DIE FURCHE · 1 4 Das Thema der Woche Wiederholt sich die Geschichte? 5. Jänner 2023 Lesen Sie dazu auch den Text „Hitlers Vater: die Provinzialität des Bösen“ von Christian Jostmann (19. Mai 2021) auf furche.at. FORTSETZUNG VON SEITE 3 geraten. Wir haben aber auch in Deutschland eine separatistische Bewegung im Rheinland und scharfe Auseinandersetzung zwischen dem Reich und Bayern. Ich könnte sicherlich acht oder mehr Krisenherde aufzählen, die im Laufe des Jahres 1923 heranbrechen und sich zu einer ganz großen Krise vereinen. DIE FURCHE: Verlierer des Ersten Weltkriegs, darunter auch Österreich, hatten schwerwiegende Probleme, von der Kriegswirtschaft in eine Friedenswirtschaft zu kommen. Dennoch, schreiben Sie, war die Inflation in Österreich zunächst einmal nicht politisch explosiv. Wie kommt das? Longerich: Die Vorstellung, man könnte die Inflation nutzen, um den Übergang in die Friedenswirtschaft zu erleichtern, war in beiden Ländern ein Irrglaube. Wenn man näher hinsieht, merkt man, dass sich in Deutschland und Österreich zwar dieselben Krisen abspielten, aber sie traten in Österreich nicht in der geballten Form auf, wie in Deutschland. Und es gab nichts, was mit der besonderen Situation der Ruhrbesetzung vergleichbar wäre. Im Übrigen ist es so, dass sich die Dinge in Österreich zwischen 1918 und 1923 in vergleichsweise weniger dramatischer Form darstellten. Österreich hatte die kommunistischen Aufstände schon 1919, es hatte die verschiedenen Versuche, Landesteile zu separieren auch schon sehr früh, etwa in Vorarlberg und Tirol. In Deutschland traten sowohl der kommunistische Aufstand, als auch die separatistische Bewegung im Rheinland, die unter dem Schutz der Franzosen handeln konnte, und viele weitere Krisenfaktoren gleichzeitig auf. Der Zeithistoriker Peter Longerich ist ein international anerkannter Experte für die Geschichte des Nationalsozialismus. Er war Gründer des Holocaust Research Center am Londoner Royal Holloway College. DIE FURCHE: In Zeiten der Hyperinflation zählte die Tugend des Sparens nicht mehr, schreiben Sie. Für Unternehmer wurde das Spekulationsgeschäft interessant. Damit geriet die Loyalität gegenüber staatlichen Ordnungen ins Wanken. Eine aktuelle Studie des SORA-Instituts zeigt, dass das Vertrauen in das politische System in Österreich auf einem Tiefststand ist. Fühlen wir gar ähnlich wie die Menschen 1923? Longerich: Wir haben in Deutschland auch aktuelle Zahlen, die darauf hindeuten, dass das Vertrauen in demokratische Prozesse ziemlich rapide abnimmt. Ein Vergleich mit 1923 ist in diesem Fall schwer, weil die Demokratie damals noch ein junges, neues System war. Sie wurde als das System der Sieger im Weltkrieg wahrgenommen. Dementsprechend gab es auch in Deutschland einen großen Widerstand dagegen. In solchen Krisen sieht man, dass auch ein solcher Vertrauensverlust innerhalb von wenigen Monaten bis dahin ungekannte Ausmaße annehmen kann. Daher ist es wichtig, im Auge zu behalten, wie sich die Situation Tag für Tag entwickelt. Man sieht, dass die Entscheidungsträger eigentlich viel Spielraum haben, mehr als in normalen Zeiten, aber dass sie in der allgemeinen Situation gar nicht in der Lage sind, diesen Spielraum zu nutzen. Wir haben es mit handelnden Politikern zu tun, die folgenreiche Entscheidungen treffen. Diese Entscheidungen sind in der Situation aber gar nicht mehr angemessen. „ Ich habe dieses Hundeleben satt. Dann sollen sie mich niederschießen an dem Platze, an dem zu sitzen ich ein Recht habe. “ Reichskanzler Stresemann 1923 Hören Sie das Interview mit Peter Longerich in