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DIE FURCHE 07.12.2023

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DIE FURCHE · 4920 Film

DIE FURCHE · 4920 Film & Medien7. Dezember 2023DOKUMENTARFILMFaszinierend, inmehrfacher Hin-SichtTatsächlich nahe kommt man demholländischen Maler Jan Vermeer in„Close to Vermeer“, einem in mehrfacher„Hin-Sicht“ faszinierenden Dokumentarfilmder niederländischen RegisseurinSusanne Raes, mit dem deutschen Verleihtitel„Vermeer – Reise ins Licht“. Erhellendist der Film mit seinen vielen interessantenDetails über z. B. die Maltechnik diesesKünstlers. Hat er für seine kleinformatigenGemälde etwa den Blick durch eine cameraobscura benutzt? Fest steht: Kein andererMaler des 17. Jahrhunderts beherrschtewie er das konturlose Zeichnen. Formen,die sich rein aus der Abbildung von Lichtund Schatten ergeben, oft Darstellungen einerFrau in einer Zimmerecke sitzend, beschäftigtmit alltäglichen Dingen wie klöppeln,einen Wasserkrug befüllen oder sichvon einem Mann ansprechen lassend.Raes zeigt nicht nur (die bekanntesten derinsgesamt 37) Bilder aus Vermeers Werk, sieerzählt auch die spannende Entstehungsgeschichteeiner Kunstschau, genauer gesagtjener Ausstellung, mit der der bedeutendeKunsthistoriker und Vermeer-ExperteGregor J. M. Weber im Sommer dieses Jahresin Amsterdam seine Karriere beschloss.Ganze 28 Bilder des Barockmalers konnteWeber dafür zusammenstellen, und auchdiese professionellen Mühen zeigt Raesin einer schönen Kombination von sympathischemotionalem Porträt Webers und zurückhaltenden,aber scharfsichtigen Dokumentationen„kritischer“ Situationen, etwaals ein Washingtoner Vermeer-Expertenteamaufgedeckt zu haben vermeint, das„Mädchen mit der Flöte“ stamme gar nichtvon Vermeer. Gemeinsam mit Weber betrachtetman „die Vermeers“ und lernt jedeMinute Neues dazu, am wichtigsten – beieinem Kinofilm – über das genaue Hinschauen.(Alexandra Zawia)Vermeer – Reise ins Licht (Close to Vermeer)NL 2023. Regie: Susanne Raes. Mit Gregor Weber,Pieter Roelofs, Anna Krekeler. Filmladen. 79 Min.Kein anderer Maler des 17. Jahrhunderts beherrschtewie Jan Vermeer das konturlose Zeichnen.VielfältigeLeistungTimotheéChalamet kann alsWilly Wonkazeigen, was erdarstellerisch allesdraufhat: Dass derjunge Mann auchsingen und tanzenkann – und wie! –,wird in „Wonka“offenbar.Von Otto FriedrichTim Burtons Verfilmungvon „Charlieund die Schokoladenfabrik“,dem englischenKinderbuchklassikervon Roald Dahl, liegtschon 18 Jahre zurück. Zeit also,mit „Wonka“ erneut einen derDahl’schen Hauptprotagonistenauf die Leinwand zu zaubern.Ein Unterfangen, das herrlichaltmodisches Fantasykino mitden aktuellen filmtechnischenMöglichkeiten zu einem Erlebnisder eigenen Art entwickelt.Und eine Filmbetörung für dieganze Familie, die auch dasZeug zum Klassiker in sich trägt.Vom „Paddington“-Regisseur„Wonka“ ist als Prequel, alsoals Vorgeschichte, zur eigentlichenKinderbucherzählungangelegt. Man erfährt inder Verfilmung den Werdegangdes jungen Willy Wonka, derEine wirklich schöne Bescherung im Kino: „Wonka“ lässt dieKinderbuchfiguren von Roald Dahl auf der Leinwand neu erstehen –und zeigt Timothée Chalamet als schauspielerischen Tausendsassa.Träume vonSchokolade„ Man erfährt in der Verfilmung denWerdegang des jungen Willy Wonka,der später dann zum Besitzer derSchokoladenfabrik werden wird.