Aufrufe
vor 9 Monaten

DIE FURCHE 07.12.2023

  • Text
  • Furche
  • Dezember
  • Menschen
  • Foto
  • Zeit
  • Welt
  • Kinder
  • Israel
  • Wien
  • Schenken

DIE FURCHE · 4910

DIE FURCHE · 4910 Religion7. Dezember 2023FORTSETZUNG VON SEITE 9stellt wurde, umso mehr ist Mariadem konkreten Glaubensgefühlvieler entschwunden. Unbehagen,Unverständnis oder Ablehnungsind die Folge. Am 8. Dezember feiernwir, dass Gott in Maria einenwunderbaren Anfang gesetzt hat.Im „Pastoralliturgischen Handlexikon“von Rupert Berger (Neuausgabe2013) findet sich im Artikel„Marienfeste“ als erstes das„Hochfest Mariä Erwählung (8. 12.)“.Offenbar ist dieser Ausdruck auchin ersten Arbeitsübersetzungennach dem Konzil gewählt worden,dann aber wieder verschwunden.„Mariä Erwählung“ drückt treffenderaus, worum es geht: um Erwählung.Im Blick auf ihre einzigartige„Funktion“ bleibt Mariaerspart, was allen anderen Menschennicht erspart bleibt. DassGott handelt, wunderbar, immerwieder, dass er dabei nicht überfälltoder zwingt, sondern um Zustimmungwirbt – das feiern wir.Maria hat sich darauf eingelassen.Rechnen wir (noch) damit, dass esauch unsere, meine Erwählunggibt: einen „gottgefälligen“ Dienst,den nur ich leisten kann? Obwohlwir hineingeboren werdenin Schuldzusammenhänge, fürdie wir persönlich nichts können:Mariä Erwählung erinnert daran,dass es immer wieder einen heilenAnfang gab. Dass Heil gelingt, weilMenschen an sich handeln lassen.Der Autor ist Theologe, Publizistund Seelsorger in München.Vier Bücher: kritische Spurensuche nach Dorothee Sölle (1929–2003). Auseinandersetzung mit derAmbivalenz des Helfens. Ausgewähltes aus dem christlichen Gebetsschatz. Brillante Kirchendiagnose.Lese-EmpfehlungenVon Otto FriedrichIm April jährte sich DorotheeSölles Todestag zum 20. Mal.Die evangelische (Vor-)Denkerin,Dichterin und Aktivistinist nicht bloß eine „Ikonedes Protestantismus“, als die sieKonstantin Sacher im Untertitelseines lesenswerten Essays „DorotheeSölle auf der Spur“ bezeichnet.Denn für die (katholische) feministischeTheologie ist Sölle gleichermaßenIkone wie für die Friedensbewegungam Ende des 20.Jahrhunderts. Sacher, evangelischerTheologe und Redakteur der evangelischenMonatsschrift Chrismongelingt in dem Band eine Spurensuchenach der Person Sölle.Vorteil Sachers ist auch der desNachgeborenen, der nicht Mitkämpferinoder Mitaktivist Sölleswar. So kann er in seinem Büchleineinen erfrischend unbelastetenZugang finden, der ganz schönentmythologisierend daherkommt:Sölles „Theologie nach dem Tod Gottes“(1965–68) ist demnach wenigeroriginell, als sie vorgibt. Das von Sölleab 1969 miterfundene „PolitischeNachtgebet“ markierte den durchauswirkmächtigen, aber doch politischnaiven, einseitigen Widerstandgegen die westliche Politikim Kalten Krieg. Man mag sich danicht ausmalen, wie Sölle im aktuellenNahostkrieg positioniert wäre.Und auch Sölles Schrift „Mystikund Widerstand“ (1997) entblättertSacher geradezu. Der eingefleischtenSölle-Gemeinde wird der distanziertewie Verständnis suchendeZugang Sachers sauer aufstoßen.Eine kritische Auseinandersetzungmit Person, Wirken und Werkwie diese ist dennoch notwendig.Immerhin hat Sölle Theologie ja bei„ Eine kritische Auseinandersetzung mitWirken und Werk von Dorothee Sölle wieKonstantin Sachers Buch ist notwendig.“Rudolf Bultmann, der „Ikone“ derhistorisch-kritischen Bibelexegese,gelernt. Ein dementsprechenderBlick auf sie tut gut – und not.Eine Anleitung zum HelfenProtestant ist auch Markus Fellinger,der in Niederösterreich alsGefängnisseelsorger wirkt. SeinBuch „Hilfreich helfen. SozialesEngagement verantwortungsvollgestalten“ nimmt die religiös-spirituelleund die politisch-sozialeSeite des Helfens in den Blick.Denn Helfen ist oft gut gemeint.Aber nicht gut. Mit seinen vielfältigenKenntnissen als Pfarrer, Sozialarbeiterund Supervisor, insbesonderein Strafanstalten, weißFellinger, wovon er redet. Wobeider Autor betont, wie sehr er geradein den Gefängnissen Hilfsbereitschafterlebt und er dort Menschenbegegnet, die einsitzen, weilsie „nur helfen“ wollten ...Ein Kapitel widmet Fellinger derbiblischen Erzählung vom barmherzigenSamariter, anhand dererer „Helfen“ verdeutlicht. Die Frage„Wer ist Nächster?“ treibt ihn daebenso um wie das Verhalten derProtagonisten der Geschichte. Undauch das „Loslassen“ nimmt er inden Blick: Der Samaritaner im biblischenGleichnis hilft nur so viel,wie der andere es braucht ...Das „Sich-überflüssig-Machen“findet sich auch unter den „ZehnKriterien für hilfreiches Helfen“:Diese in prägnanten Abschnittenaufgelisteten Kriterien stellen dasHerzstück des Buches dar und fassen– auch abseits religiöser Zugänge– zusammen, worauf es beimHelfen ankommt. Ausgangspunktdabei ist die „Liebe zu sich selbst“,dann geht es um Ressourceneinsatzund den Primat der Selbstbestimmung.Schließlich – auch dieses Paradoxonkommt in den Blick – kannHilfe auch durch Hilfsverweigerungzuteil werden: ein kleines,aber umfassendes Buch, das denSpagat zwischen Spiritualität, dieauch in Meditationen Fellingers zutagetritt, und Praxis gut schafft.Der Bischof lehrt betenSpirituell und meditativ geht esauch im Sammelband „hörgott. Gebetein den Klangfarben des Lebens“von Hermann Glettler zu.Sauberer Journalismus istkeine Zauberei, sondern harte Arbeit.Vielen Dankfür IhrenAbo-Beitrag!Wer für qualitativen Journalismus zahlt, sichert Medienvielfalt und damit dieGrundlage für fundierte Meinungsbildung. Österreichs Zeitungen und Magazinestehen für unabhängige und kritische Berichterstattung.dubistwasduliest.atDU BIST,WAS DULIEST.

