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DIE FURCHE 05.09.2024

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DIE FURCHE · 36 6 Politik 5. September 2024 Von Tobias Müller Im September kommt das neue europäische Parlament erstmals nach der Sommerpause in Straßburg zusammen. Eine der wesentlichen Neuerungen wird die kürzlich gegründete Rechtsaußen-Fraktion Patriots for Europe sein: mit 84 Abgeordneten ist sie hinter den Konservativen (EVP) und Sozialdemokraten (SPE) die drittstärkste Fraktion und überflügelt damit die liberale Fraktion Renew Europe. Im Vorfeld der Wahlen war über eine Bündelung rechter Kräfte spekuliert worden, um deren Einfluss im Parlament zu verstärken. Dieser Plan wird nun zumindest in Teilen umgesetzt, denn Patriots for Europe verbindet Parteien, die zuvor vier verschiedenen Fraktionen angehörten. Der Großteil der Abgeordneten war Mitglied der rechtsextremen Identität und Demokratie (ID) – die deutsche AfD war vor der EU-Wahl aus diesem Bündnis ausgeschieden (worden). Die neue Initiative ging freilich auf eine bemerkenswerte Troika zurück: die ungarische Fidesz, eine EVP-Dissidentin, die dort 2021 ausschied, die tschechische ANO, hervorgegangen aus der populistischen Initiative Akce nespokojených občanů (Aktion unzufriedener Bürger), die bis Juni Teil von Renew Europe war, und der FPÖ. Green Deal soll verändert werden Im vergangenen Juni war diese vom ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, seinem früheren tschechischen Amtskollegen Andrej Babiš und FPÖ-Chef Herbert Kickl in Wien vorgestellt worden. Deutlich war dabei, dass diese bemerkenswerte Allianz auf Expansion ausgerichtet ist. Kickl nannte Patriots for Europe „eine Trägerrakete“. Orbán erklärte, man wolle zur „größten Fraktion der rechtsgerichteten Kräfte Europas“ werden. Bislang waren dies die Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), die vor den Wahlen näher an die christdemokratisch dominierte EVP herangerückt waren. Ihre prägende Figur ist Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Neben der strategischen Ausrichtung gab die Veranstaltung in Wien auch Aufschluss über die inhaltlichen Schwerpunkte. Neben dem Anspruch, nationalstaatliche Souveränität gegenüber Europa bewahren und die weitere politische Integration der EU verhindern zu wollen, standen auch zwei Themen im Fokus, die Babiš als Gründe für den ANO-Abschied aus dem liberalen Camp nannte: „Illegale Migration bekämpfen und den Green Deal verändern“ – sprich: Klimaschutz-Maßnahmen rückgängig machen KLARTEXT Kämpfen für die Demokratie Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen zeigen ein verstörendes Bild: den Aufstieg der Extremen, gekrönt in Thüringen durch den Wahlsieg der vom Verfassungsschutz als „erwiesen rechtsextrem“ eingestuften Landespartei AfD. Gleichzeitig zeigen dieselben Wahlen auch ein beruhigendes Bild: Alle anderen Parteien haben eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. Ähnlich wie zuletzt in Frankreich, wurde hier ein cordon sanitaire etabliert, um zu verhindern, dass die Rechtsextremen Regierungsmacht erlangen. Ganz anders in Österreich. Obwohl die FPÖ in ihrem Wahlprogramm offen für „Remigration“ sowie für andere menschenrechtswidrige Inhalte eintritt, wird sie nicht von allen Parteien als Koalitionspartner ausgeschlossen. Es geht nicht um einzelne Personen (wie Kickl), sondern um Inhalte, die demokratiepolitisch inakzeptabel sind. Diese Inhalte müssen aktiv bekämpft werden. Aber dazu fehlt die Bereitschaft. Der Sieg der Freiheitlichen scheint bereits fix; kaum jemand glaubt noch an eine Wende. Die von Viktor Orbán und der FPÖ initiierte Allianz Patriots for Europe