“lerdings hat er nicht mit den lokalenPlatzhirschen Slugworth,Prodnose und Fickelgruber gerechnet,die Wonkas Unterfangenmit allen nur möglichen, vorallem aber: ungesetzlichen Mittelnzu hintertreiben suchen. Jedenfallsbestechen diese feistenGentlemen auch die Polizeispitzemit ihren Bonbons, auf dassalle Konkurrenz durch Wonkajedenfalls amtlicherseits unterbundenwird.Willy Wonka kommt bei derWäscherin Mrs. Scrubbit unter,einer zwielichtigen Person, dieihren Mietern Knebelverträgespäter dann zum Besitzer derSchokoladen fabrik werden wird.Wonka ist als Twen nach einerWeltreise, auf der er seine Ideenfür exquisite Confiserieproduktegesammelt hat, nach Londongekommen, um dort eine einmaligeChocolaterie zu eröffnen. Aluntergejubelthat, sodass diesein ihrer Wäscherei zwangsschuftenmüssen. Auch Wonkagehört zu diesen Versklavten,aber im Verein mit dem WaisenkindNoodle unternimmter mehr als einen Versuch, auszubrechenund seiner Schokoladenvisiongegen alle widrigenUmstände zum Durchbruchzu verhelfen.Ein Schokoladentraum von einemFilm gelingt Regisseur PaulKing, der ja schon für die erfolgreichen„Paddington“-Verfilmungenverantwortlich gezeichnethat. Das Erfolgsrezept dabei ist,FILMMONTAGTHE HOURSVirginia Woolf, Schriftstellerinin den 1900er Jahren (NicoleKidman), eine US-Hausfrauaus den 1950ern (JulianneMoore), eine New Yorkerin um2000 (Meryl Streep): Da rumgeht es im oscargekröntenStreifen „The Hours“. ChristianRathner / ORF und OttoFriedrich / DIE FURCHE zeigenund analysieren den Filmaus dem Jahr 2002.PRÄSENTIERTMontag, 11. Dezember, 19 Uhr, Otto-Mauer-Zentrum,1090 Wien, Währinger Straße 2–4. Infos: www.kav-wien.atFoto: ConstantinFEDERSPIELInhaltliches Zugpferd Ö1Video killed the radio star? Das sangen schon 1979hitträchtig die Buggles und war 1981 der ersteClip auf MTV. Doch während das Lied noch einOhrwurm ist, wirkt seine Titelthese grundsätzlich falsifiziert– zumindest für die Stärke eines Tonmediumsgegenüber der Bildmacht. Denn einerseits konsumierenzwei Drittel der 18- bis 30-Jährigen Podcasts, andererseitsbleibt der Hörfunk ungebrochen erfolgreich. SeineTagesreichweite ist seit 2013 von 80,2 auf 76,1 Prozentgesunken. Damit liegt Radio vor TV (66,5 %) und Zeitungen(52,2 %) – obwohl die Basisdaten aufgrund der stärkerenInhaltsdigitalisierung von TV und Print täuschen.Die durchschnittliche Hördauer ist sogar auf 201 Minutenangestiegen. Aus diesem Blickwinkel sind aktuelleOffensiven des ORF und des stärksten privaten HerausforderersKronehit besonders spannend. Dort arbeitetnun Georg Spatt, der langjährige Chef von Ö3, das mit 50Millionen Euro Werbeeinnahmen eine wirtschaftlicheSchlagader ist. Doch sie verliert Marktanteile. Vor zehnVon Peter PlaiknerJahren stand das Prozentmatch gegenalle Privaten 40:33, nun 32:44in der Hauptzielgruppe der 14- bis49-Jährigen. Parallel ist die Quotedes ORF insgesamt von 64 auf 51 Prozent gesunken.Auch deshalb gibt es mit Ingrid Thurnher weiterhin eineRadiodirektorin, aber immer noch keinen Info-Direktor.Es geht einerseits darum, Radio im multimedialen Newsroomnicht unter die Räder von TV und Online geratenzu lassen, andererseits um Wettbewerbsfähigkeit. Wichtigeraber wirkt der öffentliche Auftrag, den kein Kanalbesser erfüllt als Ö1. Nicht von ungefähr gilt es als Vorbildfür ORF III: Minderheitenangebot als Flankenschutzder Massensender Ö3 und ORF 2. Folgerichtig wird dasdeutlichste Merkmal der Neujustierung von Ö1 ab Februarkeine Inhaltsänderung, sondern Tagesmoderationdurch bekannte Stimmen. Didn’t video kill the radio star?Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst.