DIE FURCHE · 497. Dezember 2023Religion11Der Innsbrucker Bischof ist ja schonlang als Künstler und Kunstvermittlerbekannt, vor Jahresfrist tater sich als Autor von meist kurzenTexten rund um das Herz hervor.Nun hat Glettler eine umfangreicheSammlung von Gebetstexten –von biblischen Psalmen bis in dieunmittelbare Gegenwart – zusammengestellt.Nach Themengruppengeordnet bietet „hörgott“ einenbunten Strauß an Möglichkeiten,mit Gott in Zwiesprache zu treten.Der bischöfliche Herausgeberhat dabei wenig Berührungsängste– weder zu Traditionellem wie zuganz Modernem. So finden sich daMariengebete inklusive des Rosenkranzesbis zu Dichtungen etwavon Nelly Sachs oder Silja Walter.Manch Kapitel – wie: „Wor shipnow! Lobpreis und Chillen mitGott“ – scheint auf den ersten Blickanbiedernd, aber Texte von MartinGutl bis Franz von Assisi – undauch das eine oder andere Gebetaus der Feder des Bischofs – zeigen,dass es dem Herausgeber gelungenist, eine Ahnung des christlichenGebetsschatzes zu vermitteln. EinBuch, gewiss nicht nur für Beter.Kirchendiagnose à la HoffDem FURCHE-Publikum sind dieThesen Gregor Maria Hoffs zum Zustandder katholischen Kirche schonseit vielen Jahren vertraut. Nurhat der in Salzburg Lehrende seineKirchensicht im Band „In Auflösung“einmal mehr pointiert auf denPunkt gebracht. Dem Fundamentaltheologenund Berater des SynodalenWegs in Deutschland geht es umeinen Befund des aktuellen römischenKatholizismus, der sich eben„in Auflösung“ befinde.Auch einige FURCHE-Texte Hoffssind Ausgangspunkt der acht,„Blenden“ genannten, thematischenAusformungen der Kirchendiagnoseà la Hoff. Dem Theologen ist mitdiesem Buch ein wirklicher Wurfgelungen: nicht beschönigend, aberauch nicht – wie der Titel vielleichtvermuten ließe – resignativ bringter den Zustand der römischen Kirchekatholischer Prägung in vielerleiHinsicht auf den Punkt.Hoff ist ein brillanter Zeitdia gnostiker seiner Kirche, er verortet in „InAuflösung“ die Entwicklungen historisch,ordnet sie aber auch soziologischund politisch ein. Das Rückzugsgefechtvon Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. nimmt er ebenso ins Visierwie Ambiguität als Merkmal desWirkens von Papst Franziskus. Auchgegenläufige Entwicklungen hat Hoffim Blick – er beobachtet da das Einfallender Pfingstler via Loretto-Bewegung,ebenso wie er das Agierenund Versagen in der Missbrauchskriseals ein Zerfallszeichen für den Katholizismus,wie ihn viele noch ausKindertagen kennen, identifiziert.„In Auflösung“ ist eine Zustandsbeschreibungund kein Abgesang.Dass die neue Zeit des Katholizismusvon Pluralität auch in Glaubensdingenund regionalen Vielfaltengeprägt ist, scheint für Hoff klar.Roma locuta – causa finita? giltnicht mehr, wie Hoff einen seineraus der FURCHE übernommenenAbschnitte übertitelt. Ein Pflichtbuchfür kirchliche Zeitgenossen.Dorothee Sölle aufder SpurAnnäherung an eine Ikonedes ProtestantismusVon Konstantin SacherEvangelischeVerlagsanstalt 2023164 S., kart., € 23,50Hilfreich helfenSoziales EngagementverantwortungsvollgestaltenVon Markus FellingerTyrolia 2023144 S., kart., € 18,50hörgottGebete in den Klangfarbendes LebensHg. von Hermann GlettlerTyrolia 2023255 S., geb., € 19,50In AuflösungÜber die Gegenwart desrömischen KatholizismusVon Gregor Maria HoffHerder 2023223 S., geb., € 29,50GLAUBENSFRAGEVon