ist nun die drittstärkste Fraktion im EU-Parlament. Herbert Kickl vergleicht das Bündnis mit einer „Trägerrakete“. Der Traum vom rechten Schulterschluss Von Julia Mourão Permoser Ohne Kampfeslust entsteht aber keine Wende. Als der von Kamala Harris ernannte Vize-Kandidat, Tim Walz, beim Parteitag der Demokraten auftrat, begeisterte er die Menschenmenge mit einer kraftvollen, motivierenden Rede. Er habe wenig Erfahrung mit politische Reden, sagte Walz, aber er sei lange Fußballcoach gewesen – und wisse genau, was man tun muss, um ein wichtiges Ziel zu erreichen: Schritt für Schritt, Tag für Tag, unermüdlich muss man daran arbeiten. Kennen Sie eine unentschlossene Person? Rufen Sie sie an! Es geht um jeden Einzelnen. Wahlkampf ist ein eben ein Kampf. Da wie dort ist es nicht nur ein Kampf zwischen Parteien, sondern vor allem ein Kampf für die Demokratie und gegen die Rechtslosigkeit. Und diesen Kampf gilt es unbedingt zu gewinnen. Die Autorin ist Professorin für Migration und Integration an der Donau Universität Krems. Wiener Treffen ANO-Vorsitzender Andrej Babiš, Herbert Kickl (FPÖ) und Ungarns Viktor Orbán beim FPÖ-Medientermin in Wien. oder abschwächen. Formuliert sind diese Vorgaben so, dass sie für eine möglichst breite Gruppe an Parteien anschlussfähig sind – von konservativer, bürgerlich-rechter Signatur bis hin zu populistischen und extremen Rechten. Von der rabiaten Rhetorik über EU-Austritte, mit der Marine Le Pen vom damaligen Front National (FN) und Geert Wilders (Partij voor de Vrijheid, PVV) die rechtsradikalen Parteien des EU- Parlaments zu einer identitären Fraktion schmiedeten, ist wenig übrig. Dass die heutige „für Europa“ im Namen führt, klingt um einiges moderater – auch wenn damit wohl eher das neu-rechte Konzept eines „Europas der Vaterländer“ gemeint ist. Diese inhaltliche Klammer ist die Startrampe der Kicklschen Trägerrakete. Anfang Juli sollte sie abheben: zunächst schloss sich die portugiesische Partei Chega an, dann die spanische Vox, die bislang wie Melonis Fratelli d´Italia zur EKR-Fraktion gehörte. Der Vox-Beitritt war daher ein strategischer Erfolg, denn Kern der angestrebten rechten Supergroup ist eine Verschmelzung von früheren ID- und EKR-Mitgliedern, die nach Möglichkeit auch für konservative EVP- Parteien kompatibel ist. Es folgten die niederländische PVV, die seit Juli in Den Haag an der Spitze einer Rechts-Regierung steht, und der belgische Vlaams Belang (VB). Beide waren feste Mitglieder der identitären Rechtsaußen-Fraktion ID. Damit erfüllen die Patriots for Europe das Mindestkriterium einer Fraktion, die Parteien aus sieben Mitgliedsstaaten vertreten muss. „ Die Ausführungen zum kulturellen Erbe sprechen überzeugte Identitäre an, aber auch Bürgerinnen und Bürger, die schlicht mit Überfremdungsängsten zu kämpfen haben. “ Foto: APA / Tobias Steinmaurer Lesen Sie den Gastkommentar des Menschenrechtsexperten Manfred Nowak (30.5.2019) „Wie viel Rechtsruck verträgt Europa?“ auf furche.at. Mit an Bord des patriotischen Boots sind inzwischen auch die Dansk Folkeparti (DF), die lettische Latvija pirmajā vietā (LPV), Foni Logikis aus Griechenland und das tschechische Bündnis Přísaha a Motoristé. Schließlich traten die italienische Lega sowie der Rassemblement National ebenso bei. Bei einer offiziellen Gründungsveranstaltung im Brüsseler EU-Parlament wurde RN-Chef Jordan Bardella einen Tag nach seiner Wahlniederlage in Frankreich zum Präsidenten gewählt. Mit 30 Abgeordneten stellt der RN das größte Kontingent der Fraktion dar. Das Gründungsmanifest dreht sich vor allem darum, nationalstaatliche Souveränität von einer EU zurückzugewinnen, die sich „gegen die Europäer