45 · 7. November 2024 DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 80. Jg. · € 6,– „Die SPÖ braucht einen Victor Adler!“ Der Theologe als „Nazi-Professor“ „Vor ihnen lag die ganze Erde“ Hannes Androsch über die desaströsen Staatsfinanzen, mehr Realitätssinn für die Sozialdemokratie – und Rudolf Fußi. · Seiten 7–8 Gerhard Kittel war glühender Antisemit. Sein „Wörterbuch zum Neuen Testament“ gilt allerdings noch heute als Standardwerk. · Seite 9 John Milton kämpfte mit seinen Worten für die Freiheit des Menschen und gegen die Monarchie. Zum 350. Todestag. · Seiten 17–18 Das Thema der Woche Seiten 2–5 Die Rückkehr des radikalen Populisten Donald Trump ins Weiße Haus markiert für die USA – und die gesamte Welt – eine Zäsur. Über die Ursachen und Folgen (Seiten 6 und 14). Foto: APA / AFP / Jim Watson Foto: APA / AFP / Wojtek Radwanski Die Mutter aller Krisen Die Themen Asyl und Migration entscheiden weltweit Wahlen. Über den neuen rechten Mainstream, das Auseinanderdriften von Recht und Politik sowie Islamismus als reale Gefahr. Im Schatten der US-Wahl wurde Magnus Brunner (ÖVP) nach einer dreistündigen Anhörung als EU-Kommissar für Migration und Inneres bestätigt. Seine Kritiker hielten sich auffällig zurück. In der Komfortzone AUS DEM INHALT Licht auf Luce Mit dem Maskottchen Luce gelang dem Vatikan ein PR-Coup. Das im Mangastil gestaltete Mädchen soll die Jugend ansprechen. Doch es gibt auch Kritik. Seiten 10‒11 Von Brigitte Quint „ Das Umschwenken des Finanzministers in der Schengenfrage ist Opportunismus in Reinkultur. “ he des Budgetdefizits, dessen Ausmaß sich wundersamerweise erst nach der Nationalratswahl offenbarte. Dass sich an dieser Stelle die meisten Fraktionen bedeckt hielten, ist einigermaßen verwunderlich. Hatte doch der deutsche Europaabgeordnete Jan-Christoph Oetjen (FDP) vorab explizit betont, dass der Sinn dieser Befragung jener sei, die Glaubwürdigkeit und die Integrität des Befragten unter Beweis zu stellen. Auch beim Thema Schengen wurde der Kandidat weitestgehend verschont. Billigung von Drittstaatenabkommen Brunner bettete seinen Zugang dazu in eine Erzählung: So sei er in Vorarlberg groß geworden, einem Bundesland, das an Liechtenstein, die Schweiz und Deutschland grenze. Er wisse um die Vorteile offener Grenzen, stünde seit jeher für sie ein. Zumindest die Abgeordneten aus Rumänien und Bulgarien rieben sich an dieser Stelle ungläubig die Augen. Dass diese Staaten bis heute ihre Binnengrenzen auf dem Landweg kontrollieren müssen, liegt vor allem an der Blockade Österreichs – unter Federführung der ÖVP. Brunner versprach, er werde im Falle seiner Bestellung darauf hinarbeiten, dass Österreich seine Haltung Die Zahl an Medienschaffenden in Brüssel, die am Dienstagabend die Anhörung des Kommissionskandidaten für die Themen Asyl und Migration persönlich verfolgten, war überschaubar. Es war freilich die US-Wahl, die alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Magnus Brunner (ÖVP) wiederum dürfte das ganz recht gewesen sein. Der Quereinsteiger in Sachen Migration konnte fast unbemerkt von der Öffentlichkeit darlegen, wie er künftig „die Mutter aller Krisen“ (vgl. Seiten 2 bis 4) zu managen gedenke. Das tat er übrigens vorwiegend auf Deutsch, was viele Beobachter verwunderte. Österreichische Abgeordnete hatten vorab in einem Hintergrundgespräch Brunners exzellente Englischkenntnisse hervorgehoben, die mit ein Grund seien, warum er sich für das Amt eigne. Sie reagierten damit geschlossen gegen die Angriffe der Abgeordneten Petra Steger (FPÖ), die Brunner als Fehlbesetzung par excellence bezeichnete. Tatsächlich war Steger innerhalb des Hearings auch eine der wenigen, die jene Aspekte, für die der amtierende Finanzminister in Österreich gescholten wird, zur Sprache brachten. Etwa die tatsächliche Höüberdenke, verwies auf die Fortschritte, die die Staaten in puncto Grenzüberwachung gemacht hätten. Damit hat er recht. Dennoch ist sein Umschwenken in dieser Frage Opportunismus in Reinkultur. Als Zuhörerin hätte man sich an dieser Stelle etliche kritische Fragen mehr gewünscht. Ja, Brunner wurde in Brüssel mit Samthandschuhen angefasst. Nichtsdestotrotz erhielt man eine Vorstellung, wie die Migrationspolitik der EU unter seiner Leitung aussehen wird: So will er die Implementierung des Migrations- und Asylpakets vorantreiben. Aufhorchen ließ sein Zugang zu Drittstaatenabkommen. Er bezog sich auf jenes, das unlängst Italien mit Albanien abgeschlossen hatte. Auch wenn das aktuelle rechtliche Mängel aufweise und diese behoben werden müssen, so Brunner, hätte der italienische Vorstoß durchaus Vorbildwirkung. In puncto Arbeitsmigration setzt er auf Talente-Programme. Den Kampf gegen Kindesmissbrauch im Netz bezeichnete er als sein Herzensprojekt. Vage gab er sich, als es um die Frage ging, wie er Mitgliedsstaaten bei Nichteinhaltung des Paktes zu sanktionieren gedenke. An letzterem wird er wohl vor allem gemessen werden, wenn Ende November seine Ernennung noch einmal ganz offizell und verbindlich von der Konferenz der Präsidenten bestätigt werden wird. Vielleicht ist der Ausgang der US-Wahl bis dahin verdaut. Andernfalls hätte Trump indirekt dafür gesorgt, dass der designierte EU-Migrationskommissar ohne mediales Kreuzverhör davon gekommen ist. brigitte.quint@furche.at Sonderschule als Abstellgleis? Mit neuen Lehrplänen will das Bildungsministerium Schüler mit Förderbedarf stärker integrieren. Doch das Gegenteil sei der Fall, beklagt die Diakonie. Seite 12 Schaumgebremste Hoffnung Die zu Ende gegangene Weltsynode wird nur dann ein Erfolg, wenn sich Ortsbischöfe zu Vorreitern der Dezentralisierung aufschwingen. Otto Friedrich ist skeptisch. Seite 15 „Blackness“ feiern Das Belvedere zeigt Werke des aus Ghana stammenden Künstlers Amoako Boafo – und stellt sie aus gutem Grund Klimt und Schiele gegenüber. Seite 20 Kampf um das Klima Axel Bojanowski hat ein umstrittenes Buch zur Klimaforschung vorgelegt: Stephan Ruß- Mohl und Helga Kromp-Kolb haben dazu konträre Einschätzungen. Seiten 22–23 @diefurche @diefurche furche.at @diefurche Die Furche Österreichische Post AG, WZ 02Z034113W, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien DIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 Wien Telefon: (01) 512 52 61-0
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