Mouhanad KhorchideIch hoffe, also bin ichDer Koran setzt die Hoffnungslosigkeitmit einer Haltung der Gottferne(15:56) gleich. Denn wer an Gottglaubt, findet immer einen Grund, auf einenguten Ausgang zu hoffen. Alle Prophetenerzählungendes Korans verlaufen nachdemselben Muster: Sie alle gerieten in aussichtsloseSituationen (zum Beispiel stand Moses vor dem Meerund drohte zu ertrinken, Abrahams Gegner wollten ihn im Feuerverbrennen), sie alle haben viel Leid über sich ergehen lassen.Aber am Ende standen sie mit erhobenem Haupt in Dankbarkeitdafür, dass sie die Hoffnung auf ein gutes Ende nie aufgaben.Als Corona uns vor etwa drei Jahren überfallsartig aus demKonzept brachte, dachte ich, dies sei nur eine vorübergehendeAusnahmesituation und bald würde die Normalität zurückkehren.Kurz darauf entflammte der Krieg in der Ukraine mit vielenpolitischen wie wirtschaftlichen und vor allem sicherheitspolitischenRisiken, unter denen wir bis heute leiden. Und als wäredies nicht genug, wachten wir am 7. Oktober mit der erschütterndenNachricht von Hamas-Terroranschlägen gegen Israel auf.Immer wieder höre ich Menschen in meinem Bekanntenkreis,wie sie resigniert vom Weltuntergang sprechen. Der Islam, wieich ihn verstehe, lädt jedoch dazu ein, immer nach einem Grundzur Hoffnung zu suchen. Hoffnung bedeutet, es lohnt sich immer,Ja zum Leben, Ja zum Wandel zu mehr Humanität und Menschenfreundlichkeitzu sagen. Hoffnung ist somit mit dem Auftragan sich selbst verbunden, aufzustehen und einen Beitragzum Wandel zu leisten. Diese Schicksalsschläge klopfen offensichtlichan unsere Türe und rufen uns zu mehr gemeinschaftlicherVerantwortung und Solidarität auf. Es gilt: Unsere Welt ändertsich nicht von allein. Religionen rufen gerade dazu auf, ansich selbst als Ebenbild Gottes, oder islamisch gesprochen: alsKalifen, zu glauben und entsprechend in der Welt zu agieren.Der Autor leitet das Zentrum f. Islam. Theologie an der Uni Münster.DieseWeihnachtsgeschenkemachen wirklich SinnÜberraschen Sie Ihre Lieben heuer zu Weihnachten mit einem Esel, einer Ziege oder miteinem neuen Bademantel. Schenken mit Sinn bietet Ihnen die Mögichkeit doppelt Freude zuschenken: Einerseits bekommen die Beschenkten ein schönes Billet mit Informationen zumProjekt, andererseits helfen Sie mit Ihrer Spende, die Armut auf der ganzen Welt zu mindern.Alle Produkte und noch viel mehr finden Sie online unter:www.schenkenmitsinn.at50 €Ein Schlafsackals LebensretterMit einem Schlafsackschenken Sie Wärme inkalten Nächten auf derStraße und unterstützenWohnungslosenpro jekte.Foto: Klaus Pichler45 €Wie ein Esel das Lebender Frauen verändertEine Ziege alsStarthilfeMit einer Ziegeerwirtschaften alleinerziehende Frauen inBurundi ein eigenesEinkommen.© iStock_421325291Ziegensocken(2er Pack)Die Socken im Doppelpacküberzeugen mit hohemTragekomfort, einemeinzigartigen Design undQualität made in Europe.96 €Bademantelmit SinnDer Winter kommt undunsere flauschigen CaritasBademäntel auch. Hinterjedem Kauf steht eineSpende für Menschen,die besonders vonTeuerungenbetroffen sind.Foto: Ingo BertramerEin Esel entlastet schwerarbeitende Frauenin Äthiopien.© iStock.com/miskokordic110 €19, 20 €Zu jedem Geschenkmit Sinn bekommenSie ein Billet, auchaus drucken istmöglich.

DIE FURCHE 2024

DIE FURCHE 2023