gewendet“ habe. Es raunt in der Einleitung komplott-affin von „Institutionen, die den Europäern zum großen Teil unbekannt und weit von ihnen entfernt“ seien und im Verband mit „mächtigen globalistischen Kräften“ die europäischen Nationen durch einen „Zentral-Staat“ ersetzen wollten. Demgegenüber stellt man das eigene Modell eines harmonischen Europas der Nationen, das seine Grenzen, „kulturelle Identität“ sowie das „griechische-römische und jüdisch-christliche Erbe“ schützt. Unklare Aussage zum Krieg in der Ukraine Auch hier zeigt sich wieder der Ansatz, der offenbar einer möglichst breiten Zielgruppe gerecht werden will. Das Verhältnis zur EU wird so skizziert, dass sich Alt-Right-Extremisten ebenfalls darin wiederfinden können wie bürgerliche Rechte und konservative Nationalstaats-Anhänger. Die Ausführungen zum kulturellen Erbe sprechen überzeugte Identitäre an, aber auch Bürger mit diffusen Überfremdungsängsten ohne tieferen politischen Hintergrund. Naheliegende Themen, die zum inhaltlichen Amalgam der Patriots for Europe werden können, sind zudem Familie, Gender- oder Agrarpolitik. Keine konkrete Aussage macht das Manifest zum Ukraine-Krieg. Das Bekenntnis „den Frieden dem Krieg vorzuziehen“, das Veto-Recht jeder Nation zu respektieren sowie zu „Diplomatie als essentiellem Element der Souveränität“ weisen in diese Richtung, ohne allerdings konkret zu werden. In gewisser Weise steckt man damit allerdings den Rahmen für Orbáns selbsterklärte „Friedensmission“ ab, die er unmittelbar antrat, nachdem im Juli die europäische Ratspräsidentschaft auf Ungarn übergegangen war. Was bedeutet dies nun für die künftigen Verhältnisse im europäischen Parlament? Mit Patriots for Europe ist die Idee einer vereinten Rechts-Fraktion jedenfalls einen großen Schritt voran gekommen – wenn auch weniger weit, als manche sich das erhofft hatten. Dass etwa Marine Le Pen Giorgia Meloni im Vorfeld der EU-Wahlen Avancen für eine gemeinsame Fraktion machte, die dann die zweitstärkste des Parlaments sein könnte, zeigt das Potenzial einer solchen Dynamik. Meloni setzt ihrerseits zwar weiterhin auf ihre EKR-Fraktion und deren Annäherung an die EVP, doch womöglich ist dieser Schritt nur aufgeschoben. Ein neues Momentum könnte er dadurch bekommen, dass sich Meloni bei der Vergabe der EU- Spitzenjobs im Sommer ausgeschlossen fühlte und die Prozesse europäischer Entscheidungsfindung daraufhin als „Oligarchie“ beschimpfte. Die Absprache der übrigen Fraktionen, die Patrioten von den nun zu vergebenden Posten im neuen Parlament – wie etwa Vorsitzende einzelner Kommissionen – fernzuhalten, könnte dem neue Nahrung geben.

DIE FURCHE · 36 5. September 2024 International 7 Im Zuge des Nahost-Konflikts zeigt sich, dass mit der Kontrolle von Territorium auch die Kontrolle des kultur-historischen Erbes der Palästinenser einhergeht. Institutionen, Häuser oder Schriftstücke werden enteignet oder beschlagnahmt. Ein Besuch in Ostjerusalem. Die verschwundene Bibliothek Von Elias Feroz Der Tempelberg in Jerusalem – auch als al- Haram al-Scharif bekannt – ist für Juden wie auch für Muslime (und Christen) ein bedeutender Ort. Zum einen befindet sich dort die Al-Aksa-Moschee, die drittwichtigste Moschee im Islam; zum anderen war dies auch der Standort der beiden jüdischen Tempel, wobei der zweite Tempel im Jahr 70 n. Chr. von den Römern zerstört wurde. Während der Krieg in Gaza weiterhin andauert, nehmen die Spannungen auch in Jerusalem zu. Israels rechtsextremer Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, behauptete erst kürzlich, dass er anstelle der Al- Aksa-Moschee eine Synagoge errichten würde, wenn er könnte – und schüttete damit erneut Öl