DIE FURCHE · 45 2 Das Thema der Woche Die Mutter aller Krisen 7. November 2024 AUS DER REDAKTION Die Wahl ist geschlagen – aber nicht so, wie sich das die allermeisten in Europa erhofft hatten. Mit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus droht das ohnehin brüchige institutionelle Gefüge der US-Demokratie wie auch die transatlantische Achse endgültig zu erodieren. Die Gründe dafür, dass Trump Kamala Harris so deutlich besiegen konnte, werden noch intensiv zu erforschen sein. Themen wie Asyl und Migration haben aber mit Sicherheit eine Rolle gespielt. Brigitte Quint hat dazu neben dem Leitartikel auch den aktuellen Fokus „Die Mutter aller Krisen“ verfasst, in dem der Blick insbesondere auf die politischen Verschärfungen in Europa gelegt wird. Dass mit Trump der Kampf gegen den Klimawandel wieder einen Rückschlag erleidet, ist ein weiteres Desaster – just vor dem Beginn der nächsten UN-Klimakonferenz in Baku. Martin Tauss hat anlässlich eines umstrittenen Buches zum Thema im „Wissen“ zwei Stimmen eingeholt. Mit einer interessanten Stimme innerhalb der Sozialdemokratie, nämlich Hannes Androsch, hat indes Wolfgang Machreich gesprochen. Und dass es höchste Zeit wäre, sich wieder an den Wert der Freiheit zu erinnern, wird im Essay von Brigitte Schwens-Harrant über John Milton deutlich. Sie hat zum 350. Todestag des englischen Dichters auch „Gedanken für den Tag“ gestaltet, die noch bis Samstag täglich auf Ö1 nachzuhören sind. Unter anderem geht es darin um einen, der mit Worten zum Aufstand aufwiegelt. Er sitzt demnächst im Weißen Haus. (dh) Von Tobias Müller Zum politischen Aschermittwoch 2023 forderte Herbert Kickl im oberösterreichischen Ried „mehr ungarischen Chili in unserer Asylpolitik“. Eine markige Formulierung, wie man sie in der politischen Umgebung des FPÖ-Chefs damals schätzte und bis heute geradezu erwartet. In liberalen und progressiven Medien gab es freilich Naserümpfen und Stirnrunzeln ob der rechtspopulistischen Bierzelt-Folklore, die man aus jahrelanger Gewohnheit am radikalen Rand des politischen Spektrums verortete. Dass sie nur dort zuhause sei, war schon damals nicht ganz zutreffend. Heute aber, diverse europäische Migrationsgipfel und Wahlerfolge von FPÖ, Rassemblement National, AfD, Fratelli d’Italia oder der niederländischen Partij voor de Vrijheid (PVV) später, gehört der große Chili-Streuer quer durch die Europäische Union längst zum asyl- und migrationspolitischen Mainstream. Nicht umsonst hat ein Schulterschluss rechter und rechtsextremer Parteien die neugegründeten „Patriots for Europe“, an deren Wiege Orbán und Kickl standen, zur drittstärksten Fraktion des EU- Parlaments gemacht. „Ein Gefallen, kein Recht“ Hierzu die Analyse zu Australiens Asylpolitik von Barbara Barkhausen: „Mittelwege und ihre Grenzen“ (26.10.24), auf furche.at. Asyl und Migration bestimmen den politischen Diskurs quer durch die EU-Mitgliedsstaaten. Zum Konsens der Abschottung gehört auch, dass die Maßnahmen stets extremer werden. Eine Rundschau. Im rechten Mainstream Geflüchtete an Bord eines Rettungsboots der „Royal National Lifeboat Institution“ (RNLI): Sie waren auf See bei der Überquerung des Ärmelkanals von Frankreich aus aufgegriffen worden. Diese Entwicklung ist das Ergebnis einer langfristigen Verlagerung des politischen Diskurses nach Rechts, dessen einfache Maxime in puncto Migration lautet: Abschottung. Wohin die Reise geht, brachte der niederländische Anthropologe und Mathematiker Jan van de Beek, bekannt für Publikationen zu den Kosten von Migration, unlängst auf den Punkt. Die Boulevardzeitung Telegraaf zitierte Van de Beek mit folgenden Worten: „Ein Platz in unserem Land muss ein Gefallen sein, kein Recht.