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DIE FURCHE 08.02.2024

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DIE FURCHE · 6 10 Diskurs 8. Februar 2024 ERKLÄR MIR DEINE WELT Jung sein ist nicht alles, aber es ist schon sehr viel Den gesamten Briefwechsel zwischen Hubert Gaisbauer und Johanna Hirzberger können Sie auf furche.at bzw. unter diesem QR-Code nachlesen. Hubert Gaisbauer ist Publizist. Er leitete die Abteilungen Gesellschaft- Jugend-Familie sowie Religion im ORF-Radio. Den Briefwechsel gibt es jetzt auch zum Hören unter furche.at/podcast „ Ich wünsche allen jungen Kandidatinnen und Kandidaten fürs Europaparlament eine gute Kondition für das Durchstehen der Kämpfe. “ Ich bin froh, dass Sie mich nicht „hängengelassen“ haben, wer würde mich sonst motivieren, am up dating meines zeitgeistigen Sprachschatzes zu arbeiten! Diesmal habe ich whataboutism gelernt. Beim ersten Hinschau’n hab ich ja gedacht, es handelt sich dabei um die Beschreibung eines kulturell noch virginalen Volksstammes auf einer bis dato unbekannten Inselgruppe. Aber jetzt ohne Spaß: So, wie wir uns austauschen, ist es für mich gut. Und wenn Sie bekennen, dass Sie mit Zweifel und Abstumpfung zu kämpfen haben, vor allem in der politischen Perspektive – so habe ich es wenigstens verstanden –, dann ist es leider kein Trost für Sie, wenn ich zurzeit ganz ähnlich empfinde. Während solcher inneren Ödnis tröstet mich ein Vers aus dem Psalm 84, wo von der Mühsal des Weges durchs trostlose Tal die Rede ist. Und gleich zwei Zeilen später von wachsender Kraft beim erfrischten Gehen im fruchtbaren Frühregen. Alles hat eben seine Zeit. Dass Sie mir Lena Schilling, die blutjunge EU-Spitzenkandidatin, nähergebracht haben, hat mich echt erfrischt. Zwar habe ich über „diese“ Lena Schilling ähnlich Abfälliges gehört („zu jung, was weiß denn die …“). Ich verdanke Ihnen, dass ich mehr über die junge Frau erfahren wollte, damit ich diesen whataboutisms auch fundiert entgegnen kann. Ich hatte mich ja wirklich kaum für ihren und ihrer Freundinnen Kampf gegen den Bau des Lobautunnels etc. interessiert. Denn mit dem Leben in meinem idyllischen Dörfchen hatte das Problem – oberflächlich betrachtet! – wenig zu tun. Aber wer weiß, was morgen ist. In meinem Dorf, in meinem Land, in – Ja, meiner! – Europäischen Union. Daher finde ich es gut, wenn nicht nur Parteiveteranen ins Ausgedinge nach Brüssel geschickt werden. Ich möchte ja nicht zu denen gehören, über die Lena Schilling in einem Interview mit einem Nachrichtenmagazin gesagt hat: „Müde machen mich nur jene Menschen, die nicht mehr an einen Wandel glauben können.“ Für sie seien es gerade die „kleinen Kämpfe“, die es dafür täglich auszutragen gelte. Frau Schilling meint es politisch. Und ich denke es zuerst einmal privat. Denn meine Abgestumpftheit zeigt sich, wenn ich mich selber manchmal von der ökologischen und natürlich auch politischen Zukunft reden höre: „Ach, da lebe ich längst nicht mehr.“ Doch dann erinnere ich mich wieder einmal an Stéphane Hessel, der vor fünfzehn Jahren – damals war er 93 Jahre alt – geschrieben hat, was dann Millionen Mal gelesen worden ist: „Empört euch!