DIE FURCHE · 497. Dezember 2023Film21dass King beileibe nicht nur beimFantasy genre stehenbleibt: Versatzstückeaus Coming-of-Age,Kriminalkomö die, Musical undTanzfilm finden sich in „Wonka“zu einem erstaunlichen Ganzenzusammenkomponiert. Natürlichschrammt das alles haarscharfauch am Kitsch vorbei,Handlung und Szenen biegenaber verlässlich und rasant ab,bevor es wirklich triefend wird.Was für ein Hauptdarsteller!Dieser „Wonka“ steht und fälltjedoch mit der Performance desHauptdarstellers Timothée Chalamet.Man würde nicht vermuten,dass der Hollywood-Jungstarin diesem Film seine bislangreifste und vielfältigste Leistungdarbieten kann. Mankennt Chalamet ja als schwuleErfahrungen machender Teenager(„Call Me By Your Name“,2017), missratener Junkie-Sohn(„Beautiful Boy“, 2018) oderGrufti auf Roadtrip durch dieUSA („Bones and All“, 2022).Aber dass der junge Mannauch singen und tanzen kann –und wie! –, wird in „Wonka“ offenbar.Ein ganzes Spektrumdarf Chalamet hier ausleben –aufgeweckter Bursch, sympathischerHelfer, unschuldigunter die Räder Gekommener,hintertriebener Schlawiner, derdie bösen Schokoladenbaroneund ihre polizeilichen Helfershelferaustrickst – und schließlichein Strahlemann, auf dendie schokoladensüchtige Gesellschaft,die hier gemalt wird, gewartethat.Unterstützt wird dies allesauch durch prominente Nebendarstellerinnenund -darstellerwie Olivia Colman als Mrs.Scrubbit, Calah Lane als WaiseNoodle oder Rowan Atkinson alsgeplagter Priester einer Kathedrale.Und eine besondere Rolledarf Hugh Grant spielen, derden von Roald Dahl erfundenenZwerg Oompa Loompa nicht bloßgrantelnd und mieselsüchtig anlegt,sondern auch als ein einsamesaltes Wese n.Ein Film wie ein Weihnachtsgeschenk,der die diesjährige Festzeitaber gewiss überdauern wird.WonkaUSA/GB 2023. Regie: Paul KingMit Timo thée Chalamet, OliviaColman, Calah Lane, Hugh Grant,Rowan Atkinson. Warner. 116 Min.„How to Have Sex“ und „Dead Girls Dancing“: zwei Debütfilmemit jeweils drei jungen Frauen, die erstmals die Welt erkunden.Zwei ganzkonträre Künste„Dead Girls Dancing“: Luna Jordan, Katharina Stark,Noemi Liv Nicolaisen als Ira, Ka, Malin auf Roadtrip.Von Thomas TaborskyDie Spannweite der Ausdrucksmöglichkeiten,die sich im Kino bieten,zeigt sich aktuell an den Debütarbeitenzweier weiblicher Filmschaffender.Denn auf dem Papier verbindet die BritinMolly Manning Walker und die DeutscheAnna Roller auffällig viel: Beide sind sieJahrgang 1993, haben namhafte Filmschulenabgeschlossen und beschäftigen sich inihrem Erstling mit demselben entscheidendenWendepunkt im Leben von Heranwachsenden.Beide schicken sie in „How to HaveSex“ respektive „Dead Girls Dancing“ einTrio junger Frauen in die Ferne, um diesenMoment auszukosten – und in beiden Werkenfindet sich ein kleiner Shakespeare-Moment.Dennoch könnte das Ergebnis, das sievorlegen, konträrer nicht sein.Walkers „How to Have Sex“ stürzt sich indie Partyszene auf Kreta, wo Tara, Em undSkye die Schulabschlussprüfungen und diebevorstehende Benotung ausblenden wollen.Lange brauchen sie sich nicht umzusehen,um andere Landsleute zu finden, diemit ihnen ohne Rücksicht auf Verluste feiernwollen. Dass sich genau diese Verluste,Zweifel und Bedauern einstellen, die Worteaber, sich darüber mitteilen zu können, erstgefunden werden müssen, zeigt Walker inihrem Film meisterhaft. In authentischer Jugendsprachegehalten, blubbern zwischenSzenen in Musikvideoästhetik und den Hinterlassenschaftender letzten Partynacht diegroßen Fragen zwischen Kind- und Erwachsenseinhoch: Was, wenn ich es auf eine