ins Feuer. Doch dieser Drang nach mehr Einfluss und Kontrolle beschränkt sich nicht nur auf Gebiete, sondern auch auf das historisch-kulturelle Erbe. Scharia-Gerichtshof Das zeigt sich etwa im Falle der Khalidi-Bibliothek, die nur wenige Gehminuten von der Al-Aksa-Moschee entfernt liegt und im Jahr 1900 von Haj Raghib al- Khalidi gegründet wurde. Mittlerweile ist sie ein Teil der religiösen Stiftung (Arabisch: Waqf) der Khalidi-Familie. Die Bibliothek, die auch „Khalidiyya“ genannt wird, enthält die größte private Sammlung arabischer Manuskripte in Jerusalem. Am 27. Juni brachen rund ein Dutzend israelische Siedler – geschützt von schwerbewaffneten israelischen Polizisten – gewaltsam in ein jahrhundertealtes Haus ein, das zum Komplex der Khalidi-Bibliothek in der Bab al-Silsila-Straße in der Altstadt von Jerusalem gehört. Der aktuelle Verwalter der Khalidi-Bibliothek, Raja Khalidi, ein Enkel des Bibliothekgründers, sagt im Gespräch mit der FURCHE, dass die Siedlergewalt seit dem 7. Oktober auch in der Altstadt drastisch zugenommen habe. Die Siedler werden zudem meistens, wie auch in diesem Fall, von israelischen Sicherheitskräften geschützt. An jenem Tag, an dem das Haus des Khalidi-Komplexes gestürmt wurde, wären zwei Mitglieder der Familie Khalidi beinahe verhaftet worden, weil sie sich gegen die Besetzung des Gebäudes von Seiten der Siedler weigerten, so Raja. Der rechtliche Streit der palästinensischen Familie mit israelischen Bewohnern begann jedoch nicht erst vor Kurzem, sondern liegt Jahre zurück: Er eskalierte mit der israelischen Besetzung Ostjerusalems im Zuge des Sechstagekriegs im Jahr 1967. Seitdem sind dort arabisch-palästinensische Institutionen und Häuser stark von Enteignung und Beschlagnahmungen bedroht. Im Jahr 1968, nur wenige Monate, nachdem es der israelischen Armee gelang, Ostjerusalem zu besetzen, konfiszierte sie ein Gebäude östlich des Bibliothekhofs, welches ebenfalls Teil des Khalidi-Komplexes ist. Später wurde das beschlagnahmte Grundstück in eine Jeschiwa (eine Schule, die sich dem Talmudstudium widmet) umgewandelt, unschwer zu erkennen durch eine israelische Flagge, die dort hängt und unmissverständlich den Anspruch kennzeichnet. Unter diesen historischen Entwicklungen und den jüngsten Geschehnissen der Gegenwart scheint ein normales Nachbarschaftsverhältnis zwischen Palästinensern und Israelis in der Altstadt unmöglich, wie Khalidi erläutert: „Man versucht, sich die meiste Zeit aus dem Weg zu gehen, aber es ist natürlich schwierig. Unser Raum wird mehr und mehr eingegrenzt, während die Israelis ihren Raum ständig erweitern.“ Dies führte auch zu Schwierigkeiten und langwierigen Gerichtsverfahren, als vor wenigen Jahren Restaurierungsarbeiten am Bibliotheksgebäude geplant waren. Allerdings entschied das israelische Gericht letztendlich zugunsten der Familie Khalidi, weshalb die Bau- und Restaurierungsarbeiten genehmigt wurden. Ein wichtiger Schritt zur Erhaltung des palästinensischhistorischen Erbes. Auch im aktuellen Rechtsstreitverfahren zeigt sich Raja Khalidi optimistisch. Gebäude, die einem Waqf (also einer religiösen islamischen Stiftung) angehören, könne man nicht einfach konfiszieren, da die „Scharia-Gerichte“ für Waqf-Angelegenheiten zuständig sind. Die Scharia-Gerichte stammten bereits aus der Zeit des Osmanischen Reichs, wobei auch der Staat Israel diese anerkennt. Die Befugnisse dieser Gerichte beschränken sich hierbei allerdings ausschließlich auf familiäre und persönliche Angelegenheiten von Muslimen, wobei die Richter (Arabisch: Qadi) von der Knesset, also vom israelischen Parlament, ernannt werden. „Die Siedler können Waqf-Eigentum nicht einfach übernehmen. Deshalb