DIE FURCHE · 45 6 International 7. November 2024 Von Andreas G. Weiß Der 5. November 2024 wird die Vereinigten Staaten und die gesamte Welt verändern – in welche Richtung, dürfte nach dem Sieg von Donald Trump bereits feststehen. Die Ausmaße, mit denen er diesen Sieg eingefahren hat, sind aber dennoch unerwartet heftig und weitreichend: Kein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen, sondern eine gewaltige Walze des rechtspopulistischen Trump-Expresses scheint quer über das Land gerast zu sein. Trumps politischer Stil und thematischer Kurs werden für die kommenden Jahre erneut maßgeblich für die nationale und internationale Politik werden. Dieses Wahlergebnis wird Spuren hinterlassen, und zwar nicht nur in der Realpolitik, sondern auch im öffentlichen Diskurs des Landes. Noch nie wurde (wie Joe Biden) ein amtierender Präsident, der noch einmal kandidieren wollte, von Vertretern und Unterstützern seiner Partei gedrängt, aus dem Rennen auszusteigen. Die Debatte um das Alter, die Rolle der mächtigen „Stars“ (beispielsweise George Clooney) und mediale Kampagnen haben den Druck auf den amtierenden Präsidenten letztlich immer weiterwachsen lassen. Dass die Frage nach der Anzahl der Lebensjahre einmal derart ein Duell um das Oval Office beherrschen würde, hätte man vor wenigen Jahrzehnten in dieser Form wohl nicht absehen können. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Spin im Wahlkampf auf Seiten beider Großparteien in den kommenden Jahren entwickeln wird. Fest steht: Das hohe Alter ist politischer denn je, die Wahlkämpfe werden immer persönlicher und heftiger geführt, auch Gesundheit wird nicht ausgespart. Die öffentliche Stimmung im Land gleicht nach diesen Wahlkampfwochen einem Schlachtfeld. „Last Chance“ – ohne Erfolg Auf politischer Ebene wird diese Wahl – aus demokratischer Sicht – wieder als eine der „verpassten Chancen“ in die Geschichte eingehen: Mit Kamala Harris rückte eine Politikerin nach, die eigentlich bis wenige Monate vor dem Urnengang keine ernsthaften Ambitionen für eine Kandidatur in diesem Jahr erkennen ließ. Durchaus: Sie war die logische Nachfolge, da sie als „Vize“ bereits auf den Nominierungsund Wahllisten eingetragen war und Biden auch bei Eintreten eines Ernstfalls im Präsidentenamt ersetzt hätte. Der Zeitpunkt ihrer Übernahme war zudem so etwas wie die „Last Chance“ für die Demokraten: Im Sommer waren alle Augen auf Trump und das missglückte Attentat gerichtet. Diese Medienaufmerksamkeit konnte nur das Ausscheiden Bidens brechen: Unerwartetes kann die deutlichste Ausgangslage bekanntlich schnell ändern. Plötzlich waren die US-Medien mehr an der potenziell neuen Kandidatin Harris und ihrem „Running Foto: APA / AFP / Angela Weiss Die überraschend deutliche Wiederwahl des radikalen Populisten Donald Trump ist eine Zäsur, die seinen unerwarteten Wahlsieg 2016 noch in den Schatten stellt. Wie ist sie zu erklären – und was folgt für das zerrissene Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Eine Analyse. In Schockstarre Mate“ Tim Walz interessiert als an der Ohrverletzung bzw. dem weißen Wundverband Trumps. Dennoch war die demokratische Partei letztlich nicht in der Lage, zählbare Erfolge daraus zu schlagen, ja nicht einmal imstande, ihre Kernwählerschaft in jahrzehntelang liberal geprägten Counties anzusprechen. „ Die Demokraten waren nicht einmal imstande, ihre Kernwählerschaft in liberal geprägten Counties anzusprechen. “ Zu den Hintergründen des Urnengangs finden Sie auf furche.at im Dossier „Wahl in den USA“ weitere Analysen und Interviews. Im blauen Wahlkampfteam hatte man darauf gesetzt, die Person Kamala Harris als ein völlig neues Bild in der Präsidentschaftspolitik darzustellen: Eine ethnisch