voller Länge auf: furche.at/ podcast DIE FURCHE: Können Sie ein Beispiel nennen? Longerich: Der Reichskanzler Gustav Ernst Stresemann musste im Oktober 1923 befürchten, dass die Bayern einen Marsch auf Berlin organisieren und dass es in Mitteldeutschland einen kommunistischen Aufstand geben wird. Die Unternehmer forderten von ihm die Abschaffung des 8-Stunden-Tages, der größten Errungenschaft der Novemberrevolution 1918. Stresemann befand sich jedoch in einer Koalition mit den Sozialdemokraten und konnte diese Forderung nicht so einfach umsetzen. Gleichzeitig hatte er durch die Hyperinflation überhaupt keine Kontrolle mehr über Foto: Dieter Mayr sein Budget. Was macht er? Stresemann hat in Sachsen und Thüringen interveniert. Die Krise konnte er aber dennoch nicht lösen. In einer Fraktionssitzung sagt er dann ‚Ich habe dieses Hundeleben satt‘. Wenn Putschisten Berlin besetzten, werde er nicht fliehen und ‚dann sollen sie mich niederschießen an dem Platze, an dem zu sitzen ich ein Recht habe‘. Man sieht, der Mann ist psychisch und physisch am Ende. DIE FURCHE: Sie sprechen davon, dass es wichtig ist, in Krisen von politischer Seite her klar und gut zu kommunizieren. Wie geht das? Longerich: Ich glaube, wenn die Krise ein gewisses Maß erreicht hat, kann man auch nicht mehr vernünftig kommunizieren. Man sieht auch 1923 deutlich, dass zwischen den Machtzentren wie Berlin, Sachsen oder Bayern kaum noch vernünftig kommuniziert wurde, sondern sich die Konkurrenten und Gegner missverstanden. Und dass sie versucht haben, eine Einschätzung des jeweils anderen Zentrums vorzunehmen und dabei Dinge antizipierten, die von der anderen Seite gar nicht so gemeint waren. DIE FURCHE: Weil alles so schnell geht? Longerich: Weil alles so schnell geht, weil kein Konsens mehr vorhanden ist und weil jeder spürt, dass er im nächsten Moment von der Krise hinweggespült werden könnte. DIE FURCHE: Viele Menschen wenden sich aktuell von der Politik und von den Medien ab. Auch eine Parallele zu 1923? Longerich: Ich denke, dass sehr viele Menschen 1923 den Bezug zur Realität verloren haben. Das ist ja ganz klar in einer Hyperinflation, wo die Währung sich jeden Monat um mindestens weitere 50 Prozent entwertet. Da hat man keinen klaren Gradmesser, um sein Leben zu planen. Dadurch haben die Menschen begonnen, sich Ersatzrealitäten zu schaffen. Interessanterweise spielten damals wie heute Verschwörungstheorien eine große Rolle. Es gab die sogenannten Inflationsheiligen, das waren Wanderprediger, die mit Gewändern und langen Bärten durch die Gegend zogen und Leute auflasen. Im Grunde ist die Gefolgschaft von diesen Wanderpredigern gar nicht so weit entfernt von der Gefolgschaft der Rechtsextremen gewesen. Es gab einen gewissen Retter- und Wunderglauben, aber auch die Zunahme des Rauschgiftkonsums, Vertrauen in Hellseherei, Spekulationen im Kleinformat und vieles mehr. „ Sogenannte ‚Inflationsheilige‘, das waren Wanderprediger, sie zogen mit langen Bärten und weißen Gewändern durch die Gegend und lasen Leute auf. “ DIE FURCHE: Rechte Parteien sind heute in Europa auf dem Vormarsch. Ist es ein Naturgesetz, dass rechte Kräfte erstarken, wenn es eine Inflation gibt? Longerich: Man hat versucht, Europa nach dem Ersten Weltkrieg stark zu demokratisieren. 