DIE FURCHE · 45 18 Literatur 7. November 2024 FORTSETZUNG VON SEITE 17 Protector Oliver Cromwell bekamen sie erst recht einen absolutistischen Herrscher, der sich auf Praktiken solcher Herrscher – wie etwa Parlamentsauflösung nach Bedarf, politische Verfolgung und Zensur – bestens verstand. Dabei hatte John Milton einige Jahre zuvor, nämlich 1844, mit „Areopagitica“ ein deutliches Traktat für Presse- und Redefreiheit und gegen die „Vorzensur“ im englischen Parlament verfasst. Ein Buch zu töten, schreibt Milton darin, sei wie ein Mord. Die Wahrheit ließe sich in der offenen Auseinandersetzung finden, nicht durch Vorzensur durch welche Amtspersonen auch immer. Auswirkungen hatte dieses Traktat zunächst allerdings keine. Erst Jahrzehnte später sollte das Parlament die Licensing Order nicht mehr erneuern. Und obwohl Cromwell mit seinen Taten so manch brutalen König in den Schatten stellte, blieb John Milton im Staatsdienst, bis 1660 die Monarchie wieder installiert wurde und Charles II, der Sohn des einst hingerichteten Königs, unter dem Jubel seiner Anhänger wieder in London einzog. Für die Anhänger Cromwells begann damit eine schwere Zeit. Viele wurden verhaftet und hingerichtet. Miltons Bücher wurden verbrannt, er selbst blieb allerdings verschont. Zunächst versteckt lebend, dann sehr zurückgezogen, arbeitete der Dichter weiter an seinem Meisterwerk, das er bereits 1658 zu schreiben begonnen hatte. „Für den überzeugten Anhänger der englischen Republik war, nachdem der Lordprotektor Oliver Cromwell gerade gestorben war, absehbar, dass die puritanische Revolution scheitern würde und die Restauration der Monarchie bevorstand. Er hatte schmerzhaft zur Kenntnis zu nehmen, dass sich seine gesellschaftspolitische Utopie zerschlagen hatte: Paradies verloren“, konstatiert Rolf Schönlau. 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Er ist Verführer, ein Meister der Rhetorik. “ Und was für ein Held tritt hier vor den Vorhang: kein klassischer Held wie Odysseus oder Aeneas, nein: Niemand geringerer als Satan macht hier eine glänzende Hauptfigur. Er zettelt im Himmel eine Revolte an und wird gestürzt, er organisiert die Scharen in der Hölle. Wie John Milton den Aufstand und die himmlischen und höllischen Heere beschreibt, ist faszinierend. Er setzt das Geschehen so lebendig in Szene, dass man manchmal meint, einen Film zu sehen. Als Zeitgenosse konnte man die Verse wohl kaum lesen, ohne dabei auch an die Revolte zu denken, die einige Jahre zuvor England erschüttert hatte. Miltons Satan ist nicht allein der Bibel entstiegen oder diversen theologischen Überlegungen, er verdankt seine Ausgestaltung sicher auch Shakespeares Gestalten – aber er ist jedenfalls auch einer, der sich aus Miltons Erfahrungen im Parlament und in der Politik speist. Dieser Satan versteht sich auf Politik. Er weiß, wie man mit Worten zum Aufstand aufwiegelt, wie man einen Krieg anzettelt, sei es mit offenen, sei es mit versteckten Mitteln. „Doch der Plan / Gehört beraten: Friede ist verpönt! / Wer wird an Unterwerfung denken? Krieg, / Ja, Krieg, sei’s offen oder unsichtbar!