“ Zugleich rang die neue, von der PVV angeführte Regierung in Den Haag mit der Frage, ob sie ihre drastischen Einwanderungsverschärfungen per Notstandsverfügung oder regulärer Gesetzgebung einführen soll. Ein Blick durch die Mitgliedstaaten beweist, dass diese Überzeugung stets mehr an Raum gewinnt. Jüngstes und besonders auffälliges Beispiel ist der liberale polnische Ministerpräsident Donald Tusk, der das Asylrecht befristet außer Kraft setzen will (vgl. Seite 3). Im stark sozialdemokratisch geprägten Skandinavien gilt Schweden mit seiner restriktiven Zuwanderungspolitik der vergangenen Jahre als Musterbeispiel einer „Asyl-Wende“. Im benachbarten Dänemark rühmen sich die Sozialdemokraten damit, dank ihres „Null-Asylbewerber“- Ziels den Aufstieg der rechtspopulistischen Danske Folkeparti (DF) beendet zu haben. In der EU- Hauptstadt Brüssel leben derweil zahlreiche Asylwerber auf der Straße, seit Nicole de Moor, die christdemokratische Staatssekretärin für Asyl und Migration, im Spätsommer 2023 ankündigte, männliche Antragsteller nicht mehr unterzubringen, um Platz für Familien zu haben. Ein Jahr später fordert Friedrich Merz, der Chef der deutschen Christdemokraten und künftige Kanzler- Kandidat, „im umfassenden Sinn an den deutschen Grenzen zurückzuweisen“. Der Diskurs im Land tendiert zu diesem Zeitpunkt, nach dem islamistischen Terror-Anschlag von Solingen und angesichts drohender AfD-Erfolge bei Landtagswahlen, in Richtung Hysterie. Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit und Soziales im Bundesland Nordrhein-Westfalen und ein Vertreter des sozialen CDU- Flügels, erklärt in einem Interview mit der Zeitschrift Der Freitag: „Natürlich ist die Migration der Elefant im Raum. Dieses Problem müssen wir lösen, und zwar noch vor der Bundestagswahl (voraussichtlich im Herbst 2025, Anm.). Die Leute wollen diese unkontrollierte Zuwanderung nicht mehr.“ Die vorübergehenden Grenzkontrollen, Mitte September eingeführt, dienen der wankenden Berliner Regierung innenpolitisch als eine Art Befreiungsschlag. Die Signalwirkung ist enorm ‒ nicht nur, weil es sich um eines der Schwergewichte unter „ In Dänemark rühmt man sich eines ‚Null-Asylwerber‘- Ziels, in Brüssel erhalten männliche Antragsteller keinen Schlafplatz, und in Deutschland tendiert der Diskurs in Richtung Hysterie. “ Foto: APA / AFP / Henry Nicholls den EU-Mitgliedsstaaten handelt. Dank der geografischen Lage Deutschlands betreffen sie auch neun andere Länder. Eigentlich sind Grenzkontrollen im Schengen-Raum nur bei besonderer Bedrohung und Gefährdung der Sicherheit möglich. Zunehmend wird auf dieses Mittel inzwischen als asylpolitische Ad-hoc-Maßnahme zurückgegriffen. Auch für Österreich gilt dies bereits seit Jahren. Das Innenministerium kündigte dieser Tage eine Verlängerung der Kontrollen an tschechischen, slowakischen, ungarischen und slowenischen Grenzen bis April bzw. Mai 2025 an. Frankreich führt mit 1. November ebenfalls für ein halbes Jahr Grenzkontrollen ein. Solche zählen auch zu den „Not- Maßnahmen“ der neuen Rechtsregierung der Niederlande ‒ neben eingeschränktem Familiennachzug, Abschaffung permanenter Aufenthaltstitel oder dem Plan, Teile Syriens als sicher zu deklarieren und künftig dorthin abzuschieben. EU-weit zeigt