1923 befinden sich diese jungen Demokratien also vielerorts wieder auf dem Rückzug. Auch jetzt sind wir wieder in einer Phase, in der die Demokratie weltweit in der Defensive zu sein scheint. Historisch gesehen, ist es jedoch ein Irrglaube, wenn man meint, die Demokratie sei das Normale und Krisen seien der anormale Zustand. Tatsächlich sind Demokratien eben nicht historisch und kulturell so stark verwurzelt, wie man sich das im Allgemeinen so vorstellt. DIE FURCHE: ... und wie man es sich auch wünschen würde. Sie schreiben, dass sich die scheinbare Abwendung der Krise 1923 zehn Jahre später bitter gerächt habe? Longerich: Die Krise 1923 ist aus der Sicht der damals Lebenden wie ein Wunder vorübergegangen. Da spielen auch Zufälle eine große Rolle. Die Erleichterung, die sich dann in den „Goldenen Zwanzigern“ breit macht, ist aber trügerisch. Denn man hatte übersehen, dass die strukturellen Ursachen der Krise, also dieser schwelende Nationalismus, die Ablehnung der Demokratie und das politische Vakuum der Konservativen, nicht beseitigt worden waren. Es bestand auch immer die Gefahr, dass Rechtskonservative und Rechtsextreme zusammengehen könnten. Und es bedurfte nur einiger weniger Jahre, bis diese Option tatsächlich 1933 Realität wurde. 1923 haben die Rechtskonservativen versucht, auf der Welle der Nationalsozialisten mitzuschwimmen, aber sie konnten sie nicht unter Kontrolle bringen. 1933 glaubten die Konservativen nun, sie hätten so feste Strukturen errichtet, dass sich die Rechtsextremen nicht mehr verselbstständigen können. Doch das hat sich als bittere Illusion dargestellt. Die Massenbewegung des Nationalsozialismus konnte genau in diesem Umfeld gedeihen. Wer also über das Jahr 1933 spricht, sollte sich das Jahr 1923 genauer ansehen. DIE FURCHE: Was kann uns 1923, das Jahr der Extreme, über die heutige Zeit erzählen? Longerich: Wir haben es in beiden Fällen mit einer multiplen Krise zu tun. Im Falle der Ruhrgebietsbesetzung wären eine rasche und realistische Einschätzung der Lage und entsprechende politische Konsequenzen notwendig gewesen. Aber so wurde man dann die nationalistischen Geister, die man rief, nicht mehr los. Wenn man sich jetzt den Ukrainekrieg und seine Folgen genauer ansieht, kann man sagen, dass wir schon 2014 hätten handeln müssen. Wir haben die Beziehungen zu Russland nicht verändert, obwohl deutlich wurde, dass hier offensichtlich Imperialismus im Spiel ist. Da bleibt eben nur die traurige Wahrheit, dass wir nicht bereit sind, aus solchen großen Krisen, die man vor hundert Jahren erlebt hat, zu lernen und zu sagen, man muss den Mut haben, rechtzeitig gegenzusteuern. Man darf nicht eine Politik betreiben, die nur auf Sicht fährt. Das Mantra „Es wird schon nicht so schlimm“ ist in Krisen nur mäßig hilfreich. Man muss den Menschen reinen Wein einschenken und sofort einige Stellschrauben anders drehen. Das kann zwar eine Belastung mit sich bringen, aber diese Belastung ist, wenn man die Maßnahmen rechtzeitig setzt, viel geringer, als das, was wir heute spüren. Außer Kontrolle Deutschland 1923 von Peter Longerich Molden 2022 320 S., geb., € 33,–
DIE FURCHE · 1 5. Jänner 2023 Das Thema der Woche Wiederholt sich die Geschichte? 5 Wie soll man dem neuen Jahr begegnen? Auf jeden Fall nicht mit einer Mythenproduktion, perfektionistischen Idealen oder blinder Aggression. Der Soziologe Manfred Prisching erklärt, was uns erwartet und wie man auch 2023 den „Scherereien“ der Wirklichkeit standhält. Die Welt ist ein Durcheinander Von Manfred Prisching Die Idee, dass die Menschen aus ihrer Geschichte lernen, gehört zwar zu den Binsendummheiten, dennoch können wir an der Jahreswende (unoriginell) fragen: Haben wir in diesem Jahr, in den letzten Jahren, im letzten Jahrhundert Erfahrungen gewonnen? Und was könnten wir aus den mehrfachen Krisen mitnehmen in die nächsten Jahre? Die Entdeckung des Grundlegenden. Dass