“ Und zwar überall dort, wo Umwelt, Demokratie und Menschlichkeit in Gefahr sind. Ich wünsche allen jungen Kandidatinnen und Kandidaten fürs Europaparlament in Brüssel eine gute Kondition für das Durchstehen der kleinen und größeren Kämpfe und Krämpfe, die sie erwarten werden. Jung sein ist zwar nicht alles, aber es ist schon sehr viel – zumindest an Hoffnung. Postskriptum: Vor ein paar Tagen bin ich auf die Textzeile einer Nummer des offenbar neuen und hochgelobten Albums der Musikgruppe Ja, Panik gestoßen (die bislang meiner Aufmerksamkeit entgangen war), in der es heißt: „Weil ich glaub schon, dass man uns ändern kann“. Das hat meinen heftigen Widerspruch ausgelöst. Ich will nämlich genau nicht, dass MAN uns ändern kann. Wir werden das – zumindest vorsätzlich – selber tun. Ich grüße Sie herzlich. Von Maximilian In einem scheinen sich die zur Revolte entschlossenen Liebmann Schutzbündler einig gewesen zu sein, nämlich im 3800 In FURCHE Nr. 6 Widerstand gegen das Dollfuß-Regime. Aber was dann? 8. Februar 1984 Nach dem Verbot der Kommunistischen Partei und ihrer Vorfeldorganisationen machte sich Dollfuß an die Zerschlagung der letzten Strukturen der sozialdemokratisch und marxistisch orientierten Arbeiterbewegung. Als jedoch in den Morgenstunden des 12. Februars 1934 die Polizei im Linzer Parteiheim der Sozialdemokraten nach Waffen suchen wollte, widersetzten sich die Schutzbündler unter dem lokalen Schutzbundkommandanten Richard Bernaschek. Die Februarkämpfe sind als das erste Aufbäumen der Linken gegen den Faschismus in ganz Europa in das kollektive Gedächtnis eingegangen. Der Autor Maximilian Liebmann hat das Ereignis in den 1980 Jahren genauer analysiert. Vom 12. Februar zum NS-Regime Am Vorabend des Bürgerkrieges, im September 1933, fielen in Salzburg auf der Grenzländerkonferenz der Sozialdemokratischen Partei die Worte: „Zu unserem Glück aber haben wir es in Österreich mit zwei Faschismen zu tun, die miteinander raufen, sonst wären wir schon unterlegen. Der christlichsoziale Faschismus arbeitet gegen den anderen. Unsere Politik muß sein, die Gegner nicht zusammenkommen zu lassen. Wir sind deshalb beiseite getreten. Das war für uns wider allen Erwartens gut. Das Bürgertum ist aus diesem Grunde völlig miteinander verfeindet durch den Kampf der Christlichsozialen gegen die Nazis.“ Das Wort „Zu unserem Glück...“ ist ein fatales Wort und markiert einen Parteiegoismus, der die Zeichen der Zeit offensichtlich noch nicht erkennen ließ. Und es stammte nicht von irgendeinem sozialdemokratischen Heißsporn, einem Landesparteisekretär, Schutzbundführer oder kleinem Abgeordneten, sondern vom gefeierten Staatsmann Karl Renner, der auch noch sagte: „Wir müssen den Arbeitern sagen, daß wir zwei Faschismen haben, von denen der eine so schlimm ist wie der andere.“ [...] Für den traurig-tragischen Bürgerkrieg in den Februartagen des Jahres 1934 finden sich in der Literatur recht unterschiedliche Bezeichnungen: „Der Aufstand der österreichischen Arbeiter“ lautet der Titel jener Broschüre, die Otto Bauer sehr bald nach seiner Flucht in die Tschechoslowakei schrieb und in der er die Schutzbund-Rebellion so qualifiziert wissen will. [...] „Kampf gegen Bedrückung“ Fragt man sich nach den Zielen des Schutzbundaufstandes, erlebt man eine perfekte Überraschung. In einem scheinen sich die revoltierenden Schutzbündler einig gewesen zu sein, nämlich gegen das Dollfuß-Regime. Aber was dann? Wiedererrichtung der parlamentarischen Demokratie, wie sie vor der sogenannten Selbstausschaltung des Parlamentes am 4. März 1933 bestanden hat? Nimmt man den berühmten Aufruf zum Generalstreik der sozialdemokratischen Tageszeitung Arbeiterwille vom 12. Febru ar (Extraausgabe) her, so wird in diesem Kampfesruf weder das Wort „Parlament“ noch das Wort „Demokratie“ verwendet. Das Kampfziel lautet dort: „Nun gilt der Endkampf gegen Dollfuß und seine Faschisten! Den Endkampf gegen Kapitalismus, Wirtschaftsnot und Bedrückung aufzunehmen und zum Siege zu führen.