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DIE FURCHE 05.01.2023

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DIE FURCHE · 1 14 Diskurs 5. Jänner 2023 ZEITBILD „ Europa hat einen wachsenden Bedarf an regulärer Migration. [...] Ich hoffe, dass es einer Gruppe von Staaten 2023 gelingen wird zu beweisen, wie das funktionieren kann. “ Migrationsexperte Gerald Knaus plädiert im Kurier dafür, legale Mobilität besser zu organisieren und Pushbacks an den EU-Außengrenzen zu beenden. AUS DEM FURCHE-NAVIGATOR Von Kardinal Franz König Nr. 1/5. Jänner 1963 Mehr Mut und Verantwortung Foto: Minhelet Har-Habait (Temple Mount Administration) Ben-Gvir: Israels politischer Brandstifter Nach dem umstrittenen Tempelberg-Besuch des neuen israelischen Ministers für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, haben militante Palästinenser im Gazastreifen versucht, eine Rakete in Richtung Israel abzufeuern. Trotz Warnungen, auch seitens der USA, hatte Ben-Gvir vergangenen Dienstag erstmals seit seinem Amtsantritt den Tempelberg in Jerusalem besucht. Militante Palästinensergruppen im Gazastreifen sprachen von einer „gefährlichen Provokation“ und warnten vor einem „Religionskrieg“. Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Der Tempelberg steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Ben-Gvir von der rechtsextremen Otzma Jehudit gilt als politischer Brandstifter, vor allem mit Blick auf die Palästinenser. Er ist Teil der neuen rechts-religiösen Regierung Benjamin Netanjahus. Auch in der Vergangenheit betrat Ben-Gvir immer wieder das Gelände um die Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg und rief: „Es lebe das Volk Israel!“ Ein palästinensisches Volk existiert für Ben Gvir nicht. „Es ist an der Zeit, dass wir wieder die Herren unseres Landes werden“, sagte er in seiner Siegesrede nach der Wahl. Die radikal-islamische Hamas sprach vom „Auftakt zu einer Eskalation in der Region“. (Manuela Tomic) ALSO SPRACH Am Beginn des neuen Jahres 1963 wirft der Wiener Erzbischof, Kardinal Franz König, in der FURCHE einen Blick zurück – und nach vorn. Der Jahreswechsel ist immer Anlaß, einen prüfenden Blick auf das vergangene Jahr zu werfen[...]. Für den Katholiken, den Christen, ja schließlich für jeden Menschen, der von der Kraft des Geistes überzeugt ist, war die Eröffnung des ökumenischen Konzils in Rom das wichtigste Ereignis im vergangenen Jahr. [...] Ein erneuertes Bild der Kirche zeichnet sich in Umrissen ab. Es ist nicht eine Kirche des Glanzes und des Prunkes, des fürstlichen Herrschens, hochmütiger Abgeschiedenheit und Verschlossenheit — es ist das Bild einer Kirche des Dienens und Dienstes an der Wahrheit und Gerechtigkeit, aber auch der Liebe, des Verstehens und Verzeihens [...]. Das heißt aber nicht, daß damit die Lehre der Kirche verschwommen und die Gebote Gottes gelockert würden, daß es in Zukunft leichter, billiger und bequemer sein werde, als Christ zu leben.[...] Die Kirche ist eine Kirche des offenen Tores, aber kein Durchhaus. Die persönliche Entscheidung vor Gott, im Lichte des mahnenden Gewissens, kann uns niemand abnehmen [...] Das vergangene Jahr hat uns [...] gezeigt, wie sehr diese Welt immer am Rande der Vernichtung lebt. Gott hat Herz und Geist der Verantwortlichen gelenkt, so daß es nicht bis zum Äußersten, nicht bis zum heißen Krieg kam; von Frieden zu sprechen wäre fast frivol. Aber [...] was haben wir in unserem Vaterlande getan, um dem künftigen Frieden zu dienen [?...] Unsere Neutralität verpflichtet uns, keinen militärischen Blöcken beizutreten. Sie darf uns aber nicht hindern, unseren Platz und unsere Pflicht zu erkennen und unser Schicksal zu meistern, das uns mit der einen Welt auf Leben und Untergang verbindet. Lesen Sie hier den ganzen Text: Wo bleibt Europas Stimme im Ukrainekrieg? STADLERS MARKTFORUM Wilfried Stadler Herausgeber Seit wenigen Tagen ist Kroatien Teil des Euro-Raums. Zusammen mit der Zugehörigkeit