“ Milton weiß diesen Satan darzustellen, vor allem in seiner Rede- und Überzeugungskunst. Dieser Satan ist Verführer, ein Meister der Rhetorik. Meister der Verse Und John Milton erwies sich als Meister der Verse, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits vollkommen erblindet war. „Ich glaube, es ist etwa zehn Jahre her, als ich das erste Mal bemerkte, dass mein Sehen nachließ und trübe wurde“, schrieb John Milton 1654 an einen Arzt und beschrieb detailliert, wie der Sehsinn nach und nach versagte. Anderswo erzählte er es mit einem Bild: Ein Engel habe einen Flügel über seine Augen gelegt. Seine Gegner legten die Blindheit als Strafe aus, und Gegner hatte Milton nach der Wiederherstellung der Monarchie genug. Immerhin hatte er einst die Hinrichtung des Königs gerechtfertigt und dann unter Oliver Cromwell gedient. Aber Milton deutete sich seine ewige Dunkelheit nicht als Strafe. War nicht auch Homer blind gewesen oder der Seher Tiresias? Prophetisches Sehen braucht keine Augen, und auch seine künstlerischen Fähigkeiten und seine Imagination hörten mit dem Sehsinn nicht auf, ganz im Gegenteil sollten Jahre voller Kreativität folgen. Trotz seiner völligen Erblindung hielt Milton daher an seinem Vorhaben fest, das seit Jahrzehnten geplante große Epos zu verfassen. Er schmiedete die Verse im Kopf, behielt sie im Gedächtnis, in „Paketen“ zu 10 bis 30 Zeilen. Frühmorgens diktierte er sie. Über 10.000 Verse entstanden so für „Das verlorene Paradies“, jenes Epos, das Stephen Greenblatt „eines der großartigsten Gedichte der Welt“ nennt. „Die Gliederung des Epos in zwölf Bücher mit einer inhaltlichen Zäsur in der Mitte ergibt zwei Teile, die in einem spiegelbildlichen Verhältnis zueinander stehen“, analysiert Rolf Schönlau Miltons langes Gedicht. „Die ersten sechs Bücher erzählen vom Zustand vor der Erschaffung der Welt und in Rückblenden von den Ereignissen, die zum Fall Satans führten, die letzten sechs Bücher von den Ereignissen, die zum Fall der Menschen führten, und in einer Vorschau vom Lauf der biblischen Geschichte nach dem Sündenfall. Adam und Eva sind am Ende des Epos in derselben Lage Bild: iStock/duncan1890 Lesen Sie über Stephen Greenblatt auch in „Shakespeares Dramen: ‚Hier zeigt man den Tyrannen‘ “ von Brigitte Schwens-Harrant, 15.11.2018, furche.at. wie Satan am Anfang: Sie wurden vertrieben und müssen sich neu orientieren. Insofern kann das 1. Buch auch als Fortsetzung des 12. Buches gelesen werden, so dass das Epos die Figur einer Schleife beschreibt – vom Stolpern zum Fall, zum Aufrichten, zum vergeblichen Versuch, den verlorenen Platz zurückzuerobern, zum Fall usw. ‚So gesehen ist die Geschichte eigentlich nie zu Ende‘, sagt die Protagonistin kurz vor Schluss in Cees Nootebooms Roman Paradies verloren.“ Adam und Eva Die biblische Erzählung von Adam und Eva war für Milton ein Schlüssel „für das Verständnis so gut wie aller Fragen in Anthropologie, Psychologie, Ethik, Politik und Glauben“, weiß Greenblatt. Milton brachte in dieses Versepos auch sein eigenes Leben ein, seine Lektüren, seine persönlichen und politischen Erfahrungen, das Ende des Traums von einer Republik ohne König. Milton war nicht nur in Bezug auf Klassiker sehr belesen, sondern ebenso informiert, was die Bibel und diverse Auslegungen betraf. Für die Figur des Satans fand er auch bei Shakespeare Vorlagen. Doch wie Adam und Eva darzustellen waren, als „Partnerschaft vertrauer Gefährten“, dafür gab es in der literarischen Kultur seiner Zeit nicht viel zu finden, meint Greenblatt, da galt es neues Gelände zu betreten. John Milton, der blinde Dichter, betrat es. Die letzten Verse von „Das verlorene Paradies“, so Greenblatt, gehören zum Schönsten, was Milton je geschrieben hat. „Die Verse bekunden das Vertrauen in die göttliche Vorsehung, mehr aber noch in die Freiheit, in diejenige nämlich, die Gott den ersten Menschen gegeben hat, die Freiheit, die seither allen Menschen gehört.