die Menschen biologische Wesen sind, deren Körper sich im evolutiven Kampf mit anderen Spezies befinden, ist in der spätmodernen Welt an den Bewusstseinsrand gedrängt worden, aber die Viren haben daran erinnert. Dass die ökologischen Simulationen, die wir ein halbes Jahrhundert schon, seit dem Club of Rome, kennen, nicht nur mathematische Spielereien sind, haben Wetterereignisse erfahrbar gemacht. Dass eine mehrtausendjährige Gewaltgeschichte sich nicht plötzlich in Friedfertigkeit auflöst, hat der neue Krieg vor Augen geführt. Dass Vertrauen in die wirtschaftliche Stabilisierungskompetenz ungerechtfertigt ist, zeigt uns die zentralbankinduzierte und zufallsforcierte Inflation. Lehre 1: Epidemie, Umwelt, Krieg, Subsistenz – die modernistische Illusion der Grenzenlosigkeit wandelt sich zur „Grenzerfahrung“. Knappheiten in der Bio-, Öko- und Soziosphäre. Knappheit braucht Entscheidung. Deshalb sollte man eine Frage, die in der Epidemie kurz aufgepoppt ist, in das neue Jahr mitnehmen: Was ist wichtig? Und was ist bloß Behübschung? Die Ambivalenz der Fülle. Menschen fühlen sich überfordert in der Masse der Dinge, der Beziehungen, der Apparaturen, der Informationen, der Bilder, der Migranten. Sie leben nicht nur im „stählernen Gehäuse“ Max Webers, sondern in materiellen und immateriellen Strömen, von denen sie mitgerissen zu werden drohen. Der unbegriffenen, unbegreiflichen Umwelt wollen viele durch radikale Komplexitätsreduktion beikommen; für ein vermeintliches Verstehen war schon immer Mythenproduktion die beste Methode. Lehre 2: Märchen, um sich die Wirklichkeit in den Bereich des Begreifbaren hereinzuerzählen, gedeihen in der angeblichen Wissensgesellschaft nicht weniger als in einfachen Gesellschaften. Dennoch wäre es gut, sich weitgehend an Wirklichkeit und Vernünftigkeit zu halten, wenn man an Wirksamkeit interessiert ist (was einen angemessenen Umgang mit emotionellen Dimensionen, ohne Exaltationen, keineswegs ausschließt). Imagination eines Paradieses Illustration: Rainer Messerklinger Die Begegnung mit dem Bösen. Der Teufel ist im Westen noch früher eliminiert worden als Gott, aber die Kräfte, die das Böse zeugen, wurden dadurch nicht aus der Welt geschafft. Es gibt die alltäglichen Böswilligkeiten im Politikgeschehen; eindrucksvoller sind die Hassexzesse und Pogromstimmungen in der elektronischen Welt; und eine realhistorische Dimension gewinnen gar Schlächtereien wie jene in Butscha, wo gezielte Massenmorde an die grausigen Zeiten des vorigen Jahrhunderts erinnern. Die Menschen sind (nach einem Wort Immanuel Kants) aus krummem Holze geschnitzt. Es gibt sie nicht, die homines novi, die neuen Menschen, die sich eine altruistische Welt schaffen können. Lehre 3: Die Imagination eines Paradieses macht die Vertreibung aus diesem nicht rückgängig, legt aber die Latte zu hoch. Denn dann verschmäht man eine erträgliche Gegenwart und zerstört sie. Paradiesvisionen haben in der Geschichte immer Ströme von Blut ausgelöst, ohne Erfolg. Das Gute und das Böse gehören zum Dasein. Aber ständiges Appeasement gegenüber dem Bösen führt Schritt für Schritt in den Untergang. Manchmal muss man sich wehren. Sehnsucht nach dem Umfassenden. Die Zerfalls- und Desintegrationsprozesse der letzten zweihundert Jahre hat man immer wieder durch starke Ideologien zu bändigen versucht. Aber die christliche Religion ist erschöpft. Kommunismus und Faschismus sind (vorderhand?) diskreditiert. Die reine Wissenschaft hat ihre Grenzen gezeigt, ebenso der reine Markt. Es bleibt: die Nation. Patriotismus wollen wir, Nationalismus nicht – und der