zum Schengen-Raum ist das ein Erfolg für beide Seiten. Auch die unter dem zuletzt tschechischen Vorsitz erreichten Kompromisse – nicht nur in Sachen „Energiedeckel“ – können sich sehen lassen. Sie sind ein Teil jener erstaunlichen Geschlossenheit, zu der die Europäische Gemeinschaft im Gefolge des brutalen russischen Überfalls auf die Ukraine gefunden hat. Diese durchaus vielversprechende europapolitische Ausgangslage zu Beginn des neuen Jahres lässt auf weitere Fortschritte bei komplexen Themen hoffen – von der Migrationsfrage bis zu pragmatischen Lösungen für den Zielkonflikt zwischen Klimagerechtigkeit und ausreichender Energieversorgung. Allzu optimistische Erwartungen können allerdings jederzeit in Ernüchterung kippen, solange der weitere Verlauf des immer noch eskalierenden Ukrainekrieges für Verunsicherung sorgt. „ Dass es zu Zugeständnissen beider Seiten kommen wird müssen, ist für die Ukraine als Opfer des Putin’schen Überfalls bitter – noch bitterer jedoch wäre ein Schrecken ohne Ende. “ Alles den USA überlassen? Gerade zu dieser Frage legt jedoch die Union seit geraumer Zeit eine seltsame Sprachlosigkeit an den Tag, die auf eine doch sehr nachdenklich machende Kombination von Macht- und Ratlosigkeit schließen lässt. Es hat den Anschein, als überließe man, von Solidaritätsbekundungen abgesehen, den USA alle maßgeblichen „westlichen“ Aussagen zu dieser Causa Prima. Dabei wäre der vorweihnachtliche Besuch von Präsident Selenskyj im US-Kongress ein guter Zeitpunkt für eine eigenständige europäische Positionierung gewesen, die deutlich macht, dass die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt der Eröffnung von Verhandlungen nicht auf Dauer allein der Ukraine überlassen werden kann. Spätestens als NATO-Generalsekretär Stoltenberg dies vor wenigen Tagen neuerlich als die einzig richtige Vorgangsweise hervorhob, hätte dies den Anlass für eine differenziertere Stellungnahme seitens Brüssel geboten. Sie blieb aber aus. Nicht nur die Politik, auch die meisten (Wirtschafts-)Medien halten sich im Übrigen bei ihren Prognosen eines nur knapp an der Rezession vorbeischrammenden Wachstums und einer auf absehbare Zeit überhöhten Inflation mit Verknüpfungen zum anhaltenden Ukrainekrieg zurück, obwohl er doch die entscheidende Ursache dieser wenig erfreulichen Entwicklungen ist. Derlei kollektive Verdrängung hilft jedoch auf Dauer nicht weiter. Ein auf unbestimmte Zeit in Verlängerung gehender Abnützungskrieg zwischen dem Aggressor Russland und der Ukraine wird nämlich nicht nur noch mehr Opfer und menschliches Leid nach sich ziehen, sondern auch die Barrieren der Unversöhnlichkeit weiter anwachsen lassen. Deshalb ist es hoch an der Zeit für europäische Initiativen in Richtung eines realistischen Verhandlungsfriedens. Und nein: Es ist nicht unethisch, dies zu fordern, wenn es im Ergebnis sehr viel Leid und immense Sozial- und Sachschäden zu vermeiden hilft. Dass es im Ergebnis zu Zugeständnissen beider Seiten kommen wird müssen, ist für die Ukraine als Opfer des Putin’schen Überfalls bitter – noch bitterer jedoch wäre ein Schrecken ohne Ende in Form eines europäischen Krieges. Medieninhaber (Verleger): Die Furche – Zeitschriften- Betriebsgesellschaft m. b. H. & Co KG Herausgeber: Prof. Heinz Nußbaumer, Dr. Wilfried Stadler Geschäftsführerin: Nicole Schwarzenbrunner, Prokuristin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Chefredakteurin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Redaktion: Dr. Otto Friedrich (Stv. Chefredakteur), MMaga. Astrid Göttche, Dipl.