sich, dass die Themen Asyl und Migration nicht nur überall auf der Agenda stehen, sondern auch durchwegs als besonders dringlich gelten. Im Hintergrund zeigt sich ein Gemisch aus überfüllten Unterbringungseinrichtungen, Sorgen um die Sicherheit angesichts eines sehr realen islamistischen Terror-Potenzials (vgl. Seite 5), rechtsextremer Hetze sowie dem Drang bürgerlicher Parteien, dieses Szenario zu befrieden, indem man den populistischen Schreihälsen inhaltlich entgegenkommt ‒ was sich jedoch oft genug als Illusion entpuppt hat. Dabei fungiert das Feld der Asyl- oder Migrationspolitik durchaus auch als Blitzableiter für andere soziale und ökonomische Probleme, von deren Komplexität sich durch ein vermeintlich entschlossenes Agieren gegen Zuwanderung ablenken lässt. Naika Foroutan, Leiterin des Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung an der Berliner Humboldt-Universität, beschreibt in einem Beitrag für die Blätter für deutsche und internationale Politik, wie sich „im kollektiven Gedächtnis die maroden Strukturen mit der Zuwanderung und der veränderten kulturellen Zusammensetzung des Landes“ verbinden. „Die Migration“, folgert sie, „ist schuld, dass alles kaputtgeht“ ‒ und wird damit zur Mutter aller Krisen. Orbáns Alarmglocken Genau dies ist der Rahmen, in dem der von Kickl ersehnte „ungarische Chili“ sich als universelles Gewürz etabliert hat. Dass Orbán, der Sternekoch der europäischen Abschottungs-Cuisine, jüngst im EU-Parlament in Straßburg von Kommissionspräsidentin Von der Leyen „attackiert“ (The Guardian) bzw. „zerlegt“ (politico.eu) wurde, lag vor allem an seiner Russland-Nähe. Das, was er bei der Vorstellung des Programms der ungarischen Ratspräsidentschaft migrationspolitisch im Gepäck hatte, ist dagegen längst im Diskurs der meisten Mitgliedsstaaten angekommen: nämlich Asylsuchende an den Grenzen aufhalten und sie in „Zentren außerhalb der EU“ auf ihren Bescheid warten zu lassen. Das zeigt sich auch an den immer zahlreicheren asylpolitischen Off-shore-Konzepten europäischer Länder. Dass diese – wie das ruandische Modell Großbritanniens oder zuletzt das albanische von Giorgia Meloni – bislang aus juristischen Gründen nicht umgesetzt wurden, tut ihrer wachsenden Popularität keinen Abbruch. „Ich bin gekommen um die Alarmglocken zu läuten“, so Orbán in Straßburg. „Die EU muss sich verändern.“ Dieser Prozess hat längst begonnen.
DIE FURCHE · 45 7. November 2024 Das Thema der Woche Die Mutter aller Krisen 3 Der ehemalige EU-Ratspräsident Donald Tusk legt gerade eine Kehrtwende hin: Vom Paradebeispiel eines integrativen Europapolitikers schlüpfte er in die Rolle eines Hardliners in Sachen Flüchtlingspolitik. Wie gerechtfertigt ist der Sinneswandel des polnischen Premiers? Wenn die PiS im Nacken sitzt Von Jan Opielka Bedenkt man die Tragweite des jüngsten polnischen Beschlusses zur geplanten Asylpolitik, war der Protest vor dem polnischen Parlament, der am 23. Oktober stattfand, äußerst bescheiden. Nur wenige Dutzend Menschen fanden sich dort ein, um gegen die „Aussetzung des Asylrechts“ zu protestieren, die Polens Regierung gut eine Woche zuvor als Plan verkündet hatte. Dass der Protest es dennoch in die Schlagzeilen der landesweiten Presse schaffte, lag vor allem an einer Teilnehmerin: der Regisseurin Agnieszka Holland. Die 75-Jährige hatte vor gut einem Jahr mit „Green Border“ einen europaweit intensiv diskutierten Spielfilm herausgebracht, der die fatalen Zustände von Geflüchteten an der polnisch-belarussischen Grenze thematisiert. Bei dem Protest in Warschau sagte Holland: „Die von Politikern in den öffentlichen Raum getragene Hetze gegen Menschen, die von anderswo kommen, die eine andere Hautfarbe haben, sowie die Dehumanisierung dieser Menschen, als wären sie eine schreckliche Bedrohung, führt direkt zur Faschisierung des sozialen und politischen Lebens.