“ AUSGABEN DIGITALISIERT VON 1945 BIS HEUTE ÜBER 175.000 ARTIKEL SEMANTISCH VERLINKT DEN VOLLSTÄNDIGEN TEXT LESEN SIE AUF furche.at Medieninhaber, Herausgeber und Verlag: Die Furche – Zeitschriften- Betriebsgesellschaft m. b. H. & Co KG Hainburger Straße 33, 1030 Wien www.furche.at Geschäftsführerin: Nicole Schwarzenbrunner, Prokuristin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Chefredakteurin: Mag. 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DIE FURCHE · 6 8. Februar 2024 Diskurs 11 Der jüngste OGH-Entscheid zur planwidrigen Geburt eines Kindes sorgt nicht nur für mehr Klarheit im Rechtssystem, sondern auch für Unbehagen. Eine Replik auf Barbara Steininger (FURCHE Nr. 5). Welches Signal geben wir unseren Kindern? Der Gesetzgeber drückt sich im Fall von Schadenersatzklagen wegen unerwünschter Geburten von Kindern mit Behinderungen vor richtungsgebenden Beschlüssen. Das Höchstgericht fällt Urteile dazu, die innerhalb des Rechts- und Denksystems schlüssig erscheinen mögen. Die problematischen Folgen aber für die Betreuung schwangerer Frauen, für Menschen mit Behinderungen, für Prä natalmediziner und -medizinerinnen – sowie unsere Sicht auf den Menschen – bleiben außen vor. Der aktuelle Entscheid vom 21. November 2023 folgte in einer Systemkette, die 2006 begann und auch anders hätte ausfallen können: Der OGH verurteilte erstmals einen Arzt zur Leistung des gesamten Unterhaltes für ein Kind, das mit Downsyndrom geboren wurde (5 Ob 165/05 h). Dies sorgte für heftige Debatten und große Betroffenheit. Der Arzt hatte aus Sicht der OGH-Richter die Frau zu wenig deutlich darauf hingewiesen, dass sie eine auf Pränatalmedizin spezialisierte Einrichtung aufsuchen sollte. Der verurteilte Arzt lebt nicht mehr. Wer hat jemals überlegt oder nachgefragt, wie es ihm weiter ergangen ist? Foto: Christina Schön DIESSEITS VON GUT UND BÖSE Von Martina Kronthaler „ Eure Existenz ist nur gut, wenn von Anfang an alles nach Plan verläuft? So verlieren wir viel an Menschlichkeit. “ treibung wurde auf eine Einzelperson abgeschoben, auf den Arzt, der die Behinderung zudem nicht verursacht hatte. Die Pränataldiagnostik veränderte sich ebenfalls: Eingeführt wurde sie unter anderem, um Kindern vor der Geburt Therapien zu ermöglichen oder ein entsprechendes „Geburtsmanagement“ zu organisieren. Kritikerinnen und Kritiker erkannten aber von Anfang an auch die eugenische Seite der Untersuchungen. Das jüngste OGH-Urteil benennt diesen Zweck der Pränataldiagnostik eindeutig: Sie hat den Zweck, einer Frau rechtzeitig jene Informationen zu liefern, die ihr im Fall drohender schwerwiegender Missbildungen des Fötus die sachgerechte Entscheidung über einen Abbruch der Schwangerschaft ermöglichen. Die Begleitung schwangerer Frauen wird mittlerweile von der Angst geleitet, etwas zu übersehen oder nicht eindringlich genug auf spezialisierte Einrichtungen hinzuweisen. Das Erleben von Schwangerschaft hat sich verändert. Im Fokus stehen die Überwachung des Kindes und seine normgerechte Entwicklung. Die Verantwortung für die Geburt eines gesunden Kindes wird weiter privatisiert. „Aktion Leben“ startete 2008 vor dem Hintergrund dieses Urteils die