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DIE FURCHE 06.03.2025

DIE FURCHE · 1014

DIE FURCHE · 1014 Diskurs6. März 2025ERKLÄRMIR DEINEWELTIm Wartezimmerdas HerzausschüttenDen gesamten Briefwechselzwischen Johanna Hirzbergerund Hubert Gaisbauer könnenSie auf furche.at bzw. unterdiesem QR-Code nachlesen.Johanna HirzbergerFreie Journalistin undModeratorin, vor allemfür Radio und Podcastbei Ö1 und dem SWR.Vor mir liegt mein schwarzer Hund mit zugekniffenenroten Augen und geschwollenem Gesicht. Esist kurz vor 22 Uhr, wir sind in der Notaufnahmeirgendwo im 23. Bezirk in Wien. Bin ich hysterisch, oderhandle ich richtig? Diese Frage geht mir seit dem Nachhausewegdurch den Kopf. Um ehrlich zu sein, mache ichmich mit dieser Frage selbst verrückt. Jedenfalls nutzeich die Wartezeit, um den Brief an Sie zu schreiben, undirgendwie tut es gut. Ich fühle mich weniger alleingelassen,jetzt wo ich Ihnen mein Herz ausschütte.Da fällt mir etwas ein: Ich hoste jaden Podcast „Richtig und Falsch“, in„ Das Bequeme undSchnelle wird unsnoch auf den Kopffallen, denke ich mirmanchmal, wennmich der Weltschmerzdurchfährt. “dem es um gesellschaftliche Kontroversengeht und wie man im Unterrichtmit diesen umgehen kann. Inder aktuellen Folge behandeln wirdas Thema politische Mündigkeitim digitalen Zeitalter. Es geht darum,was Schülerinnen und Schülerbrauchen, um politisch mündigzu werden oder zu bleiben, angesichtsdigitaler Herausforderungenwie Fake News. Was mir bei der Aufarbeitungbesonders gut gefällt, ist, dass nicht warnendmit dem Finger auf Jugendliche gezeigt wird. Stattdessenfordern die Expertinnen und Experten Erwachsene auf,sich und ihren digitalen Umgang kritisch zu hinterfragen:„Wie viel Zeit verbringen Sie unbewusst am Smartphone?Was kompensieren Sie damit? Welches Verhaltenentspricht einem guten Vorbild?“ Finde ich gut! Ich glaubenämlich, dass junge Menschen häufiger intuitiv einenrichtigen Umgang mit digitalen Inhalten finden. Natürlichverhalten sich nicht alle Jugendlichen immer gut undrichtig – klar, der digitale Umgang ist wie fast jedes VerhaltenTeil der persönlichen Entwicklung. Außerdem istmir bewusst, dass es auch Fälle gibt, in denen gewisse digitalePhänomene (neue) gefährliche Situationen hervorrufen,zum Beispiel Radikalisierung über TikTok.Selbstständiges Denken vergessenAber zurück zu meinem eigentlichen Argument: LorenzPrager, einer der Gesprächspartner vom ZentrumPolis, beobachtete bei sich ein beunruhigendes Verhalten:Überspitzt formuliert vergesse er manchmal zu denken.Mir ist das auch schon öfter in meinem Alltag aufgefallen.Wenn ich zum Beispiel für einenBeitrag wissenschaftliche Texte aufEnglisch lesen muss und wenig Zeithabe, lasse ich sie mir von einer KIübersetzen. Eigentlich mag ich dasgar nicht, aber es ist bequemer undschneller. Das Bequeme und Schnellewird uns noch auf den Kopf fallen,denke ich mir manchmal, wennmich der Weltschmerz durchfährt.Es sei wichtig, selbstständiges Denkenzu üben. Lorenz Prager nenntdiese Fähigkeit Selbstkompetenz.Und so komme ich zurück zu mir, die sich in dem Warteraumder Vet-Klinik hilflos und verloren fühlt. Woherweiß ich, dass ich richtig handle, wenn ich meine Hündinin ein Uber stecke und quer durch Wien jage? Mama anrufen,das war meine erste Intuition. Aber die hebt nicht ab.Aus dem Nebenzimmer höre ich die Ärztinnen über dasRöntgenbild meiner Hündin sprechen. Wahrscheinlichbekommt sie eine Vollnarkose, eine Gastroskopie, undhoffentlich können sie die ein bis zwei Gummibälle mit einemGreifarm aus ihrem Magen holen.Wir