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DIE FURCHE 10.04.2025

DIE FURCHE

15 · 10. April 2025DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 81. Jg. · € 6,–In der Verachtung vereint Rote Kirchen, leere Herzen „Ich, Diether Brinkmann“Susanne Glass über die gespaltene israelischeGesellschaft und das sich nach rechts-religiös verschiebendeKräfteverhältnis. · Seite 7Keine andere Religion wächst in China stärker alsdas Christentum. Gleichzeitig erhöht das Regimeden Druck auf die Gläubigen. · Seite 9Am 16. April 1940 wurde der deutsche SchriftstellerRolf Dieter Brinkmann geboren, am 23. April 1975starb er bei einem Unfall. · Seite 17Das Thema der WocheSeiten 2–4Der österreichischen Demokratieblieb die Orbánisierung vorerst erspart.Eine Reform braucht sie trotzdem.Fotomontage: Rainer Messerklinger (unter Verwendung eines Bildes von iStock/ptasha)Foto: Tabea MauszHinter derMilchpackungDie Maul- und Klauenseuche hat dieösterreichische Grenze erreicht undsorgt für Unruhe unter den Landwirten.Eine Waldviertler Bäuerin überdas Virus, Melkroboter, Dumpingpreiseund Kälber-Babycams.Seiten 12–13Was passiert eigentlich, wenn die Schwächeren „das Spiel“ des Stärkeren leid sind? Bestenfallseine Neubewertung der alten Ordnung. Trumps Zollkrieg birgt daher Chancen in sich.Die globale ErosionAUS DEM INHALTMachtgelüste und DestabilisierungHinter der jüngsten Eskalation im Südsudandürfte eine Fehde zwischen den Vizepräsidentenstecken. Eine Analyse des britischenSüdsudan-Forschers Jan Pospisil. Seite 6Von Brigitte Quint„ Unfreiwillig könnte derUS-Präsident Resilienz-Initiativen und RevitalisierungregionalerAllianzen pushen.“misse mehr. Vielmehr findet eine innenpolitischeInstrumentalisierung auf Kostender Wahrheit statt. Denn die Folgen desTrumpschen Rundumschlags werden zunächsteinmal US-Landwirte (China verhängtZölle auf US-Agrarprodukte wieSojabohnen, Mais und Schweinefleisch),die US-Verbraucher und die US-Industriespüren.Binnenmärkte und Süd-Süd-KooperationSo paradox es klingen mag: Trumps Wirtschaftsnationalismusbirgt auf Dauer strukturelleChancen für die Weltpolitik. Sobalddie Schwächeren das „Spiel“ des StärkerenLeid sind, könnten alte Ordnungen neu bewertetund Reformen eingeleitet werden.Längst fordern alternative Wirtschaftsinstituteso genannte Resilienz-Initiativenwie zum Beispiel eine EU-Industriepolitik,die die technologischen Abhängigkeitenvon den USA – insbesondere von US-Chips,Plattformen usw. – eindämmen soll.Weiter dürfte es zu einer Revitalisierungalter Allianzen kommen. Der Bruch mit altenPartnern und Verbündeten wird vieleLänder dazu zwingen, sich regional stärkerzu vernetzen. Damit werden Binnenmärktewieder gefördert und die Süd-Süd-Koopera-Spätestens seit vergangener Wocheist klar, dass die SupermachtUSA unter Donald Trump Zöllenicht mehr als wirtschaftlichesInstrument einsetzt, sondern alsWaffe nationaler Interessen: Der US-Präsidentkündigte umfassende Abgaben aufImporte aus fast hundert Ländern an. Besondershervorzuheben ist ein Zollsatz von104 Prozent auf chinesische Waren. Chinareagierte mit Vergeltungszöllen, die Trumpmit weiteren Vergeltungszöllen seinerseitsbeantworten will. Der Konflikt hatte zu erheblichenVerlusten an den Börsen geführt.In den USA sackte der Dow Jones massiv ab,während der S&P 500 und der Nasdaq diegrößten Rückgänge seit 2020 verzeichneten.In Europa brach der Aktienmarkt insbesonderein exportorientierten Sektorenwie der Automobilindustrie und dem Rohstoffsektorein. Die Unsicherheit über diezukünftige Handelspolitik und möglicheGegenmaßnahmen anderer Länder tragenzur zusätzlichen Volatilität der Märkte bei.Was die Welt derzeit erlebt, ist mehr als einHandelskrieg – es ist ein normativer Erosionsprozess.Die moralische Rücksichtnahme,etwa auf Schwellenländer mitstarker Exportorientierung, ist keine Prätiongewinnt an Substanz. Experten gehenetwa davon aus, dass nun die African ContinentalFree Trade Area intensiver vorangetriebenwird. Ja, die Möglichkeit besteht,dass Trumps Erosionsprozess dazu beiträgt,dass sich eigenständige wirtschaftlicheMachtzentren jenseits westlicherDominanz etablieren.Ungewollt hat Donald Trump auch dasZeitalter des „Minimalstaates“ beendet.Weltweit erkennen Regierungsverantwortlichegerade (eine Sensibilität dafürentstand bereits während der Coronapandemie),wie vulnerabel ein Land ohne staatlicheIndustriepolitik in einer globalisiertenWelt eigentlich ist. Seither ist ohnehinein Umdenken im Gange in Bezug auf dieRolle des Staates als aktiver Gestalter vonHandels- und Wirtschaftsstrategien. Auchdie Forderung, neoliberale Glaubenssätzezu hinterfragen oder über Bord zu werfen,ist nicht neu – hat aber angesichts neuerWirtschaftsnationalismen an Aktualitätgewonnen. Last, but not least ist es auchan der Zeit, die Welthandelsorganisation(WTO) in Bezug auf Arbeitsrechte, Klimastandardsund digitaler Souveränität einemCheck zu unterziehen. Stichwort ethischerWelthandel.Donald Trumps Zollpolitik wird mittelfristigviel kaputt machen – aber sie machtauch Defizite sichtbar, die lange vor Trumpdie globale Wirtschaftsordnung überschatteten.Die eigentliche Chance liegtdarin, diese Krise nicht nur zu verwalten,sondern für einen langfristigen Strukturwandelzu nutzen.brigitte.quint@furche.atWem gehört die Natur?Der Mensch soll sich „die Erde untertanmachen“, heißt es in der Bibel. Doch diestrikte Trennlinie zwischen Natur und Kulturlöst sich heute immer mehr auf. Seite 10Homophobe KircheIn katholischen (erz)konservativen Kreisenhält sich die Mär, die Wurzel des Missbrauchsübelsliegt nicht in der Pädophilie,sondern in der Homosexualität. Seite 14Spuren der ExistenzDer Prosaband „Grabbeigaben“ des norwegischenSchriftstellers Tor Ulven ist einfulminanter Versuch über das Erinnern unddie Endlichkeit. Seite 19Zurück in die NachrichtenwüstePolitische Angriffe auf US-Medien häufensich. Wie wichtig sind öffentlich finanzierteHäuser in dem polarisierten Land heutenoch? Seite 20@diefurche@diefurchefurche.at@diefurche.bsky.socialDie FurcheÖsterreichische Post AG, WZ 02Z034113W,Retouren an Postfach 555, 1008 WienDIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 WienTelefon: (01) 512 52 61-0

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