“ Und so lauten diese Verse: „Vor ihnen lag die ganze Erde, ihren Ort / Zu wählen, von Gottes Vorsehung geführt. / Hand in Hand, langsam, zögernden Schritts / Durch Eden, einsam begann ihr Weg.“ LITERATUR: Paradies verloren Von John Milton erzählt, übersetzt, kommentiert von Rolf Schönlau Friedenauer Presse 2024 Die Geschichte von Adam und Eva Der mächtigste Mythos der Menschheit Von Stephen Greenblatt Siedler 2018 Das verlorene Paradies Von John Milton Aus dem Englischen übertragen und herausgegeben von Hans Heinrich Meier. Reclam 2008 Tipp: Paradies verloren Brigitte Schwens-Harrant zum 350. Todestag von John Milton Bis 9.11.2024 tägl. 6.57 Uhr, Ö1 Und unter oe1.orf.at
DIE FURCHE · 45 7. November 2024 Literatur & Musik 19 Von Andreas Wirthensohn Starke Vergleiche Als 2017 Messinas Debütroman „Fehlstart“ erschien, wurde die 1990 geborene Autorin von der Kritik sogleich mit Michel Houellebecq und Virginie Despentes verglichen. In Frankreich erschien 2007 eine Streitschrift mit dem Titel „Der kommende Aufstand“. Verfasst hatte sie ein linksradikales Autorenkollektiv namens „Unsichtbares Komitee“, das darin den nahenden Zusammenbruch der westlichen Demokratien samt ihrem kapitalistischen Wirtschaftssystem skizzierte. Der propagierte Aufstand sollte, zur Not auch mit Gewalt, eine andere, bessere Gesellschaft hervorbringen. Dieses – je nach Standpunkt düster-raunende oder hoffnungsfrohe – Pamphlet fand auch im deutschsprachigen Raum viel Beachtung. Marion Messinas Roman „Die Entblößten“ wirkt fast wie eine literarische Umsetzung dieser Theorieschrift. In ihrem fiktionalen Frankreich bricht irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft tatsächlich ein solcher Aufstand aus. Initialzündung ist die Selbstverbrennung eines Studenten vor dem Parlament in Paris. Dieser Student war zuvor Opfer einer Vergewaltigung geworden. Die Täter: junge Leute aus den besseren Kreisen der Gesellschaft, sprich: aus dem elitären, verhassten Establishment. Ein Video dieser Tat ist viral gegangen und sorgt nun dafür, dass sich die Menschen in ganz Frankreich, vor allem aber in der Hauptstadt gegen das System erheben. An der Freiheitsstatue auf der Île aux Cygnes steht in blutroten Lettern zu lesen, warum die breite Bevölkerung sich im herrschenden System nur noch überwacht, ausgebeutet und gedemütigt fühlt: „Ihr werdet geboren, um euren arbeitenden Eltern weggenommen zu werden. Ihr werdet lernen, der Wirtschaft zu dienen und euch nicht zu beklagen. Ihr werdet keine Kinder bekommen. Ihr werdet allein bei der Arbeit verrecken und ein Kehrwagen wird euch entsorgen.