22SPEZIALEntgeltliche EinschaltungDie WürdigungspreiseBildende Kunst: Franka LechnerDarstellende Kunst: Beatrix von SchraderErwachsenenbildung: Angela Lahmer-HacklSeit 1960 zeichnet das Land Niederösterreich Persönlichkeitenaus Kunst und Kultur für ihre besonderenLeistungen und Initiativen aus. Mehr als tausend Preisewurden seither vergeben – stets auf Basis der Entscheidungeiner unabhängigen Fachjury. Vergangenen Freitagwurde diese Tradition im Festspielhaus St. Pölten weitergeführt:In einer glanzvollen Gala, moderiert von DanielaZeller sowie musikalisch untermalt von Clemens Schaller &Band sowie Ethel Merhaut, wurden 17 Künstlerinnen undKünstler in acht Kultur-Sparten vor den Vorhang geholt;sieben erhielten jeweils einen Würdigungspreis (dotiertmit 11.000 Euro), 16 weitere einen Anerkennungspreise(dotiert mit 4000 Euro).Die Verleihung, traditionell ein Höhepunkt des niederösterreichischenKulturjahres, stand diesmal freilich unterdem Eindruck des Terroranschlags auf Israel vom 7.Oktober. Umso deutlichere Worte fand Gastrednerin DanielleSpera, langjährige ORF-Moderatorin sowie von 2010bis 2022 Direktorin des Jüdischen Museums Wien. „Niemalswieder ist genau heute“, betonte sie mit Bezug aufden seit dem Massaker dramatisch anwachsenden Antisemitismus(siehe Auszug rechts). „Die Terroristen wollenunsere Werte, unsere Freiheit und unsere Demokratiezerstören. Wir dürfen ihnen nicht den Gefallen tun,uns zu beugen und uns zu verstecken.“ Im Geiste vonMax Reinhardt verdeutlichte Spera außerdem den Stellenwertvon Kunst und Kultur als „Lebensmittel“ – undzeigte sich von der Vielfalt kultureller Initiativen in Niederösterreichbegeistert.Fotos: Stefan-SappertMedienkunst (künstlerische Fotografie): Heidi HarsieberSonderpreis (Kunst und Kultur für junge Menschen): Nina BlumIm Rahmen einer Gala wurden die niederösterreichischen Kulturpreise 2023vergeben. Sie zeigen in acht Sparten die Kreativität und Vielfalt des Landes.NiederösterreichsKulturschaffendevor dem VorhangStimmungsvolle Verleihung im FestspielhausGenau diese Vielfalt wurde im Festspielhaus St. Pöltensichtbar. In der Kategorie Bildende Kunst erhielt FrankaLechner den Würdigungspreis. Ab Mitte der 1970er Jahrerückten Bildteppiche in den Vordergrund ihres Werks,ab 1982 gesellte sich noch die Lyrik hinzu. Über die Jahrzehntesind auf diese Art „Gewebte Gedichte und gedichteteGewebe“ entstanden. Ein Anerkennungspreis ging anMarkus Hiesleitner, der sich den Verflechtungen von Natur-und Kulturräumen widmet; einen weiteren erhielt FlorianNährer für seine Malerei, seine Zeichnungen und Objekte,unter deren farbenfrohen, „harmlosen“ Oberflächensich spirituelle und philosophische Fragen verbergen.In der Kategorie Darstellende Kunst wurde Beatrix vonSchrader mit dem Würdigungspreis ausgezeichnet. Inspiriertvon den Tanzpionierinnen der 1920er Jahre, entwickeltesie ihren ganz persönlichen Tanzstil; und mit derGründung des urhof20 entstand in Grünbach ein Treffpunktfür internationale Performancekunst. Anerkennungspreisein dieser Sparte erhielten der Regisseur MoritzFranz Beichl, der am Landestheater Niederösterreich wirkt– sowie die Theater-Kompanie „Lemour –Physical Theatre“,die mit Elementen aus Tanz, Clownerie, Slapstick undSchauspiel ein neues Genre geschaffen hat.Was uns zur dritten Sparte führt, nämlich der Erwachsenenbildung.Hier erhielt Angela Lahmer-Hackl den Würdigungspreisdes Landes Niederösterreich. Als Obfrau desKatholischen Bildungswerks repräsentiert sie dieses in derÖffentlichkeit, leitet und moderiert Veranstaltungen undwirkt maßgeblich an der inhaltlichen Themensetzung mit.Die beiden Anerkennungspreise gingen an Johann Pittl fürsein Engagement in der Bildungsarbeit in und um Emmersdorfsowie an Josef Reisinger, der sich in seiner Filmdokumentation„Codename Spielwarenfabrik“ mit dem