dürfen jetzt in den Behandlungsraum. Ich wünscheIhnen alles Gute.Von Markus Marterbauer12. Oktober 2022Für die einen ist er der Gottseibeiuns, anderehalten ihn für den ultimativen Glücksgriffvon SPÖ-Chef Andreas Babler: Der Rang despolarisierendsten Ministers in der neuenDreierkoalition ist Markus Marterbauer wohlnicht mehr zu nehmen. Als Experte sehenihn freilich Kritiker wie Anhänger. Wofür derlangjährige Chefökonom der Arbeiterkammerund Vizepräsident des Fiskalrats steht, hat erin zahlreichen Gastkommentaren formuliert –auch in der FURCHE. Hier sein letzter Text„Teuerung, Angst und eine Politik der Hoffnung“mit Thesen seines jüngsten Buches„Angst und Angstmacherei“ (Zsolnay 2022).Die Teuerungswelle löst Angst aus.Mit Angst wird aber auch Politikgemacht. Die neoliberalenVorschläge für ein degressives Arbeitslosengeld,dessen Höhe mit Dauer derArbeitslosigkeit sinkt, die Behauptungder Unfinanzierbarkeit des Pensionssystems,die Befristung von Mietverträgen,die Debatte über den angeblich zu großzügigen„Vollkasko“- Sozialstaat kontrastierennicht nur mit den täglichenLebens erfahrungen der Menschen. Mitihnen wird den Leuten bewusst Angstgemacht. Dahinter stehen die Interessenjener, die mit billiger Arbeit, Pensionskassen,Zinshäusern und Privatversicherungenviel Geld machen.Zuerst Chefökonom der Arbeiterkammer, nun Finanzminister:Markus Marterbauer ist die umstrittenstePersonalie der neuen Regierung. Was fordert er?Eine Politikder HoffnungEmanzipatorische Wirtschaftspolitikmuss das Gegenteil tun: Sie muss Angstnehmen und Hoffnung machen. In derTeuerungskrise bedeutet das unmittelbar,Armut zu verhindern. Die Einmalzahlungender Bundesregierung helfendabei: 500 Euro Klimabonus sind für eineAlleinerziehende oder einen Arbeitslosenunglaublich viel Geld. Doch es reichtgerade, um für zwei Monate aus der Armutzu kommen. Notwendig sind sozialeNetze mit dauerhaft starken Seilen: einesofortige und markante Erhöhung des Arbeitslosengeldes,der Sozialhilfe, der Mindestpensionund des Unterhaltsvorschusses.Geldleistungen sind im Kampf gegenArmut unverzichtbar. Doch sie beseitigennicht die Ursachen von Armut. Dafür sindArbeitsplätze mit einem Einkommen notwendig,von dem man gut leben kann. MitZugang zu guter Bildung für alle Kinder,nicht nur jene der Bildungseliten. Mit gutenGesundheitsleistungen für alle, ohneZweiklassenmedizin. Mit sozialer Pflegehoher Qualität statt neuerlicher Akzentuierungder Unterschiede zwischen Armund Reich gegen Ende des Lebens. Mitleist barem Wohnen statt Wuchermieten.[...] Eine solidarische Gesellschaft stelltdie Frage „Was ist zu wenig?“ und nimmtdas zum Anlass, die sozialen Untergrenzenzu stärken. Notwendigerweise folgtdarauf die Frage: „Was ist zu viel?“ Füremanzipatorische Politik lautet die Antwort:Obergrenzen beim Vermögen. Erstenskosten ein armutsfester Sozialstaat,bessere Bildung, Pflege, Gesundheit undleistbares Wohnen viel Geld. Das ist durchprogressive Vermögens- und Erbschaftssteuernfinanzierbar, die ein AufkommenFoto: APA / Roland Schlagerin Höhe eines hohen einstelligen Milliardenbetragspro Jahr bringen. [Zweitens]gefährden Milliardäre nicht nur den sozialenZusammenhalt und die Freiheitder vielen, sondern auch die Demokratie.Wenn Reiche politische Parteien und derenWahlkämpfe finanzieren, den Politikernfür später lukrative Jobs versprechen,die Medien besitzen, die uns überPolitik informieren, dann untergräbt dasalles die Fundamente der Demokratie.