40 · 5. Oktober 2023 DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 79. Jg. · € 6,– Sich von den Eltern lösen Die emotionale Abnabelung von den eigenen Eltern ist ein schwieriger Prozess. Wie er gelingt, beleuchtet ein neues Buch. · Seiten 12–13 „BURGERlich“ Das nachhaltige Füllhorn Keine Rede von Rettung Zum umstrittenen Kanzler-Video, in dem Karl Nehammer über Kinderarmut, Arbeitslosigkeit und Teilzeitjobs spricht. · Seiten 8, 14 & 24 Warum Fortschritt anders interpretiert werden muss: Ein Plädoyer für ein neues Leitbild der Großzügigkeit von Fred Luks · Seite 9 Margarethe von Trotta erzählt in „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“ über den Bruch von deren Beziehung mit Max Frisch. · Seite 17 Das Thema der Woche Seiten 2–4 Die Erwartungen an junge Frauen haben sich verändert. Der Weg zur Teilhabe ist dennoch steinig. Warum es sich lohnt, ihn schon früh zu bestreiten. Mädchen an die Macht Illustration: iStock/Svetlana Apukhtina (Bildbearbeitung: Rainer Messerklinger) „Irgendwann schießen wir auf Flüchtlinge“ Die preisgekrönte Regisseurin Agnieszka Holland über die moralische Zukunft Europas, die Welt an der Wegscheide, niedere Instinkte, die faktische Zerstörung des Nahen Ostens durch den Westen und ihren Film „Green Border“, der in Polen eines der Wahlkampfthemen ist. Seite 6 Foto: Getty Images / Vittorio Zunino Celotto Die Rufe nach Reformen in der katholischen Kirche sind übergroß. Desgleichen die Probleme, die anzugehen – und zu lösen sind. Anmerkungen am Vorabend der Weltsynode in Rom. Franziskus setzt Marken Von Otto Friedrich „ Dass sich die katholische Kirche in eine Sackgasse verrannt hat, ist auch vielen ihrer Mitglieder klar. “ systems durchs I. Vatikanum in eine Sackgasse verrannt hat, ist auch vielen ihrer Mitglieder längst klar. Aber lässt sich der damit einhergehende Totalitarismus von innen her reformieren? Das ist eine der großen Fragen, die am Vorabend der Weltsynode über den mehr als 450 Synodalen schweben. Dieser Tage wurde auch bekannt, dass einmal mehr eine erzkonservative Kardinalsfraktion dem Papst „Dubia – Zweifel“ zu einigen heißen Eisen übermittelt hatte, in denen Klarheit zu heißen Eisen wie der Segnung von Homosexuellen oder der Frage der Frauenordination gefordert wurde. Diese Herren wollten einmal mehr hören, dass alles klar und eindeutig geregelt sei: Es gebe es so etwas wie eine eindeutige unveränderliche katholische Lehre. Spielräume werden erweitert Völlig unüblich, dass nun auch die Antworten des Papstes auf diese Vorhalte veröffentlicht wurden, die darauf hinausliefen, dass Franziskus die traditionellen Lehren bekräftigte, diese aber an Auslegungen koppelte, die sehr wohl weiterentwickelt werden könnten. Zu den Segnungen verwies Franziskus auch auf die pastorale Verantwortung von Seelsorgern im Einzelfall. Und Der 4. Oktober 2023 markiert Entscheidendes im Pontifikat von Franziskus. Mit dem Beginn der ersten von zwei Sessionen der Weltsynode sollen breitere und nachhaltigere Beteiligungsformen, die Kirche global wie regional zu führen, entwickelt werden. Erstmals können nicht nur Bischöfe, sondern – obwohl in klarer Minderzahl – auch Laiinnen und Laien an solch einer Synode stimmberechtigt teilnehmen. Franziskus bestellt das Feld, das er seiner Kirche hinterlassen will: Letztes Wochenende kreierte er neue Kardinäle, zurzeit 136 Purpurträger