PanzerwerkSt. Valentin auseinandersetzte.In der Sparte Literatur verzichtete Eva Rossmann aufden ihr zuerkannten Würdigungspreis. Die Anerkennungspreisegingen an Cornelia Hülmbauer für ihr Romandebüt„oft manchmal nie“ über ein in der niederösterreichischenProvinz heranwachsenden Mädchen aus der Arbeiterklassesowie an Jakob Kraner für sein Prosadebüt „Kosmologie“.Im Bereich Medienkunst mit Fokus auf künstlerischeFotografie ging der Würdigungspreis an Heidi Harsieber,deren Foto-Arbeiten über Sexualität, Gender, Begehren,Krankheit, Schmerz und den alternden Körper einsolitäres Lehrstück ist für Generationen junger Kunstschaffender.Ksenia Yurkova erhielt für ihre installativen, fotografischenArbeiten einen Anerkennungspreis, ebenso VerenaAndrea Prenner für ihre surrealen Inszenierungen.Monika Ballwein bekam im Bereich Musik den Würdigungspreisfür ihr Engagement als Vocal-Coach, u.a. fürORF-Produktionen wie Eurovision Song Contest oder Starmania.Anerkennungspreise gingen an den KomponistenPhilipp Manuel Gutmann und die Bassistin Gina Schwarz.„ Mehr als tausend Würdigungs- und Anerkennungspreisehat das Land Niederösterreich seit 1960 in unterschiedlichenKunst- und Kultursparten vergeben – stets auf Basis derEntscheidung einer unabhängigen Fachjury. “Musik: Monika BallweinVolkskultur und Kulturinitiativen: Franz MayerDer diesjährige Sonderpreis nahm Kunst und Kultur fürjunge Menschen in den Fokus – und würdigte Nina Blum,die in Poysbrunn mit dem „Märchensommer Niederösterreich“ein beeindruckendes Stationentheater für jungesPublikum geschaffen hat. Anerkennnungspreise erhielten„Wanderklasse – Verein für Baukulturvermittlung“ sowie„Kreativ – Kultur in der Lehre NÖ“.In der letzten Sparte, Volkskultur und Kulturinitiativen,ging der Würdigungspreis an Franz Mayer, der ausdem Örtchen Hirschbach ein Zentrum für zeitgenössischeKultur machte. Anerkennungspreise erhielten der KulturvereinVeik für innovative zeitgenössische Lichtkunst sowieder Tourismusverein Spitz an der Donau für seinemusikalischen Weinterrrassen.Darf man sich in Zeiten wie diesen über all das freuen?Ja, meinte Danielle Spera in ihrer Rede mit Bezug auf MaxReinhardt: Schließlich sei Kunst nicht nur ein Luxusmittelfür die Saturierten, sondern ein Lebenselixier für alle. <
Entgeltliche EinschaltungSPEZIAL 23AnerkennungspreiseBildende KunstMarkus HiesleitnerFlorian NährerMut durch Kultur:Auszug aus der Gastredevon Danielle SperaDarstellende KunstMoritz Franz BeichlVerein LEMOUR – Physical TheatreErwachsenenbildungFotos: Stefan-SappertJohann PittlLiteraturCornelia HülmbauerMedienkunstKsenia YurkovaMusikPhilipp Manuel GutmannSonderpreis 2023Sibylle Bader (Verein „Wanderklasse“)Volkskultur & KulturinitiativenLeo Bettenelli (Kulturverein Veik)Josef ReisingerJakob KranerVerena Andrea PrennerGina SchwarzS. Marton und B. Plaschka (JuK Wr. Neustadt)Ewald Stierschneider (Tourismusverein Spitz)Meine Welt ist seit dem 7. Oktober eineandere geworden. In Israel hat sich einbestialisches Massaker ereignet, voneiner Dimension, wie sie sich niemand von unsje vorstellen möchte. Die Terroristen wollen unsereWerte, unsere Freiheit, unsere Demokratiezerstören. Wir dürfen ihnen nicht den Gefallentun, dass wir uns beugen und verstecken.Wenn heute die Auslagen jüdischer Geschäfteeingeschlagen werden, wenn ein Brandanschlagauf den jüdischen Friedhof in Wienstattfindet, wenn zur Auslöschung des jüdischenStaates aufgerufen wird, dann dürfenwir das nicht hinnehmen. Niemals wieder ist genauheute.Darf man in dieser Zeit feiern? Meine Antwortist eindeutig: Wir sollen uns keinesfalls in unseremLeben, unserer Lebensfreude einschränkenlassen. Kunst und Kultur spielen dabei eineentscheidende Rolle. Sie geben uns Impulsefür unser Miteinander und halten uns einen kritischenSpiegel vor.Niemand konnte dieBedeutung von