Unterschied ist verwaschen. Das tribalistische Bedürfnis lässt sich jedoch als national-suprematistisches Heilsbedürfnis politisch instrumentalisieren und aufheizen. Dann begeistert man sich für einen starken Führer, um Feinde zu bekämpfen – und es entsteht die Drift von der illiberalen Demokratie zum Autoritarismus und zum Despotismus. Lehre 4: Es ist historische Verharmlosung, Alltagskleinigkeiten mit den großen Etiketten zu bombardieren (Faschismus, Rassismus, Kolonialismus, Antisemitismus) und mittels Gegen-Autoritarismus zu bekämpfen: gegen jene, die „falsche“ Vokabeln verwenden. Es gibt global genug an „echter“ Demokratieunterhöhlung, um die man sich kümmern soll. Und man sollte mit den Füßen auf der Erde bleiben, denn das Prinzip, dass Heilsbringer sich durchwegs als Unheilsbringer erwiesen haben, ist empirisch bewährt. Abschied vom Prinzipiellen: Der Begriff von Odo Marquard deutet an, dass man mit der Vielfalt der spätmodernen Welt nur zurechtkommt, indem man von perfektionistischen Idealen und Gesamtmodellen Abstand nimmt. Gebilde der „Reinheit“ werden etwa als Esoterikmodell („Kräfte, Kosmos, Natur“) oder als Verschwörungsmodell („die verborgene Elite“) artikuliert. In dieser Sicht gewinnt die Welt wieder an Ordnung. Lehre 5: Die Welt ist ein Durcheinander. Grauzonen, Mischungen, fuzzy society, Liquidität. Sie ist nicht wohlgeordnet, nicht konsistent, nicht „sauber“. Man muss sich mit der Fragilität und Widersprüchlichkeit der Verhältnisse abfinden, statt in (falsche) Nostalgien zu flüchten. Vielleicht kann man ein paar Konturen setzen, in der anzueignenden Welt. Wandel der Paradigmen. Einiges spricht dafür, dass derzeit nicht nur Jahreswende, sondern Zeitenwende gespielt wird. Es wurde nicht nur an ein paar Knöpfen gedreht, es haben sich ein paar Großgemälde geändert: nicht verschobene Parameter, sondern verworfene Paradigmen. Die Lesen Sie dazu auch den Text „Wer kann es besser?“ von Martin Tauss (12.10.2022) auf furche.at. „ Die Menschen sind (nach Kant) aus krummem Holze geschnitzt. Es gibt sie nicht, die ,homines novi‘, die neuen Menschen, die sich eine altruistische Welt schaffen. “ neuen Gebilde lassen sich undeutlich (und manchmal gar nicht) erkennen, mit Überraschungen ist zu rechnen. Lehre 6: Man sollte ein „erwachsenes“ Verhältnis zur Wirklichkeit anstreben. Es ist kindisch, ein blindes Aggressionspotenzial auf Themen, die gerade des Weges kommen, loszulassen; ebenso kindisch wie das Eintauchen in die rasch wiederzugewinnende Besinnungslosigkeit (die postepidemische Rückkehr in Intensiv-Konsum und Intensiv-Entertainment). Das ist Selbstverlorenheit. Erwachsen wäre es, die Dinge nicht mit Fatalismus, sondern mit Gelassenheit zu betrachten: Epiktet und Seneca lesen. Reflexion statt Bauchgefühl. Pragmatismus statt Wünsch-dir-was. Die Menschen haben schon andere Scherereien überstanden. Irgendjemand hat einmal gesagt: Wenn das Alte stürzt, hat das Neue noch nicht gesiegt. Für das Erschaffen des Neuen braucht es aber einen langen Atem, über dieses Jahr hinaus. Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz. Nächste Woche im Fokus: Langer Atem Wenn das Alte stürzt, hat das Neue noch nicht gesiegt. Für das Erschaffen des Neuen braucht es einen langen Atem, über dieses Jahr hinaus. Die UNO hat 2023 zum „Internationalen Jahr der Hirse“ erklärt. Das gegen den Klimawandel resistente „Supergetreide“ soll helfen, die Welternährung zu sichern. Was braucht es darüber hinaus, angesichts des Kriegs im Korn-Land Ukraine, um acht Milliarden zu ernähren?
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