“ Überwachungskapitalismus Dieses Frankreich wird von einer neoliberalen Präsidentin regiert, die den Staat auf ein Minimum zurechtstutzt, sämtliche öffentlichen Dienstleistungen privatisiert und eine Art Überwachungskapitalismus installiert, der jeglichem Widerstand gegen diese Politik mit polizeilicher Härte begegnet. Diese Mischung aus Laissez-faire und bürokratischem Despotismus treibt vor allem die breite Mittelschicht in die Verelendung: Wohnungsnot, sozialer Abstieg, Konformitätsdruck allüberall. Erzählt wird dieser Roman abwechselnd aus mehreren Perspektiven. Da ist zum einen Paul. Er ist eigentlich promovierter Literaturwissenschaftler, hangelte sich bislang in Paris von einem prekären Job zum nächsten und ist deshalb in die Provinz geflohen, wo er jetzt Foto: Le Dilettante Mit ihrem Roman „Die Entblößten“ liefert Marion Messina eine bitterböse Zustandsbeschreibung der französischen Gesellschaft. In nicht allzu ferner Zukunft als Verkäufer hinter der Fleischtheke eines Supermarkts steht. Da ist zum anderen Sabrina, die am Rande von Paris in einer der Banlieues lebt. Sie ist Lehrerin, alleinerziehend, kurz vor dem Burnout, und sie hat in einer Affekthandlung einen ihrer (geistig behinderten) Schüler gewaltsam gegen die Wand gestoßen – mit vermutlich schwerwiegenden Konsequenzen für sie. Als dritte Perspektive kommt die der Staatspräsidentin ins Spiel, die allenfalls von fern an Marine Le Pen erinnert und viel eher wie eine neoliberal übersteigerte weibliche Variante von Emmanuel Macron wirkt. Als 2017 Messinas Debütroman „Fehlstart“ erschien, wurde die 1990 geborene Autorin von der Kritik sogleich mit Michel Houellebecq und Virginie Despentes verglichen. Das mochte etwas hochgegriffen sein, aber mit ihrer Mischung aus Coming-of-Age-Roman und scharfsichtiger Gesellschaftsanalyse wandelte Messina in gewisser Weise tatsächlich auf den Spuren der beiden Literaturgrößen. In ihrer bitterbösen Zustandsbeschreibung der französischen Gesellschaft in „Die Entblößten“ erinnert Messina nun noch deutlich stärker an Houellebecq und Despentes, und ihre Neigung zum „ Diese Mischung aus Laissez-faire und bürokratischem Despotismus treibt vor allem die breite Mittelschicht in die Verelendung: Wohnungsnot, sozialer Abstieg allüberall. “ soziologischen Essay, die ihren Erstling noch stark geprägt hat, hat sie zum Glück deutlich zurückgefahren. Nur der kommende Aufstand, in den dieser drastische Zustandsbericht mündet, wirkt reichlich stereotyp und wenig realistisch. Hier verfällt die Autorin in simple Schwarz-Weiß- Muster, die sie im Rest des Buches glücklicherweise vermieden hat. Insgesamt aber ist „Die Entblößten“ ein wahrnehmungsscharfer Gesellschaftsroman, zupackend, rasant, durchaus mit Witz und Ironie und von Claudia Kalscheuer wunderbar übersetzt. FEDERSPIEL Stimmt immer Die Entblößten Roman von Marion Messina Aus dem Franz. von Claudia Kalscheuer Hanser 2024 176 S., geb., € 23,70 MUSIK Arnold und Alma Von Walter Dobner Mit nicht weniger als 134 Komponisten, 50 Uraufführungen und zwölf österreichischen Erstaufführungen an 28 Spielstätten wartet die noch bis Monatsende laufende aktuelle Ausgabe von „Wien Modern“ auf – längst eines der international bedeutendsten Festivals für moderne Musik. Dabei – wie könnte es in diesem Schönberg-Jahr anders sein – riskiert man auch einen zeitgenössischen Blick auf Arnold Schönberg: mit Margareta Ferek-Petrić/Arnold Schönberg: „Die Prinzessin –Ein Schönbergmärchen“ oder dem Schönberg-Film „He’s soo blue! Schönberg pfeifen“. Eröffnet wurde im Wiener Konzerthaus mit der Uraufführung eines von Bachs Brandenburgischen Konzerten inspirierten Tripelkonzerts der diesjährigen Erste- Bank-Preisträgerin Nina