diverse Frau, die einen ehemaligen US-Präsidenten herausfordert, brachte die sonst immer noch sehr festgefahrenen Rollenund Politbilder der USA durchaus in Bewegung. Plötzlich war es nicht mehr das Duell der „alten weißen Männer“, sondern mit einem Schlag wurde der Wahlkampf zu einer sinnbildlichen Bühne zwischen Weltbildern, Generationen, Kulturen‚ Geschlechtern und Politstilen. Harris gab sich nicht nur in gesellschaftspolitischen Fragen (Stichwort Abtreibung) enorm selbstbewusst und klar in ihrer Meinung – was bei Trumps Wechsel-Strategie so gut wie möglich vermieden wurde –, sondern sie hatte auch kein Problem damit, in ihrem Auftreten mit „Joy“ ein Hoffnungsbild für viele Bevölkerungsteile abzugeben. Entsprechend groß ist nun – ähnlich wie 2016 – die gesellschaftspolitische Katerstimmung: Die Hoffnungsbilder und Zukunftsszenarien, das angezielte Durchbrechen der „gläsernen Decke“ brach einmal mehr in sich zusammen. Fronten und Gräben ohne Ende Das Duell zwischen den beiden erwartungsbeladenen Zugpferden Harris und Trump war letzten Endes untypisch – und dadurch wiederum offenbarend für das ganze Land. Tatsächlich stehen die USA vor einem enormen Wandel. Auf allen Ebenen zeigt sich, dass die Fronten, die das Land durchziehen, an Zahl und Offensivität immer weiter zunehmen: Stadt- Land, Nord-Süd, Küsten- und Binnenbundesstaaten, Republikaner- Demokraten, konservativ-liberal, religiös-säkular, Rust-Belt, Sun- Belt, Bible-Belt etc., die Liste an regionalen und gesellschaftspolitischen Bruchstellen ließe sich wohl noch lange fortsetzen. Von den Wählerblöcken, die die Taktik der Großparteien über Jahrzehnte geprägt haben, ist nicht mehr viel übriggeblieben – zu komplex ist die Stimmungs- und Interessenslage geworden. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die politischen Strategien, sondern fällt auch auf Aus der Traum Bis zuletzt hatten Anhänger von Kamala Harris gehofft. Doch am Ende zerplatzten die Träume. Die Republikaner gewannen nicht nur zentrale Swing-States wie Pennsylvania, sondern eroberten mit Senat und Repräsentantenhaus den ganzen Kongress. das patriotische Bewusstsein des Landes zurück. Ein Blick zurück: Als Ronald Reagan 1989, vor fast genau 35 Jahren, seine berühmte Abschiedsrede aus dem Weißen Haus hielt, legte er der Nation noch ein Bild aus deren religiöser Vergangenheit nahe: John Winthrop, einer der ersten puritanischen Siedler, bezeichnete das Land (bzw. damals die Kolonie) als ein „göttliches Projekt“, als eine „Stadt auf dem Berge“ (Mt 5,14 – „City Upon a Hill“), die nach innen und außen geschlossen auftreten und eine gemeinsame Mission erfüllen soll. Es war so etwas wie Reagans letzter präsidialer Wunsch, dass sich die USA hinter dieser Vorstellung einen. Von dieser Vision, die kurz vor dem Niedergang der Sowjetunion auf der Höhe des Kalten Krieges formuliert wurde, sind die USA heute sprichwörtlich Lichtjahre entfernt. Die Vereinigten Staaten haben mit Krisen zu kämpfen, mit einer ständig wachsenden Wirtschaftsmacht China sowie mit internationalen Konflikten, in denen sich ihre Stimme nicht mehr als die einzig einflussreiche darstellt. Zudem fragen sich immer mehr Menschen in den USA, warum sich ihr Land und Militär überhaupt auf anderen Kontinenten oder Ländern engagieren sollten. Auch hinsichtlich ihres eigenen „Supermacht“-Status schwindet die Zustimmung in der Bevölkerung ständig. Der Ukraine-Krieg, der Israel-Gaza- Libanon-Irak-Krieg sowie die anhaltenden Streitigkeiten mit China über den Status Taiwans haben ihren Teil dazu beigetragen, dass die internationale Rolle der Vereinigten Staaten gerade auch im eigenen Land laut hinterfragt wird. „Aus vielen Eines“ (lat. e pluribus unum) galt seit den