parlamentarische Bür- Abgeschobene Verantwortung Im Empfinden vieler Menschen bedeutete das Urteil ein Werturteil über das Leben eines Kindes mit Behinderung, wiewohl die Höchstrichter diesen Gedanken stets zurückwiesen. Dennoch bleibt, dass die gesamte Existenz und nicht nur der behinderungsbedingte Mehraufwand als „Schadensfall“ behandelt wurde und wird. Die Mutter des Kindes konnte durch die Zahlungen des Arztes zwar ihr Kind versorgen, aber um welchen Preis? Und wie fühlen sich Eltern, die ihr behindertes Kind – wissend oder unwissend – klaglos angenommen haben? Damals fragten sich viele Menschen und Behindertenverbände, warum es ein solches Urteil „braucht“, damit behinderte Kinder und ihre Eltern angemessen unterstützt werden. Das OGH-Erkenntnis entband den Staat davon, ein bestmögliches Umfeld zu schaffen, in dem behinderte Kinder und ihre Eltern gut leben können. Die Verantwortung für das Leben eines Kindes und für dessen unterbliebene Abgerinitiative „Mit Kindern in die Zukunft“ und forderte darin, dass kein Schadenersatz zustehen soll, wenn ein Kind behindert geboren wird und die Behinderung nicht durch Fehlverhalten eines Dritten verursacht wurde. Vielmehr soll der Gesetzgeber für einen angemessenen Ausgleich aller Nachteile sorgen, die sich aus einer Behinderung für die behinderten Menschen selbst, aber auch deren sorgepflichtige Angehörigen ergeben. Wir haben eine Gesetzesänderung dazu im ABGB vorgeschlagen. Dass der Gesetzgeber gefordert ist, wenn er keine weiteren derartigen Urteile möchte, sagt auch der OGH. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Schadenersatzpraxis für die unerwünschte Geburt behinderter Kinder als Diskriminierung betrachtet werden kann. Das Schweigen des Gesetzgebers führte allerdings dazu, dass der OGH nun auch Schadenersatz zusprach für die nicht verhinderte Geburt eines gesunden Kindes. Franz Joseph Huainigg, Autor, ehemaliger Nationalratsabgeordneter und Behindertensprecher der ÖVP, schrieb dazu in der Kleinen Zeitung: „Die Gleichstellung von Wrongful Birth mit Wrongful Conception hat zur unglaublichen Folge, dass es erstmals auch ein Recht auf kein Kind gibt.“ Das Leben als „Fehler“? Die OGH-Urteile machen eine Haltung gegenüber Kindern und dem Leben auf, die wir hinterfragen sollten. Solche Urteile machen es zunehmend schwerer, ein ungeplantes Kind oder ein Kind, bei dem eine Auffälligkeit festgestellt wurde, anzunehmen. Den Urteilen liegt die Sicht zugrunde, dass das Leben eines Menschen ein „Fehler“ sein könne. Sie lasten nicht nur Medizinern und Medizinerinnen den Mehraufwand für behinderte Kinder an, sondern legen Eltern nahe, bei unerwünschten Geburten nach misslungenen Eingriffen zur Verhütung zu klagen. Welches Signal geben wir damit unseren Kindern? Eure Existenz ist nur dann gut, wenn von Anfang an alles nach Plan verläuft? Mit einer solchen Botschaft verlieren wir viel an Menschlichkeit. Die Autorin ist Generalsekretärin von „Aktion Leben Österreich“. ZUGESPITZT Filmreifer Stoff aus Österreich Eines kann man Sebastian Kurz nicht vorwerfen: dass er nicht ein Gespür für gute Geschichten hat. Selbst vor Gericht: Auch wenn die von ihm als Entlastungszeugen herbeigekarrten Russen nicht ganz das hielten, was man sich versprochen hatte, taugt der Plot zum Buch, ja zum Film: Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid soll den wildfremden Geschäftsleuten in Amsterdam anvertraut haben, wie sehr er von der WKStA unter