DIE FURCHE · 1 24 Ausstellung 5. Jänner 2023 300 Jahre Kunst In einer Jubiläumsausstellung zeigt das Belvedere Schätze aus der reichen Sammlungsgeschichte des Hauses, darunter das Werk „Prinz Eugen“ von Oswald Oberhuber aus dem Jahr 2009. Im Belvedere reflektiert man anlässlich des 300. Geburtstags des Hauses die bewegte Sammlungsgeschichte in einer eigenen Ausstellung in der Orangerie. Jubelschau Von Theresa Steininger Im Jahr 1723 wurde das Obere Belvedere fertiggestellt. Grund genug für das Belvedere, 2023 zum Jubiläumsjahr auszurufen, auch wenn die Nutzung als Museum genau genommen erst in den 1770er Jahren begann. Eine eigene Ausstellung in der Orangerie gibt nun Einblicke in die Genese des Ausstellungshauses und in die der Sammlungen. Da lässt man an der linken Wand eine Zeitleiste die Meilensteine der Entwicklung des Museums festhalten, während jeweils rechts daneben passende Kunstwerke die Veränderungen im Bestand reflektieren. Rasch wird klar: Vor allem im 20. Jahrhundert gab es zahlreiche Verschiebungen zwischen den Museen; mal wanderten Werke ins Kunsthistorische Museum, dann wieder zurück, hier gab es Tauschgeschäfte, da Einkäufe, dort Restitutionen. So wolle man anlässlich des runden Geburtstags nicht nur die baulichen Veränderungen des Belvederes zeigen, sondern auch „sichtbar machen, dass eine Sammlung alles andere als statisch ist“, wie Chefkuratorin Luisa Ziaja festhält. „Dabei lässt sich eine große Dynamik ablesen – durch gesellschaftliche Transformationen, durch Museumsreformen und vieles mehr.“ Das beginnt beispielsweise bei Vinzenz Fischers „Allegorie auf die Übertragung der kaiserlichen Galerie in das Belvedere“, Foto: © Belvedere, Wien das doppelt gut in die Ausstellung passt. Einerseits zeigt es, wie Putti Kunstwerke herbeischaffen und Göttin Minerva Joseph II. das Belvedere als Ausstellungsort empfiehlt. Gleichzeitig ist es eines von vielen Exponaten, die zeitweilig im Kunsthistorischen Museum waren, nachdem und bevor sie wieder zur Sammlung des Belvederes gehörten. „ So gibt es hier zu jedem Werk eine umfangreiche Erzählung, die die Historie des Belvederes unterstreicht. “ Auch Johann Nepomuk Schödlbergers „Der Traunfall bei Gmunden“ wurde von Kaiser Franz für die kaiserliche Gemäldegalerie angekauft, 1891 dann ans KHM übergeben, bevor es 1921 wieder ins Belvedere kam. Ähnliche Wechsel können nach vollzogen werden, wenn dem Besucher der Blick auf die Rückseite von „Der Herzogstand am Walchensee im Schnee“ von Lovis Corinth ermöglicht wird. So erkennt man auf dem Inventar-Aufkleber, dass im Laufe der Jahre das „k und k“ ebenso gestrichen wurde wie „Staats“ von „Staatsgalerie“. Ein anderer Aufkleber belegt den Umzug ins KHM und wieder retour. Zahlreich waren die Ankäufe, als Anfang des 20. Jahrhunderts die „Moderne Galerie“ im Belvedere gegründet werden sollte. Als Beispiele hängen hier Tina Blaus „Krieau im Prater“ und „Die Eismänner“ von Karl Mediz. Dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Objekte aus dem Depot gegen andere getauscht wurden, zeigt man auf, indem man Anton Faistauers „Junge Frau auf rotem Sofa“ präsentiert; dieses war gegen Arbeiten von Anton Romako getauscht worden. Kontinuitäten und Brüche Wenn hier also einerseits die Chronologie des Hauses bebildert und andererseits die Entwicklung der Sammlung gezeigt wird, passt Schieles Porträt von Franz Martin Haberditzl ideal – schließlich war dieser 1915 bis 1938 Direktor. Er war es auch, der den ersten Ankauf von Schiele für die Belvedere-Sammlung tätigte. Von Gustav Klimt ist nicht nur „Nach dem Regen“ ausgestellt – das erste Gemälde, das jemals von diesem Künstler für die Sammlung des heutigen Belvederes gekauft wurde –, sondern auch „Schloss Kammer am Attersee III“, das letzte hier verbliebene Werk aus dem Konvolut von Adele Bloch-Bauer, das 2006 ja großteils restituiert wurde. Mit diesem bedeutenden Vorfall in der jüngeren Kunstgeschichte befasst sich auch das Werk von Marcin Maciejowski „I used to live in Vienna“, in dem er Adele, Maria Altmann und Elisabeth Gehrer, damals zuständige Kulturministerin, zeigt. Auf die Restitutionsfrage verweist auch ein Porträt von Bruno Grimschitz, der ab 1938 Direktor des Belvederes war und unter dem die Sammlung durch Enteignung jüdischen Besitzes stark wuchs. Gezeigt werden restituierte Werke wie Schieles „Die Umarmung“, das nach der Rückgabe an die rechtmäßigen Erben wieder erworben werden konnte. Dem gegenüber steht Michael Neders „Kutscherstreit“, nach dessen rechtmäßigen Besitzern noch gesucht wird. Auf Ankäufe der letzten Jahre, darunter von Elke Krystufek und Helene Funke, folgen Werke, die auf die Etablierung des 20er Hauses/Belvedere21 verweisen – darunter solche von Rudolf Schwarzkogler und Franz West. So gibt es hier zu jedem Werk eine umfangreiche Erzählung, die die Historie des Belvederes unterstreicht. „Wir versuchen, mit der und durch die Kunst die Geschichte für die Gegenwart zu befragen – nach ihren Kontinuitäten und Brüchen“, sagt Kuratorin Ziaja, die die Schau gemeinsam mit einigen Kollegen erstellt hat. „Denn wir wollen diese Geschichte auch als Auftrag für die Zukunft verstehen.“ Das Belvedere. 300 Jahre Ort der Kunst Unteres Belvedere Bis 7. Jänner 2024, täglich 10–18 Uhr www.belvedere.at Foto: Privat Weiter denken DER FURCHE PODCAST Der Podcast zur FURCHE-Serie Der Politologe Vedran Dzihic und FURCHE-Redakteurin Manuela Tomic sind beide in den frühen 90er-Jahren aus dem Jugoslawienkrieg geflohen. In diesem Podcast teilen sie ihre ganz persönlichen Erinnerungen. Den aktuellen Podcast und viele weitere Sendungen finden Sie unter: furche.at/ podcast
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