die„Betenden Hände“ wohl ein Stück,mit dem Dürer seine Meisterschaftunter Beweis stellen konnte.Sie hängen nun im Hauptraumder Ausstellung Preziosen da Vincisgegenüber, während die Schauunter anderem auch Arbeiten vonRaffael, Tizian, Hans Holbein d. Ä.und Albrecht Altdorfer zeigt. Siealle, so unterschiedlich sie arbeiteten,waren Leitfiguren eineskünstlerischen Aufbruchs der damaligenZeit, der nun in der Albertinanachvollzogen werden kann.Leonardo – DürerMeisterzeichnungen derRenaissance auf farbigem GrundAlbertinaBis 9. Juni, www.albertina.atIN KÜRZEMUSIKMUSIKLITERATURMEDIEN■ Herbie Hancock, 85Geboren wurde Herbert Jeffrey Hancock1940 in Chicago, schon als kleiner Bubnahm er Klavierunterricht. Mit seinem Debütalbum„Takin’ Off“ schaffte er 1962 denDurchbruch. Der darauf veröffentlichteSong „Watermelon Man“ gilt bis heute als einesder einflussreichsten und bedeutendstenJazz-Stücke überhaupt. Der Pianist giltals einer der erfolgreichsten Komponistenund Interpreten des Jazz, auf seinen mehrals 200 Alben und unzähligen Konzertenmachte er immer wieder Ausflüge in Klassik,Folklore, Rhythm & Blues, Rock, Popund Rap. Am 12. April feiert der Musikerseinen 85. Geburtstag. ■ Resetarits-Preis an EsRAPDas Wiener Hip-Hop-Duo EsRAP ist amSamstag mit dem zum zweiten Mal vergebenen„Willi Resetarits Preis“ ausgezeichnetworden. „Vor drei Jahren trafen wir Willi Resetaritsbeim Flüchtlingsball“, so EsRAP beider Preisverleihung. „Er hat (...) gesagt: ‚Jetztist eure Zeit, macht das weiter.‘ Diesen Preisnehmen wir nicht nur als Anerkennung unsererMusik entgegen, sondern als Auftrag, Musikweiterhin als politische Kraft zu nutzen“.Das Geschwisterpaar ist in Ottakring aufgewachsen.In ihren Texten greifen Esra undEnes Özmen auf Deutsch und Türkisch Themenwie Identität, Rassismus, Frausein in derHip-Hop-Welt und soziale Ungleichheit auf. ■ Literaturhaus VorarlbergAls letztes der Bundesländer hat nun auchVorarlberg ein eigenes Literaturhaus. Eswurde am Samstag in der frisch renovierten,denkmalgeschützten Villa Iwan und FranziskaRosenthal in Hohenems feierlich eröffnet.Hohenems ist seit jeher eng mit Literaturund dem Lesen verbunden: So eröffnete hier1797 mit dem ersten Kaffeehaus Vorarlbergsein wichtiger Leseort, Ende des 18. Jahrhundertswurden Abschriften des Nibelungenliedsim Hohenemser Palast entdeckt, Autorenwie Jean Amery und Stefan Zweig hattenihre Wurzeln in der Stadt. Geöffnet ist dasHaus nicht nur zu Veranstaltungen, sondernauch untertags als Schreib- und Leseort. ■ Übergriffe auf JournalistenIm vergangenen Jahr hat sich die Zahl dergewaltsamen Übergriffe auf Journalistenin Deutschland mehr als verdoppelt. Zu diesemErgebnis kam die Organisation Reporterohne Grenzen, die 89 tätliche Angriffeauf Medienschaffende dokumentiert undbelegt hat. Die meisten fanden am Rand vonKundgebungen statt, vor allem zum Nahost-Konfliktsowie bei Veranstaltungender rechten Szene und von Abtreibungsgegnern.Die Organisation geht von einerhohen Dunkelziffer aus. Deutsche Reportererleben dem Bericht zufolge „eine zunehmendePressefeindlichkeit und ein verengtesVerständnis von Pressefreiheit“.

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