guteSchule schaffe und mich dort keiner mag?Wann ist Sex wirklich einvernehmlich? Isthier und jetzt das letzte Mal, dass wir nichtvernünftig sein müssen?Autostoppend durch ItalienDiese Frage würde auch auf Tara, Em undSkye passen, wird allerdings in Anna Rollers„Dead Girls Dancing“ gestellt. Das Abiturfrisch in der Tasche, brechen dort Ira, Kaund Malin nach Italien auf. Bei einem derersten Stopps lernen sie die Anhalterin Zoekennen, um sich eine Autopanne später ineinem abgelegenen, menschenleeren Dorfwiederzufinden. Auch wenn es scheint, alswären sie mitten in einem apokalyptischenEreignis, wird der Ort für sie zur Spielwieseund Leinwand, um sich fern von den Erwartungenanderer selbst zu entfalten. Von Szeneeins an entwickelt Roller ihr Konzept ausStimmungen und performativen Elementen,das mit schablonenhaften Figuren und dürftigerHandlung seinem Ziel entgegenmäandert.Es sind zwei völlig unterschiedlicheAnsätze von Filmkunst, die diese beiden Arbeiten,diese beiden jungen Autorinnen vertreten;jene von „How to Have Sex“ ist dabeieindeutig vorzuziehen.„How to Have Sex“: Tara (Mia McKenna-Bruce) flirtetmit Badger (Shaun Thomas) auf Kreta.How to Have SexGB 2023. Regie: Molly Manning Waters. Mit MiaMcKenna-Bruce, Lara Peake. Polyfilm. 91 Min.Dead Girls DancingD/F 2023. Regie: Anna Roller. Mit Luna Jordan,Noemi Liv Nicolaisen. Stadtkino. 87 Min.ANIMATIONSFILM„The First Slam Dunk“: japanischeAnimationskunst – ganz groß.AtemloseAnime-ActionSchweiß, der in Zeitlupe von Gesichterntropft. SchwindelerregendeDribblings. Rebounds, bei denenman sich in Richtung Korb streckt, umden Ball noch einzulochen. Und natürlichein Meisterschaftsspiel, in dem biszur letzten Minute alles offen ist. Die Redeist nicht etwa vom jüngsten US-Sportdrama,sondern vom japanischen Animationsfilm„The First Slam Dunk“.Regisseur Takehiko Inoue adaptierthier seine eigene bahnbrechende Manga-Reiheaus den 90ern, und das Resultatwird der Vorlage mehr als gerecht.Selten hat man Basketballspiele im Kinoauf derart mitreißende Art inszeniertgesehen. Split-Screens übersetzen dieComicpanels direkt auf die Leinwand,während das immersive Sounddesignund die rasanten Bewegungsabläufe ihrübriges tun: Man meint, das Parkett inder Sporthalle förmlich riechen zu können.Anders als noch vor einigen Jahrenpassiert der Übergang zwischen klassischer2D-Zeichentechnik und 3D-Computeranimationmittlerweile derartbruchlos, dass die Spieler von der Kameraumkreist werden können und trotzdemso aussehen, als wären sie soeben erstals Skizzen zu Papier gebracht worden.Zahlreiche Rückblenden unterbrechendas Match und sorgen für wichtigeRuhepole innerhalb der atemlosenActionsequenzen. Wir erfahren, warumBasketball für den 17-jährigen RyotaMiyagi mehr als nur einen Sport ist, versuchter damit doch, in die Fußstapfenseines verstorbenen Bruders zu treten.Das gibt dem insgesamt sehr humorvollenFilm emotionale Tiefe, da mit demgespannten Verhältnis zwischen Ryotaund seiner Mutter mehr auf dem Spielsteht als ein bloßer Punktesieg im Meisterschaftsmatch. (Philip Waldner)The First Slam DunkJ 2022. Regie: Takehiko InouePolyfilm. 124 Min.SINNVOLLES SCHENKENBereiten Sie mit einem FURCHE-GeschenkaboIhren Liebsten Freude!Sie schenken damit Zeit für neue Perspektiven,für Zugänge, die zum Weiterdenken anregen.›› Immer und überall digital und entspannt auf Papier›› Alle Artikel seit 1945 im FURCHE-NavigatorHEUTE BESTELLEN,ZU WEIHNACHTENSCHENKEN!furche.at/abo/schenkenaboservice@furche.at01 512 52 61 52

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