Gründervätern im 18. Jahrhundert als eine Kernfloskel amerikanischer Identität: Heute steht hinter dieser Phrase ein großes Fragezeichen. Eine Lösung aus dieser vielfach polarisierten Gemengelage in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Religion scheint beinahe unmöglich – und derzeit scheint es auch keine ernsthafte Aussicht zu geben, dass dies in den nächsten Jahren gelingen könnte. Miteinander außer Sicht Gräben werden tiefer, Fronten verhärten weiter und ein gesellschaftliches oder politisches Miteinander (checks and balances) mutet zumal angesichts des Fakten und Institutionen zertrümmernden Populisten Donald Trump als illusorisch an. Die USA befanden sich bei dieser Wahl auf dem Scheideweg, nun hat die republikanische Partei mit Trump an der Spitze und einer Mehrheit auf vielen Ebenen (Kongress, Supreme Court, Regierungsämtern) alle machtpolitischen Hefte in der Hand. Eine Einigung des Landes dürfte damit noch einmal unmöglicher geworden sein. Der Autor ist Erwachsenenbildner, Theologe und Publizist in Salzburg.
DIE FURCHE · 45 7. November 2024 Politik 7 Angesichts desaströser Staatsfinanzen drängt Hannes Androsch auf einen Kassasturz und rasche Regierungsbildung. Der SPÖ verschreibt er Realitätssinn statt Ideologie – und fragt sich, wer hinter Babler-Herausforderer Rudolf Fußi steht. xxx xxx Kneissl-Reisende erleben mehr … xxx € xxx,– „SPÖ braucht einen Victor Adler!“ Lofoten im Winter © JFL Photography - stock.adobe.com Das Gespräch führte Wolfgang Machreich Als SPÖ-Finanzminister und Vizekanzler der Ära Kreisky, danach Generaldirektor der CA und heute Industrieller ist Hannes Androsch sowohl in der Sozialdemokratie wie auch in der Wirtschaft verankert – und geht im FURCHE- Interview mit SPÖ und ÖVP gleichermaßen ins Gericht. DIE FURCHE: Herr Androsch, wir sitzen in Ihrem Wiener Büro, im Regal steht Ihr 2020 erschienenes Buch „Was jetzt zu tun ist“. Jetzt ist Ende 2024, wir warten auf eine neue Regierung. Was ist jetzt zu tun? „ Ich bin nicht der Verteidiger des Bundespräsidenten, aber wem etwas Gescheiteres eingefallen wäre, der soll das sagen. “ Hannes Androsch: Wir leben auf hohem Wohlstandsniveau. Bestes Beispiel: Für Halloween geben wir 75 Millionen Euro aus. Gleichzeitig leben wir in gefährlich turbulenten Zeiten. Die Welt ist in Unordnung, die Zeit ist aus den Fugen. Geopolitische Auseinandersetzungen, die Weltwirtschaft fällt auseinander, Europa fällt zurück. Und in der EU stehen wir am schlechtesten da, haben die rote Laterne. Berge von ungelösten Problemen haben sich aufgetürmt. Aber in ganz Europa, in Deutschland, in Frankreich und auch bei uns ist niemand da, der die Einsicht und die Kraft hat, das zu ändern. Im Gegenteil, wir benehmen uns, als hätten wir alle Zeit der Welt. DIE FURCHE: Wir befinden uns in der sechsten Woche nach der Nationalratswahl. In Österreich dauern Koalitionsverhandlungen im EU-Vergleich immer durchaus lange: 1962 benötigte die schwarz-rote Koalition 129 Tage. Schwarzblau war 1999 mit 124 Tagen nicht viel schneller… Androsch: Aber jetzt brennt der Hut! Das kommt mir so vor, als ob bei einem Großbrand die Feuerwehr in Sondierungsgespräche darüber eintreten würde, wer denn jetzt vielleicht ausrücken soll. DIE FURCHE: Ist das auch eine Kritik an der Strategie des Bundespräsidenten? Androsch: Was hätte er denn machen sollen? Die Gemengelage zwischen den Parteien ist eine Pattstellung, wie er gesagt hat. Hätte er Herbert Kickl den Auftrag gegeben, hätten die anderen gesagt, eine Sauerei. Ich bin nicht der ex-offo-Verteidiger des Bundespräsidenten, aber wem etwas FORTSETZUNG AUF DER NÄCHSTEN SEITE Wintererlebnis Tromsø + Polarlichtsafari in Tromsø u. 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