behaupteten sie, dass es sich bei dem Gebäude um Privateigentum handele, welches sie legal erworben hätten, und fälschten sogar Dokumente, um den vermeintlichen Erwerb des Grundstücks zu belegen“, erklärt Raja im Interview. Gefälschte Dokumente Einen Tag nach der Besetzung des Grundstücks reichte die Familie einen dringenden Antrag an das israelische Amtsgericht ein, der die Siedler verpflichten würde, das Waqf-Eigentum zu verlassen. Das Gericht erließ daraufhin eine vorläufige Anordnung, die Siedler sofort zu räumen, wobei der Familie Khalidi erlaubt wurde, das Schloss auszutauschen. Am 30. Juni fand die Gerichtsverhandlung statt, wobei das Amtsgericht erneut zugunsten der Khalidi-Familie urteilte. Die von der Familie vorgelegten Dokumente konnten eindeutig belegen, dass das Eigentum zum Waqf von Shaykh Foto: Elias Feroz Der Eingang zur Khalidi-Bibliothek, die nur wenige Gehminuten von der Al-Aksa-Moschee entfernt liegt und im Jahr 1900 von Haj Raghib al-Khalidi gegründet wurde. Muhammad Ali al-Khalidi gehört (einem Vorfahren Raja Khalidis, der 1865 starb). Daraufhin bestätigte das Gericht den Antrag auf Räumungsanordnung erneut und erlaubte den rechtmäßigen Verwaltern des Gebäudekomplexes, das Grundstück zu betreten und es nach Belieben zu nutzen. Nun möchte die Familie die Siedler auf Schadenersatz und Urkundenfälschung verklagen. „In der Vergangenheit gab es viele Versuche, an unser Eigentum zu gelangen. Man bot uns auch schon sechs Millionen US-Dollar für das „ Vergangenen Juni brachen rund ein Dutzend Siedler in das Jahrhunderte alte Haus ein und wurden dabei von schwerbewaffneten israelischen Polizisten geschützt. “ Kein Abo? Jetzt DIE FURCHE 4 Wochen gratis lesen • frisch gedruckt vor die Haustür • online inkl. E-Paper für unterwegs • alle Artikel seit 1945 im FURCHE-Navigator Hier anmelden furche.at/abo/gratis +43 1 512 52 61 -52 aboservice@furche.at Grundstück an, aber unsere Familie lehnte immer ab. Nun versucht man es mit gefälschten Dokumenten“, erzählt Raja. Neben der Bibliothek in Jerusalem gründete sein Großvater Haj Raghib auch eine Bibliothek in Jaffa. Das Grundstück wurde jedoch nach der Gründung des Staates Israels vollständig von den israelischen Behörden konfisziert. Was aus der Büchersammlung wurde, weiß die Familie bis heute nicht. Ein Dokumentationsfilm des israelisch-niederländischen Filmemachers Benny Brunner mit dem Titel „The Great Book Robbery“ aus dem Jahr 2012 zeigt eindrücklich die Zerstörung palästinensischer Kulturgüter anhand der Geschichte von etwa 70.000 Büchern, die 1948 vom neu gegründeten Staat Israel geplündert wurden. Bezugnehmend auf diesen Film vermutet Raja Khalidi, dass die Sammlung seines Großvaters entweder zum Israelischen Nationalarchiv oder zur Bibliothek der Hebräischen Universität gebracht wurde. Eine weit zurückliegende Zeit Das Gebäude, in dem sich die Bibliothek in Jaffa befand, existiert immer noch. Raja hat es sogar vor einigen Jahren besucht und Fotos davon gemacht, jedoch ist das Grundstück heute eingezäunt und wird von niemandem bewohnt. Es entsteht ein starker Kontrast zur Familienbibliothek in Ostjerusalem, die heute regelmäßig von Forschern, Studierenden und Geschichtsinteressierten besucht wird. Ein verlassener Erinnerungsort aus einer weit zurückliegenden Zeit. So wird im umkämpften Raum in Israel-Palästina deutlich, dass mit der Kontrolle von Territorium auch die Kontrolle des kulturell-historischen Erbes des jeweiligen Ortes einhergeht. Der Autor publiziert regelmäßig zu Themen wie Antisemitismus, Islamophobie oder Geschichtspolitik. Pssst! Erzählen Sie es gerne weiter ;)

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