ÜBER175.000ARTIKELSEMANTISCHVERLINKTVON 1945BIS HEUTEHIER FINDEN SIEALLE TEXTE VONMARTERBAUER:furche.atMedieninhaber, Herausgeberund Verlag:Die Furche – Zeitschriften-Betriebsgesellschaft m. b. H. & Co KGHainburger Straße 33, 1030 Wienwww.furche.atGeschäftsführerin: Nicole Schwarzenbrunner,Prokuristin: Mag. Doris Helmberger-FlecklChefredakteurin: Mag. Doris Helmberger-FlecklRedaktion: Philipp Axmann BA, MMaga. AstridGöttche, Viktoria Kapp BA, Dipl.-Soz. (Univ.)Brigitte Quint (CvD), Magdalena Schwarz MA MSc,Dr. Brigitte Schwens-Harrant, Mag. Till Schönwälder,Dr. Martin Tauss, Astrid Wenz-Theriault MAArtdirector/Layout: Rainer MesserklingerAboservice: +43 1 512 52 61-52aboservice@furche.atJahresabo (inkl. Digital): € 298,–Digitalabo: € 180,–; Uniabo (inkl. Digital): € 120,–Bezugsabmeldung nur schriftlich zum Ende derMindestbezugsdauer bzw. des vereinbartenZeitraums mit vierwöchiger Kündigungsfrist.Anzeigen: Georg Klausinger+43 664 88140777; georg.klausinger@furche.atDruck: DRUCK STYRIA GmbH & Co KG, 8042 GrazOffenlegung gem. § 25 Mediengesetz:www.furche.at/offenlegungAlle Rechte, auch die Übernahme vonBeiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten.Dem Ehrenkodex der österreichischenPresse verpflichtet.Bitte sammeln Sie Altpapier für das Recycling.Produziert nachden Richtlinien desÖsterreichischenUmweltzeichens,Druck Styria,UW-NR. 1417

DIE FURCHE · 106. März 2025Diskurs15Das Medienkapitel des Regierungsprogramms benennt Richtiges und stellt den ORF außer Streit.Wichtiger wäre, eine Abschaffung der Medienfreiheit à la FPÖ verfassungsrechtlich zu verhindern.Medien sichern – um derDemokratie willenMedienpolitik war seit jeherein Stiefkind der österreichischenPolitik. Ein kleinesLand in einem großen Sprachraumfindet für Medienmacherbesondere Verhältnisse vor. Aber die aktuellen,auch globalen Entwicklungen in denBlick nehmen heißt, dass das Thema Medienschleunigst vom Katzentisch der Politik hinaufzu den großen Herausforderungen derZeit zu befördern ist. Ein Blick ins Medienkapiteldes neuen Regierungsübereinkommenszeigt, dass die Wichtigkeit von Medien, die einemfaktenbasierten unabhängigen Journalismusverpflichtet sind, für Demokratie undRechtsstaat klar benannt wird. Das ist schonviel – nimmt man etwa jene Zumutungen, dievon den FPÖ-Verhandlern im Jänner in punctoMedien geäußert und kolportiert wurden. Davonist im nunmehrigen Koalitionspakt zwischenÖVP, SPÖ und Neos keine Rede mehr.Zusammenfassend kann man sagen, dassin diesem Medienkapitel wesentliche Punkteangesprochen werden, vieles bleibt dennochals Absichtserklärung formuliert. Am konkretestenist man noch in Sachen ORF. Dortist ja insofern Feuer am Dach, als der Verfassungsgerichtshof(VfGH) dem Gesetzgebernur noch bis Ende März Zeit gegeben hat, umdie zu starke politische Schlagseite bei der Besetzungder ORF-Gremien zu reparieren.Auf dem Weg zur MinimalreformLaut Regierungsprogramm soll nun die Zahlder von der Regierung entsandten Stiftungsrätevon neun auf sechs verringert werden, dafürsoll der Publikumsrat mehr Stiftungsräteentsenden. Das alles soll schon vor dem Sommerschlagend werden. Interessant auch, dassdie Landeshauptleute bei der Bestellung derORF-Landesdirektoren kein Mitspracherechtmehr haben sollen. Ob diese Maßnahme demnotorischen Landeshauptmann-TV, zu dem dieRegionalinformation des ORF verkommt, Einhaltgebietet? All das ist vermutlich nur eineMinimalreform, um die Vorgaben des VfGH geradezu erfüllen. Dafür soll der ORF weiter zumSparen gezwungen werden, indem die Haushaltsabgabebis 2029 nicht erhöht wird. Zusätzlichfinden sich im RegierungsprogrammSchlagworte wie „Bürger- und Publikumsbeteiligung“oder „Schlanker ORF mit besterQualität“, die durchaus Richtiges anmerken –die politische Konkretion fehlt dabei jedoch.Unter der Überschrift „Kampf gegen FakeNews und Desinformation“ kündigt das Regierungsprogrammkostenlose Medienabos (viaApp) für Schüler und Lehrlinge an. Auch dasist konkreter als die im Weiteren angeführteStärkung der „Medienkompetenz in Bildungseinrichtungen“.