Šenk, gefolgt von Iannis Xenakis’ meisterhaftem Orchesteropus „Terretektorh“ mit dem ORF Radio- Symphonieorchester Wien. Tags darauf wurde im Musikverein des kürzlich verstorbenen Péter Eötvös gedacht und dessen „Respond“ für Viola solo und 32 Musiker mit Antoine Tamestit als exzellentem Solisten gespielt. „Alma“ in der Volksoper Auch die jüngste Uraufführung an der Volksoper Wien, die Oper „Alma“ von Ella Milch-Sheriff (Libretto: Ido Ricklin), fand hohe Zustimmung. Es ist der Versuch, rückblickend vom Begräbnis ihrer tragisch jung verstorbenen Tochter Manon aus die schillernde Persönlichkeit Alma Mahler-Werfels zu erörtern – im Spiegel der Geschichte ihrer vier Kinder. Mit der auch schauspielerisch herausragenden, wandlungsfähigen Annette Dasch als Hauptdarstellerin und ebenso stimmig gewählten Protagonisten für Almas prominente Männer: Mahler, der sie vom weiteren Komponieren abhielt, sowie Gropius, Kokoschka und Werfel. Annelie Sophie Müller als Annas Tochter Anna erwies sich als souveräne Reiseführerin durch dieses revueartig auf die Bühne (Falko Herold baute eine Art Glashaus) gestellte, originelle Zeitraffer in der etwas plakativen Regie von Ruth Brauer-Kvam. Das Volksopernorchester unter dem kurzzeitigen Musikdirektor des Hauses, Omer Meir Wellber, engagierte sich für die mit Mahler- Zitaten gespickte, von tänzerischem Elan geprägte, abwechslungsreich oszillierende Musik mit spielfreudigem Elan. Hin und wieder befragte ich das I Ging, ein chinesisches altes Orakel, wie ich es schaffe, ein neues Buch so zu schreiben, dass es ein Bestseller wird. Neuerdings verwende ich dazu die KI. Aber nun, im Schreiben dieser Kolumne, verfalle ich auf meine alten Rituale. Die Welt ist aus den Fugen und die Kastanien knuspern, die Morchelbutter schmilzt, das Mondkalb schläft und die Igel fressen gehacktes Ei draußen im Garten. In wenigen Stunden wählen die USA ihre Präsidentin oder ihren Präsidenten und unser Parlamentspräsident verspottet die europäische und österreichische Demokratie samt ihren Werten und guten Sitten, karnevalisiert staatstragendes Benehmen zu einer gruseligen Party mit Wiener Erklärungen für eine Freundschaft mit Illiberalen. Die Kröten werden aus der Suppe geholt, Weberknechte gerettet und viele Bäume werden gepflanzt, um eine Begegnungszone auf Augenhöhe möglich zu machen. Das kann nicht vergeblich sein! Das Auto ist auf das Abstellgleis verfrachtet. Die Klimakrise wird aber gern geleugnet. Von Amerika bis nach Wien und rundumadum. Es ist schon oft gewagt worden, eine rosa bis schwarze Zukunft auszumalen. Was geschieht nach der Wahl? Was soll aus uns bloß werden? So nehme ich die Schafgarben in die Hand und werfe das Orakel. Wie lege ich meine Kolumne an, dass sie gut ankommt und zum Zeitpunkt ihres Erscheinens noch gültig ist. Die Schafgarben flitzen über den Tisch und kommen zu liegen, ergeben schwache und starke Linien für das Orakel. Und siehe da, ich verändere die Frage und ersetze Donald Trump durch die kluge Frau: Was geschieht, wenn Kamala Harris an die Macht kommt? Erstaunlicherweise erhalte ich das gleiche Zeichen, egal wer regiert, für das, was uns erwartet: Die Arbeit am Verdorbenen. Es könnte sich vielleicht doch noch einmal lohnen. Die Autorin ist Schriftstellerin. Von Lydia Mischkulnig
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