sind die höchste Zahl jener, die an einer Papstwahl teilnehmen können – mehr als zwei Drittel davon hat Franziskus ernannt. Am 4. Oktober veröffentlichte der Papst auch das Mahnschreiben Laudate Deum, mit dem er seine Ökologie-Enzyklika Laudato Si’ aus 2015 fortschreibt, das säkular meistrezipierte Dokument des Pontifikats. Die Marken, die dieser Papst mit 86 setzt, sind beeindruckend. Und trotzdem gleichen auch seine Versuche, die katholische Kirche neu auf den Weg zubringen, einer Quadratur des Kreises: Dass diese Kirche sich im 19. Jahrhundert mit der Installation eines völlig monokratischen Herrschaftsbei der Frauenordination bekräftigte er das diesbezügliche Verbot von Johannes Paul II., wies aber gleichzeitig darauf hin, dass dieses kein Dogma sei und dass man die Frage dennoch weiter untersuchen könne. Natürlich waren die zweifelnden Kardinäle mit dieser Antwort nicht zufrieden, aber das Gros der Gläubigen dürfte aufatmen über die Spielräume, die der Papst damit erweitert hat. Das bedeutet nicht, dass das Unternehmen Weltsynode einfacher wird. Um bei der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zu bleiben: Während hierzulande selbige ja längst praktiziert und geduldet wird, schaut das in afrikanischen Ländern, wo etwa die Todesstrafe für homosexuelle Handlungen droht, ganz anders aus. Die anglikanische Weltgemeinschaft zerreißt es zurzeit genau wegen dieser Frage . Derartige Konflikte werden auch in der katholischen Kirche schlagend. Die Weltsyn - ode ist da ein Versuch, die diesbezüglichen Aushandlungsprozesse zu strukturieren. Dass dabei – vom Papst abwärts – immer wieder vor „zuviel Demokratie“ gewarnt wird, zeigt, wie sehr trotz allem Veränderungswillen die Angst der Aufgabe althergebrachter Macht mit Händen zu greifen ist. Vielleicht hilft der Blick zu synodal verfassten Kirchen. Der lutherische Altbischof Michael Bünker zeigte da in der letztwöchigen FURCHE, dass evangelische Synoden geistliche Prozesse sind, die gemeinsame Entscheidungsfindung (also „demokratische“ Elemente) integrieren können. Man wünscht sich, dass solches auch im katholischen Kosmos zu greifen beginnt. otto.friedrich@furche.at AUS DEM INHALT „Jetzt erst recht!“ Am 8. Oktober wird in Bayern gewählt. Prognostiziert wird ein Rechtsruck – Hubert Aiwangers Flugblatt-Affäre zum Trotz. Warum in einer innovativen Region die Angst vor dem Fortschritt umgeht. Seite 5 Wenn Kinder verschwinden In Österreich sind tausende unbegleitete Minderjährige ohne Obsorge. Sozialanthropologin Lisa Wolfsegger spricht im Interview über die Folgen. Seite 10 Glauben zwischen Null und Eins Theologe und Ethiker Ulrich H. J. Körtner ordnet die Möglichkeiten und Grenzen Künstlicher Intelligenz für Religion und Seelsorge ein. Seite 11 Die Nacht der Erkenntnis Vor genau 100 Jahren änderte sich unser Bild vom Universum: Der Astronom Edwin Hubble entdeckte, dass es andere Galaxien außerhalb der Milchstraße gibt. Seite 22 Studieren mit der Rekordinflation Im Haushalt der Universitäten klafft für 2024 eine große Lücke, die Studierenden leiden unter der Teuerung. Ein Ausblick zum Semesterstart. Seite 23 furche.at Österreichische Post AG, WZ 02Z034113W, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien DIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 Wien Telefon: (01) 512 52 61-0
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