-Soz. (Univ.) Brigitte Quint (Chefin vom Dienst), Jana Reininger BA MA, Victoria Schwendenwein BA, Dr. Brigitte Schwens-Harrant, Dr. Martin Tauss, Mag. (FH) Manuela Tomic Artdirector/Layout: Rainer Messerklinger Anzeigen: Georg Klausinger (01) 512 52 61-30; georg.klausinger@furche.at Aboservice: (01) 512 52 61-52 aboservice@furche.at Alle: 1030 Wien, Hainburger Straße 33 (01) 512 52 61-0; vorname.nachname@furche.at Druck: DRUCK STYRIA GmbH & Co KG, 8042 Graz Jahresabo: € 181,– Uniabo (Print und Digital): € 108,– Das Abonnement kann frühestens zum Ende der Mindestbezugs dauer – unter Einhaltung einer sechswöchigen Kündigungsfrist – jederzeit schriftlich abbestellt werden. Wenn keine entsprechende Kündigung erfolgt, dauert das Abonnement ein weiteres Jahr bzw. im Falle eines Halbjahresabos weitere sechs Monate. 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DIE FURCHE · 1 5. Jänner 2023 Diskurs 15 Dass die Weltklimakonferenz in Scharm El-Scheich keinen Durchbruch brachte, hat die pessimistische Zukunftssicht verstärkt. Doch Resignation ist die schlechteste Option. Ein Gastkommentar. Hoffen in Zeiten des Klimanotstands Am Beginn dieses neuen Jahres brauchen wir keine andere Ressource mehr als – Hoffnung. Gerade angesichts des Klimanotstands und des Artenverlusts sind aber die Stimmen jener, die davon überzeugt sind, dass es bereits zu spät ist und dass Hoffnung nichts als Illusion und Verdrängung ist, zahlreich – und laut. Das Ergebnis der diesjährigen UN-Klimakonferenz (COP27) in Scharm El-Scheich gab dieser pessimistischen, ja apokalyptischen Haltung zusätzliche Nahrung. Viele haben die Konferenz als Ort, an dem an einer Lösung gearbeitet wird, bereits abgeschrieben – ja halten sie für einen Teil des Problems. Tatsächlich gab die COP27 ein gemischtes Bild ab: Einerseits geschah dort ein historischer Durchbruch – mit dem Beschluss, einen Fonds für die Finanzierung von „Verlusten und Schäden“ (Loss & Damage) für „Entwicklungsländer“ einzurichten. Es war ein Erfolg der G77 (inklusive China), vor allem der Inselstaaten, die sich seit über 30 Jahren dafür eingesetzt hatten. Vorausgegangen waren diesem Beschluss dramatische Verhandlungen, in denen die USA ihre apodiktische Ablehnung aufgaben. Andererseits erfolgte im zentralen Bereich der Emissionsminderung kein Fortschritt über die Beschlüsse der vorigen COP in Glasgow hinaus. Das auf der COP27 verhandelte „Arbeitsprogramm“ zur dringenden Erhöhung der Ambitionen im Klimaschutz verlangte weder stärkere Zusagen noch rief der Text dazu auf, dass die globalen Emissionen so rasch wie möglich, spätestens aber 2025 ihren Höhepunkt erreichen müssen, um laut IPCC unterhalb von 1,5 Grad Celsius Erwärmung zu bleiben. Mehr als nur „Bla Bla“ Die nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie hat 2009 einen Ted-Talk zum Thema „The Danger of a Single Story“ gehalten. Sie warnte davor, dass sich eine einzige Sichtweise auf ein Thema durchsetzt und dadurch seine Komplexität nicht mehr wahrgenommen wird. Die „einzige Geschichte“ ist im Fall der Weltklimakonferenzen: Diese sind gescheitert, sinnlos, produzieren nur „Bla Bla Bla“ (Greta Thunberg). Es ist wichtig, diesem Abgesang eine andere Sichtweise entgegenzustellen, PORTRÄTIERT Der wortgewaltige Reformierte Dass Abraham a Sancta Clara, der katholische Prediger im Wiener Barock, ein Herz für Protestanten gehabt hätte, ist schwerlich zu behaupten. Dennoch sah sich Peter Karner, langjähriger Pfarrer an der Reformierten Stadtkirche in Wien I. sowie Landessuperintendent der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich, in gewitzten wie provokanten Predigten und Schriften als Nachfahre des bayeri schen Augustinermönchs. Unter dem Titel „Aus dem geistlichen Krame rladen von Pater Abraham a Sancta Clara“ brachte Karner 1994 sogar ein Buch heraus. In der Nacht auf den 21. Dezember ist der wortgewaltige Reformierte 85-jährig in Wien verstorben. Nach dem Studium der evangelischen Theologie in Wien und Basel wurde der gebürtige Wiener 1963 in der Reformierten Stadtkirche ordiniert. Von 1965 bis zu seiner Pensionierung 2004 wirkte Karner dort als Pfarrer und leitete zwischen 1986 und 2004 als Superintendent die kleine reformierte Kirche Österreichs. In dieser Zeit wurde Karner auch einer der Wegbereiter der österreichischen Ökumene, die nach dem II. Vatikanum eine besondere Blüte erlebte. Karner gehörte zum Team der „Ökumenischen Morgenfeier“, wo allsonntäglich zwischen 1968 und 1997 auf Ö1 das ökumenische Miteinander hörbar war – ein ökumenischer Meilenstein, jedenfalls im deutschen Sprachraum. 