Kunstund Kultur in unruhigenZeiten besser hervorhebenals der 1873 in Badenbei Wien geborene genialeTheatermacher Max Reinhardt.Er schrieb 1917,mitten im Ersten Weltkrieg,Folgendes: „Nebenvielen höchst bedeutungsvollen Erscheinungen,die unsere Zeit uns offenbart, ist auch die bemerkenswerteTatsache zu verzeichnen, daß dieKunst sich in den Stürmen dieses Krieges nichtnur behauptet, sondern sich ihr Bestehen und ihrePflege geradezu als unumgängliche Notwendigkeiterwiesen hat. [...] Es hat sich gezeigt, daßdie Kunst nicht nur ein Luxusmittel für die Reichenund Saturierten, sondern ein Lebensmittelfür die Bedürftigen ist.“ 1943 starb Reinhardtals gebrochener Mann im Exil in New York.Wie sehr Kunst und Kultur unser Lebenselixiersind, dafür besteht in Niederösterreichseit langem ein großes Bewusstsein. DasLand bekennt sich dazu, Kunst und Kultur zufördern, selbst wenn es um Strömungen geht,die alles andere als „Mainstream“ sind. Alsich gefragt wurde, bei der Vergabe der Kulturpreiseals Festrednerin aufzutreten, habeich nicht lange gezögert, denn erstens binich seit vielen Jahren von den Kulturinitiativen,die hier in Niederösterreich Platz greifen,begeistert und zweitens verbindet mich mitNiederösterreich vieles.Zunächst durch meine jahrzehntelangeFreundschaft mit Hermann Nitsch, dessen Bi-„ Wir sollen uns durch denTerror keinesfalls in unseremLeben, in unserer Lebensfreudeeinschränken lassen.Kunst und Kultur spielen dabeieine entscheidende Rolle. “Fotos: Studio KoeKartographieich verfassen durfte. Er hat mir auchseine Liebe zu Niederösterreich und hier vorallem zu seinem geliebten Weinviertel nähergebracht. Für das Land Niederösterreich durfteund darf ich auch an zwei spannenden Forschungsprojektenarbeiten: Einerseits in derwissenschaftlichen Analyse des Lebens desSchriftstellers Franz Karl Ginzkey, andererseitsin der Aufarbeitung der jüdischen Perspektiveauf den Semmering. Von Peter Altenbergbis Berta Zuckerkandl, von Sigmund Freud bisEugenie Schwarzwald: Hier waren alle zu Gastoder schrieben sich mit eigenen Villen in die architektonischeGeschichte ein. Auch TheodorHerzl, der Begründer des modernen Zionismus,der ein leidenschaftlicher Besucher von Reichenaubzw. Edlach war, ist hier zu nennen.Ganz besonders möchte ich das Engagementdes Landes für die Aufarbeitung der jüdischenGeschichte hervorheben. Jüdisches Leben gabes in Niederösterreich schon seit hundertenvon Jahren, schmerzhafterweisedurch die Pogromeim Mittelalter dokumentiert.Insgesamt gab es hier15 israelitische Kultusgemeinden,so viele wie nirgendwoin Österreich. Mitdem Jahr 1938 wurde ihreZerstörung besiegelt, bisMai 1940 waren alle aufgelöst.Heute sind von ihnengroßteils nur noch die Friedhöfe übrig. Daherist es umso wichtiger, dass Gebäude, die an diefruchtbare jüdische Geschichte erinnern, saniertund wiederbelebt werden. Die wunderschöneSynagoge in St. Pölten wird derzeit renoviert.Vor kurzem durfte ich sie besuchen.Und in Wiener Neustadt haben wir vor zweiJahren ein Lichtzeichen am Standort der zerstörtenSynagoge aufgestellt. Ich gebe dieHoffnung nicht auf, dass dieses Lichtzeichenauch an anderen Orten in Niederösterreicheingerichtet wird.Vor uns stehen bald das Lichterfest Chanukkaund Weihnachten. Chanukka erinnert daran,dass das jüdische Volk in seiner Existenzbedroht war. Vor 2200 Jahren hatten die Seleukidendas Land erobert und wollten die Judenvon ihrer Religion abbringen. Einer kleinenGruppe an Juden, den Makkabäern, gelang es,das große griechisch-syrische Heer zu besiegenund den Tempel in Jerusalem wieder einzuweihen.Was lernen wir daraus? Es brauchtnur wenige Menschen, um etwas zu bewegen.Jeder Einzelne von uns ist aufgerufen, sich fürdas Gute einzusetzen. Kunst und Kultur könnenund sollen ein Humus dafür sein. <
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