“ Es wirkt wie eine bittere Ironie der Geschichte: Denn Hollands Film, ein Plädoyer für eine humane Asylpolitik und Mitmenschlichkeit, war seinerzeit vor allem als Kritik an der Vorgängerregierung der Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) interpretiert worden, die ihrerseits eine Hetzkampagne gegen die Regisseurin gestartet hatte. Als Oppositionsführer hielt sich Donald Tusk damals mit Kommentaren auffallend zurück. Spätestens jetzt weiß man wohl, warum. Denn die am 16. Oktober vom polnischen Kabinett verabschiedete Migrationsstrategie sieht vor, das Recht auf Asyl in Polen wie beschrieben „zeitlich und territorial auszusetzen“, wenn „die Gefahr der Destabilisierung des Staates durch den Zustrom von Migranten“ bestehe – eine weit interpretierbare Definition. Zwar ruderte Tusk bereits bei einer Parlamentsdebatte in Warschau am 16. Oktober und einen Tag später beim EU-Gipfel in Brüssel etwas zurück. „Niemand redet darüber, das Asylrecht auszusetzen“, sagte er. Doch seine Pflöcke waren da medial schon eingeschlagen – der Premierminister als zwar harter, aber um das Wohl seiner Landsleute besorgter Kümmerer. Rückendeckung seitens Von der Leyen Vieles deutet darauf, dass Tusk, EU-Ratspräsident der Jahre 2014 bis 2019, seinen Asylvorstoß vor allem für zwei Zwecke nutzt. Zum einen, um auf EU-Ebene die Rolle des Pioniers einer Politik noch strikterer Flüchtlingsabwehr zu übernehmen – und das von der Mitte des politischen Mainstreams aus. Diese Rechnung ging offenbar auf: Viele Regierungschefs und auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gaben Tusk indirekt grünes Licht. „Putin und Lukaschenko versuchen […] die Sicherheit und territoriale Integrität Europas zu untergraben, das sind hybride Attacken durch staatliche Akteure“, sagte von der Leyen. Tatsächlich versuchen an der polnischbelarussischen Grenze seit mehr als drei Jahren tausende von Flüchtlingen aus nichteuropäischen Staaten, die EU-Grenze nach Polen zu passieren. Sie werden dorthin zwar von Minsker Behörden gelotst. Doch nach Angaben von polnischen Hilfsorganisationen, die an der Grenze wirken, handelt es sich bei der überwältigenden Mehrheit um tatsächlich Schutzsuchende. Überdies sind die „Gefahren durch Migranten“, die Tusk in immer schärferem Ton Foto: APA / AFP / Elena Covalenco an die Wand malt, eher relativ. Knapp 10.000 Anträge auf internationalen Schutz wurden 2023 und gut 12.000 vom Jänner bis September dieses Jahres in Polen gestellt. Die meisten Antragsteller stammen dabei aus der Ukraine sowie Belarus und deren Gesuche werden generell positiv beschieden – anders als jene nicht-europäischer Flüchtender. Wie die Vorgängerregierung wendet auch die aktuelle an der polnisch-belarussischen Grenze gegen internationales Recht verstoßende Push-Backs an. Die Menschen werden abgeschoben, ohne dass sie die Möglichkeit eines Asylantrags gehabt hätten. Für die Betroffenen ist das Asylrecht de facto seit drei Jahren ausgesetzt – die Umsetzung von Tusks jüngstem Asylvorstoß würde daher kaum mehr bedeuten, als die rechtliche Fixierung gängiger Praxis. Auch daher verwies