Ähnlich allgemein sinddie Überlegungen zur Transparenz bei Regierungsinseraten.Immerhin sollen die Budgetansätzedafür um zehn Prozent gesenkt werden.ZEIT-WEISEVon Otto Friedrich„ Auf Basis dergeleakten FPÖ-ÖVP-Protokolle müsste einewehrhafte Demokratieihre Verfassunggestalten.“Bei der Medienförderung werden die bisherigenAnsätze weitergeführt, konkret geht es umden „Fokus auf Qualitätsjournalismus, Treffsicherheit,Zukunftsfähigkeit und Medienvielfalt“.Dabei wird als „Grundvoraussetzung“ dieEntwicklung eines „Redaktionsstatuts“ für zufördernde Medien angestrebt. Außerdem solldie „nachhaltige wirtschaftliche Überlebensfähigkeitdes Medienunternehmens“ gesichertsein und Start-ups gefördert werden.Der Tenor des Medienkapitels zeigt, dass dieKoalitionsverhandler verstanden haben, wiewichtig Medien gerade für ein kleines Landsind – auch und gerade um der Demokratie willen.Insbesondere, dass der ORF außer Streit gestelltwird, ist positiv zu vermerken. Allerdingsfehlt die Konsequenz, die man aus den eben gemachtenErfahrungen eigentlich ziehen müsste.Denn die Zumutungen, welche die FPÖ, diedamit ja Gott sei Dank gescheitert ist, den Medienangedeihen lassen wollte, waren schon blankeHorrorvorstellungen. Und internationaleErfahrungen – von der Slowakei, wo der öffentlich-rechtlicheRundfunk von der linkspopulistischenRegierung binnen Jahresfrist zertrümmertwurde, bis zu den USA, wo seit dem20. Jänner kein demokratischer Stein auf demanderen bleibt – zeigen erst recht, was geradein Bezug auf die Medien alles möglich ist.Verfassungskonvent für die DemokratieEigentlich bedürfte es dringend und schnelleiner engagierten Debatte darüber, wie demokratischeGrundfunktionen – dazu gehörenMedienqualität und Medienfreiheit – vor allzuschnellen Zugriffen von Demokratie feindenwie den Rechtspopulisten zu schützen wären.Das bedeutet, dass man die grundlegendenRahmenbedingungen für Medien auch verfassungsmäßigabsichern müsste – nicht zuletztin Bezug auf den ORF. Das müsste auch Finanzierungsfragenbetreffen, denn man kann –auch dafür liegen Beispiele auf der Hand – Medienübers Geld an die Kandare nehmen. Es istgewiss eine Gratwanderung, die Verfassungnicht mit zu vielen Details überzustrapazieren.Aber man könnte die geleakten FPÖ-ÖVP-Verhandlungsprotokolle hernehmen und sehen,was die FPÖ da so alles anzustellen versuchte.Und daraus müsste eine wehrhafteDemokratie lernen, auch ihre Verfassung sozu gestalten, dass einer Abschaffung ebendieserDemokratie mittels einfacher Parlamentsmehrheitenein Riegel vorgeschoben werdenkann. Eigentlich müsste die neue Koalition, diemit den Grünen gemeinsam eine Verfassungsmehrheitim Nationalrat hat, schleunigst einenVerfassungskonvent einberufen, um diese Demokratiesicherungzu gewährleisten. Das wärenicht nur im Medienbereich mehr als dringlich.Der Autor war bis April 2024stv. Chefredakteur der FURCHE.ZUGESPITZTMikroben andie Macht!Es war einmal eine Affenart, diehatte weniger Haare, aber mehrIntelligenz als andere Affen. Sie bezeichnetesich selbst als „wissend“(sapiens) und schaffte es vomSavannenläufer zum Megacity-Bewohner, der sich bei elektronischerAffenmusik vergnügt. Unddas in kurzer Zeit: Das Projekt ihrerZivilisation begann mit Ende derletzten Eiszeit vor circa 12.000 Jahren.Voraussetzung waren moderateund feuchte Klimabedingungen,die dem Gedeihen der Affen zuträglichwaren. Heute ist diese Speziesso weit, selbstlernende Maschinenzu erschaffen und von der Besiedelungdes Mars zu träumen. Ihre Intelligenzermöglicht es auch, eineKlimakrise vorherzusehen, die ihreZivilisation erschüttern könnte. DieAffen wissen: Um die Bedrohungabzuwenden, braucht es gruppenübergreifendeKooperation. Stattdessenführen sie Krieg und rüstenauf. Das Problem dahinter: Wirddas Gehirn einiger weniger, abermächtiger Individuen vom RevierundGrößenwahn zerfressen, kanndas ganze Populationen in denAbgrund führen. Gut möglich, dassGaia (die Selbstregulation desPlaneten) den nächsten Regierungsbildungsauftragan andere Speziesvergibt. Heiße Tipps: die sexaffinenBonobos oder die klimaresistenten –und ganz gehirnlosen – Mikroben.Martin TaussPORTRÄTIERTVersierte Juristin und FeministinDass die bisher in der Öffentlichkeit kaum bekannteAnna Sporrer zur neuen Justizministerinavancierte, ist eine der großen Überraschungendieser Regierung. An Expertise und Erfahrung fehltes der promovierten Juristin jedenfalls nicht. So war dieNieder österreicherin in den letzten elf Jahren als Vizepräsidentindes Verwaltungsgerichtshofs eine der mächtigstenRichterinnen des Landes. Ihr Wechsel ins Justizressortpasst insofern gut in ihre bisherige beruflicheLaufbahn. Die 62-Jährige diente bereits in den 1990ernim Kabinett der damaligen Frauenministerin HelgaKonrad (SPÖ) und war Vorsitzende der Gleichbehandlungskommission.Danach ging es für Sporrer weiter inden Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts. NachdemSporrer 2008 die Ausbildung zur Rechtsanwältinabgeschlossen hatte, folgte die Rückkehr ins Bundeskanzleramtals Kabinettschefin von FrauenministerinGabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Parteiunabhängig – wievielfach gefordert – ist die neue Justizministerin alsonicht. Der langjährige Verwaltungsgerichtshofspräsidentund Übergangsjustizminister unter BundeskanzlerinBrigitte Bierlein, Clemens Jabloner, hatte freilich imFURCHE- Interview betont, dass das eigentlich Entscheidendesei, ob „die Ministerin eine integre, selbstsicherePerson ist, die sich nicht einspannen lässt“ (vgl.FURCHE Nr. 7, Seiten 6–7). Mit Blick auf diese Anforderunggibt Sporrers Lebenslauf Grund für Zuversicht.Neu wird für sie sein, dass die Frage nach einerBundesstaatsanwaltschaft nun als Kollegialorgangeregelt ist. Bestellt wird aber nicht, wie von Expertenvorgeschlagen, aus der Justiz heraus, sondern durcheine Kommission des Parlaments.Was die Juristin jedenfalls auszeichnet, ist ihrEinsatz für Frauenrechte und Gleichberechtigung.Im Podcast „Frauenfunk“ beschreibt Sporrer Feminismusals ihre „Lebensgrundhaltung“. Zudem war sie dieösterreichische Rechtsverständige der EuropäischenKommission über die Implementierung der Gleichbehandlungsrichtlinienin den Mitgliedsstaaten. An derMed-Uni Wien war Sporrer bis zuletzt Vorsitzende derSchiedskommission, und seit 2015 hält sie an der UniversitätWien die Lehrveranstaltung „Gender, Law andSocial Policy in the European Union“ – Themen, diesich wie ein roter Faden durch ihre bisherige Karriereziehen und wohl auch bei ihrer neuen Aufgabe eineRolle spielen dürften. (Tabea Mausz)Foto: APA / Roland SchlagerAnna Sporrer warbislang eher imHintergrund tätig.Als Justizministerinrückt die SPÖ-Politikerin nun indie erste Reihe vor.

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