Druck gesetzt worden sei. Kein Wunder, die Russen wollten ihn zum CEO eines Ölprojekts in Georgien machen. Dass Schmid weder Russisch noch Georgisch spricht und keine Ahnung von der Ölbranche hat, spielt keine Rolle: Der „talentierte Mr. Kurz“ (Christian Ortner) weiß, dass selbst die besten Kriminalromane nicht immer ganz nachvollziehbar sind. Auch die René-Benko-Saga ist filmreif, nur das Genre ist ein anderes: weniger Patricia Highsmith, mehr „Weltkomödie Österreich“ (Thomas Bernhard). Gut möglich, dass die Signa-Aufsichtsräte bald schon neue Karrieremöglichkeiten wittern werden: als Darsteller in einer abgeschwächten Version von Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“. Alfred Gusenbauer und Susanne Riess-Hahn haben bereits Interesse bekundet, nur die Honorarverhandlungen sind noch offen. Martin Tauss PORTRÄTIERT Der Grammy-Gewinner aus Kapfenberg Prison Blues“ ist einer der berühmtesten Songs des großen US-Country-Stars Johnny Cash, zu hören unter anderem auf den le- „Folsom gendären Live-Aufnahmen seiner Konzerte vor den Insassen der Gefängnisse St. Quentin und Folsom in den 1960er Jahren. Mit einer Coverversion dieser Nummer gelang nun einem Österreicher etwas ganz Besonderes: Als Mitglied des dreiköpfigen Ensembles The String Revolution wurde der gebürtige Steirer Markus Illko mit einem Grammy ausgezeichnet. In Kooperation mit dem Gitarristen Tommy Emmanuel hat das Trio eine der höchsten internationalen Auszeichnungen im Musikgeschäft abgeräumt, vergleichbar mit dem Oscar in der Filmindustrie. Arrangiert wurde die Aufnahme, die in der Kategorie „Best Arrangement Instrumental“ reüssierte, von John Carter Cash, dem Sohn von Johnny Cash. Illko spielte dabei unter anderem auf einer Gitarre, die Johnny Cash gehörte und die bei der Originalaufnahme von „Folsom Prison Blues“ im Jahr 1955 zum Einsatz kam. Markus Illko wurde 1981 in Kapfenberg geboren. In der dortigen Musikschule nahm er als 13-Jähriger heimlich Gitarrenunterricht – ohne Erlaubnis seiner Eltern. Mit 16 schaffte er die Aufnahmeprüfung an der Universität für Musik und Kunst in Graz. Er setzte sein Musikstudium in Barcelona fort, wo er den Flamenco für sich entdeckte. Allerdings beschränkte er sich nie auf einen einzigen Stil, sondern war stets in den verschiedensten Genres zu Hause, von Folk bis Rock, von Latin bis Jazz. Bald war er ein gut gebuchter Gast auf internationalen Musikfestivals, aber auch bei heimischen Musikveranstaltungen wie dem Hollywood-in-Vienna-Symposium, dem Musikfestival Lassing, dem Gitarrenfestival Wien oder dem Internationalen Gitarrenfestival Kapfenberg. Eine finanzielle Basis sicherte er sich als Musiklehrer, unter anderem in Hörbranz (Vorarlberg). Nebenher begann er, Musik für Werbespots zu komponieren, was sich als gute Einnahmequelle erwies. Im Jahr 2011 schließlich zog es ihn nach Los Angeles, wo er sich nicht nur einen Namen als Komponist für Werbefilme – unter anderem jenen für die Olympischen Spiele in Tokio 2021 – machte, sondern auch jenes Trio mitbegründete, das nun einen Grammy eingeheimst und sich dabei sogar gegen eine Komposition der Rolling-Stones-Giganten Mick Jagger und Keith Richards durchgesetzt hat. (Michael Kraßnitzer) Foto: APA / AFP / Getty Images North America / Rebecca Sapp Markus Illko (42) erhielt für die Coverversion eines Johnny-Cash-Songs den Grammy in der Kategorie „Best Arrangement Instrumental“.

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