Regisseurin Holland bei dem erwähnten Protest auf die jüngsten Berichte der Grupa Granica, einem Verbund von Organisationen und Bürgerinnen, die Flüchtlingen an der Grenze helfen. Demnach wurden im gesamten Jahr 2023 rund 2800 Mal Push-Backs angewendet. Die Regierung Tusk wendet diese Push- Backs unvermindert weiter an – und heizt auch verbal die Stimmung im Land auf. Donald Tusk sagte etwa am 16. Oktober vor dem Parlament, dass Menschen aus vielen Ländern von „organisierten Gruppen“ nach Minsk und Moskau gebracht würden. Von dort aus würden sie „an die Grenze gebracht, manchmal monatelang vorbereitet, um sie illegal zu überqueren, um Konflikte an unserer Grenze zu verursachen“. Tatsächlich wurde Ende Mai ein polnischer Grenzschützer von einem mutmaßlichen Flüchtling erstochen – wobei die Identität des Täters bis heute unklar ist. „ Die Umsetzung des jüngsten Asylvorstoßes würde kaum mehr bedeuten als die rechtliche Fixierung einer gängigen Praxis. Zu dieser gehört auch das Schüren von Angst gegen ‚illegale Migranten‘. “ Dieser Mord und die bis heute sich verschärfende Rhetorik bleiben nicht ohne Folgen. „Mit Sorge beobachten wir die Zunahme fremdenfeindlicher Stimmungen im öffentlichen Raum“, schreibt die Grupa Granica in einer Erklärung am 21. Oktober. Eine direkte Folge der „hasserfüllten Äußerungen von Politikern ist das Auftauchen selbsternannter Patrouillen bewaffneter Milizen in den Wäldern an der polnischweißrussischen Grenze [...] oder so genannter ‚Bürgerpatrouillen‘ in polnischen Städten, deren Opfer Migranten sind.“ Tatsächlich werden solche Patrouillen meist von nationalistischen Gruppen gebildet – die Faschisierung, von der Holland spricht, scheint Realität. Siehe dazu auch das Interview mit Agnieszka Holland vom 4.10.2023 (geführt von Jan Opielka), auf furche.at. Donald Tusk Auf einem Parteitag seiner Bürgerkoalition (KO) betonte der polnische Ministerpräsident, dass der Staat die 100-prozentige Kontrolle darüber zurückgewinnen müsse, wer ins Land einreise. Doch das alles ficht Polens Regierungschef nicht an. Denn Tusks Vorstoß ist neben der europäischen Dimension wesentlich innenpolitisch motiviert. Er will damit der oppositionellen, 2023 von der Macht abgewählten „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) ihre thematischen Steckenpferde aus der Hand schlagen: Migration, Asyl und Sicherheit. Hintergrund ist die im Mai 2025 anstehende Wahl des Staatspräsidenten. Denn das Staatsoberhaupt kann mit seinem Vetorecht Gesetze blockieren – was der amtierende, der PiS entstammende Andrzej Duda auch tut. Zwar hat Tusks Partei einige aussichtsreiche Kandidaten für das Amt. Doch heute, ein Jahr nach der gewonnenen Parlamentswahl, ist die Enttäuschung im Land ob der nicht gehaltenen Wahlversprechen der Dreierkoalition aus Tusks PO, dem Dritten Weg und der Linken groß. Die exorbitanten Verteidigungsausgaben sorgen für Schuldenrekorde, die Einsparungen in anderen Bereichen notwendig machen. So ist das Schüren von Angst und das Kanalisieren des Unmuts auf „illegale Migranten“ eine klassische politische Nebelschwade. Auf dem Rücken der Flüchtenden. Die Grupa Granica veröffentlichte Ende Oktober ein Foto, aufgenommen in einem der Wälder an der polnisch-belarussischen Grenze. Es hat die Form einer Todesanzeige: „Alle jenen, die im Wald starben, als sie Schutz in Polen suchten. Wir werden uns erinnern.“ Seit Sommer 2021 bis heute sind es mindestens 87 Tote.
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