1982–86 stand er dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich als Vorsitzender vor. Daneben war Karner als Buchautor und Kolumnist publizistisch tätig, sein Œuvre reicht von „Die Nächstenlieb fängt bei ei‘m Foto: Donau-Universität Krems die der Komplexität des Prozesses der UNO-Klimakonferenzen gerecht wird. Tom Athanasiou ist einer der führenden Klimagerechtigkeits-Experten und Aktivisten beim internationalen „Climate Action Network“. Er hält fest: Die COP27 „war kein Fehlschlag“, sondern ein Wendepunkt. „Der Kampf um den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen wurde auf der COP27 verloren, aber man darf nicht vergessen, dass dies nur ein erstes Gefecht war.“ Vor allem die indische Regierung habe sich auf der Konferenz klar dafür ausgesprochen, die Verpflichtung auf den Ausstieg aus Kohle auf alle fossilen Brennstoffe auszudehnen. Indien DIESSEITS VON GUT UND BÖSE Von Ernst Fürlinger „ Es geht nicht darum, nur auf die Klimakonferenzen zu starren. Was letztlich zählt, sind die Maßnahmen vor Ort. “ wurde dabei von rund 80 Ländern unterstützt. Der Vorschlag wurde aber von der ägyptischen Konferenz-Präsidentschaft nicht aufgenommen; laut Berichten sahen Russland und Saudi-Arabien darin eine rote Linie überschritten. Der Analysebericht des Wuppertal-Instituts zur jüngsten Klimakonferenz („Letzter Aufruf für 1,5 Grad“, November 2022) weist auf positive Entwicklungen hin, die medial wenig Aufmerksamkeit gefunden haben: etwa die Einrichtung des „Climate Investment Funds Industry Transition Programme“, das Ländern des Südens erstmals Mittel für die ökologische Transformation zur Verfügung stellt; oder die Ankün- Foto: APA / Roland Schlager digung des Starts der „Global Shield Initiative“, die besonders verwundbaren Ländern eine Versicherung gegen Klimarisiken anbietet. Warum ist es wichtig, dieser „einzigen Geschichte“ des Scheiterns der Weltklimakonferenzen eine differenzierte Sicht entgegenzusetzen? Angesichts der monströsen Herausforderung der Klimakatastrophe, angesichts der seit über 30 Jahren bestehenden Kluft zwischen dem Wissen um die nötigen Maßnahmen und dem zögernden Handeln der meisten Regierungen besteht die Gefahr, in den Sog einer Resignationsspirale zu geraten. Doch Klima-Resignation lähmt, und ist – wie Klimaleugnung – ein Grund, nichts zu verändern. Hoffnungslosigkeit, eine apokalyptische Stimmung, die sich in der Gesellschaft verbreitet, ist zudem eine politische Gefahr, weil sie extreme politische Richtungen begünstigt. Hoffnung durch Handeln stärken Es geht darum, den UNO-Prozess auf Basis der Klimarahmenkonvention nicht einfach abzuschreiben – aber auch darum, nicht nur auf die Weltklimakonferenz zu starren: Entscheidend ist ja, welche Beiträge die einzelnen Staaten zum Erreichen der Pariser Klimaziele umsetzen. Das Wuppertal-Institut hält fest: „Die COP kann eine vermittelnde Rolle spielen, aber was letztlich zählt, sind die Maßnahmen vor Ort.“ Also, packen wir es an in Österreich, schaffen wir seitens der Politik und der Institutionen entschlossen die „Strukturen für ein klimafreundliches Leben“, wie sie der neue Sonderbericht des „Austrian Panel Climate Change“ (November 2022) beschreibt. Und leisten wir als Einzelne unseren Beitrag in unserem Bereich. Sprechen wir die Sprache nicht eines naiven Optimismus, sondern einer nüchternen, informierten Hoffnung, die die positiven Entwicklungen nicht ausblendet. Stärken wir also die Hoffnung durch Handeln. Oder wie es Papst Franziskus in Laudato Si‘ formulierte: „Gehen wir singend voran! Mögen unsere Kämpfe und unsere Sorgen um diesen Planeten uns nicht die Freude und die Hoffnung nehmen.“ Der Autor leitet die Seminarreihen „Klimagerechtigkeit“ und „Akademie der Transformation“ der Universität für Weiterbildung Krems. Peter Karner, 1986–2004 Landessuperintendent der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich, verstarb im 86. Lebensjahr. selber an. Nestroy und der Ernst des Lebens“(1984) bis zur sprachlichen Neuübertragung des für die reformierten Kirchen maßgeblichen Heidelberger Katechismus. In der FURCHE war Peter Karner 1988–98 – gemeinsam mit Bischof Helmut Krätzl – der erste Religionskolumnist. „Es wäre wohl ein Zeichen von Bußfertigkeit, sich einzugestehen, daß eben sowohl große kirchliche Persönlichkeiten und bedeutende kirchliche Gremien auch manchmal riesengroße Dummheiten begehen. Könnte es nicht sein, daß vieles, worunter die Menschen in den Kirchen leiden, ein Werk der Dummheit ist?“ So schrieb Peter Karner 1988 in einer seiner ersten Kolumnen. Ein Satz, der nach einem Vierteljahrhundert immer noch genauso zu schreiben ist. (Otto Friedrich) ZUGESPITZT QUINT- ESSENZ Von Brigitte Quint Was man wissen muss Heute möchte ich die Gelegenheit nutzen, um Ihnen einige Details über meine Person zu verraten: Nachdem ich auf dem Gymnasium drei Klassen übersprungen und mein Abitur mit summa cum laude absolviert hatte, ging ich nach Oxford. Ich studierte Geige und habilitierte später in Quantenphysik. In den 1930er Jahren betrieben meine Vorfahren hunderte Suppenküchen in Münchner Armenvierteln. Später wurden sie von den Nazis enteignet, weil sie sich im Widerstand betätigt hatten. Warum ich Ihnen das alles erzähle? Weil der Mensch doch wissen muss, mit wem er es zu tun hat – um ihn in die passende Schublade zu stecken. Meine Schublade ist ausgepolstert mit Samt und Seide, verziert durch ein goldenes Ornament. Ende der Märchenstunde. Ich habe genau einen Uniabschluss in der Tasche, beherrsche gerade mal Blockflöte und kann Quantenphysik buchstabieren, aber nicht studieren. Ach ja, meine Vorfahren: Der Vater meiner Oma hat mit Hitler sympathisiert und war ein knickriger Großbauer. George Santos ist Republikaner und Neo-Repräsentant im US-Kongress. Auf dem Weg dorthin hat er seinen Wählern eine Lügengeschichte aufgetischt: Demnach sei er der Sohn einer Überlebenden von 9/11. Seine Großeltern, vermeintlich ukrainische Juden, sind angeblich vor dem Holocaust nach Übersee geflohen. Und er selbst hat eine Top- Karriere als Investmentbanker hinter sich. Man soll Santos aus dem Kongress verjagen und aus. Doch warum lieben die Leute Storys wie die seinen? Warum bevorzugt man die, die man in ausgepolsterte Schubladen betten kann? Weil Normalität unsexy ist. Ich zumindest habe es genossen, als Sie für einen kurzen Moment dachten, ich wäre eine Geige spielende Quantenphysikerin. Ansprache Liebe Landsleute, liebe Landsleutinnen und alle, die in diesem Land leben! Das vergangene Jahr war besonders herausfordernd – A. weil Krieg ist; B. weil mit dem Krieg für mich ganz viele besondere Eindrücke verbunden waren, viele Begegnungen mit interessanten und mit tollen Menschen, für die ich ein herzliches Dankeschön sage; C. weil es das erste Jahr war, in dem ich als globaler Unternehmer die Masse meiner Zeit nicht in Österreich, sondern in anderen Teilen der Welt verbracht habe und mich deshalb leider wieder nicht um mein Kind kümmern konnte; D. weil die Generalsanierung des österreichischen Wasserschadens leider noch nicht begonnen hat. Doch lassen wir uns davon nicht entmutigen! Bleiben wir zuversichtlich! Schauen wir hoffnungsfroh auf 2023! Ich wünsche Ihnen und Euch allen – A. ein gutes neues Jahr! B. ein hoffentlich gesundes und friedliches neues Jahr, in dem es ruhiger zugeht als gerade hinter mir in Berlin; C. eine schöne Zeit im Kreise Eurer lieben Genossen, die ich in Katar, Buenos Aires und New York eher nicht brauchen kann; D. ein besseres, einfacheres neues Jahr, als wir uns das vorstellen – und in dem ich zum gefühlt hundertsten Mal sagen darf: Wir kriegen das schon hin! Doris Helmberger

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