DIE FURCHE · 14 14 Diskurs 4. April 2024 ERKLÄR MIR DEINE WELT Warum Joan Baez zu meiner Welt gehört Den gesamten Briefwechsel zwischen Hubert Gaisbauer und Johanna Hirzberger können Sie auf furche.at bzw. unter diesem QR-Code nachlesen. Hubert Gaisbauer ist Publizist. Er leitete die Abteilungen Gesellschaft- Jugend-Familie sowie Religion im ORF-Radio. Den Briefwechsel gibt es jetzt auch zum Hören unter furche.at/podcast „ Ich mag diese Frau, weil sie zu ihren Überzeugungen und Fehlern steht. Auf einem Foto trägt sie ein Kreuz als Anhänger. Es bleibt. Als Skandalon. “ Zu allererst ein kurzer Nachtrag zu meiner letzten Kolumne, an der Sie vielleicht meine Ö1-Schelte verstört hat. Ich liebe Ö1, aber gerade weil ich es liebe, ärgern mich Details sehr, die mangelnde Zuwendung und den schleichenden Verlust der bewährten Ö1-Identität erkennen lassen. Aber jene, die ein Radioprogramm mit einer Sendefläche verwechseln, die möglichst abwechslungsreich zu bebauen ist, sind – so befürchte ich – im Vormarsch. Daher mein Ruf: Wehret den Anfängen, liebe Ö1-Hörerinnen und -Hörer! Aber jetzt zu Ihrem Brief. Sie schwärmen von Wohlfühl-Ritualen, die Sie in jeder Zelle Ihres Körpers glücklich machen. D’accordo. Dies steht doch nicht im Widerspruch dazu, dass ich – wenn auch nur mein Quäntchen – dazu beitrage, „die Welt ein Stück gesünder“ zu machen, oder? Was machen denn die Finnen so viel anders, wenn sie von sich sagen dürfen, dass sie die glücklichsten Menschen der Welt sind? Ein finnischer Soziologe meint, es genüge, dazu beizutragen, dass wenigstens ein Mensch weniger unglücklich ist. Ja, glücklich, was ist das eigentlich? Beim Nachgrübeln und Herumgoogeln ist plötzlich eine große Liebe meiner frühen Jahre auf dem Display erschienen: ein Foto von Joan Baez. Diese Sängerin gehört zu meiner Welt. Nicht nur von gestern. Ich bin auf ein Interview gestoßen, in dem diese lebenslange Queen of Folk Music – inzwischen schon 83 – recht schonungslos ihr Leben reflektiert. So erzählt sie, dass sie als Kind mit ihrer Familie ein Jahr lang im Irak gelebt hat. Sie war geschockt von der Armut und davon, wie brutal man dort Menschen und auch Tiere behandelte. Zurück in Amerika spürte sie dann eine Distanz zu den anderen Kindern in ihrem Alter, die solche Dinge nicht erlebt hatten. Erfahrungen wie diese hätten sie für ihr Leben geformt – und sie wäre froh, so geformt worden zu sein. „Nein, das ist nicht Stolz“, sagt sie. „Ich mag das Wort Stolz nicht.“ Aber vielleicht zufrieden? „Nein, das Wort mag ich auch nicht. Ich mag: glücklich. Das stimmt für mich.“ Die Eltern von Joan Baez waren aus Überzeugung Quäker geworden, eine kleine religiöse Bewegung, zu deren Prinzipien Frieden und Gewaltlosigkeit gehören. Heute muss die Friedensaktivistin zugeben, dass sie verzweifelt ist hinsichtlich Ukraine und Gaza. Da helfe auch ihr unerschütterlicher Pazifismus nicht. Sie wisse nicht, was sie tun solle. Liebe Frau Hirzberger, ich mag diese Frau, weil sie zu ihren Überzeugungen steht und zu ihren Fehlern. Mich begeistert jenes Foto, aufgenommen am 25. März 1965, erschienen als Doppelseite im New York Times Magazine. Wie sie da auf den Stufen des Alabama State Capitol steht, Zukunft und Zuversicht in ihrem strahlenden Lächeln, auch angesichts der vor ihren Augen aufmarschierten Alabama National Guard. Ein Detail berührt mich auf diesem Foto: Joan Baez trägt eine Halskette mit einem deutlich sichtbaren Kreuz als Anhänger. Ich weiß, dass man dagegen manches einwenden kann. Aber das Kreuz bleibt. Als Skandalon. Es ist nur von Ostern her zu verstehen. Von einer Zuversicht, wie auf dem Foto mit Joan Baez. Ich bilde mir ein, ich hätte es früher öfter an Halskettchen gesehen. Ich wünsche mir, dass es nicht verschwindet. Als „das Zarte und das Skandalöse“, wie der Theologe Klaus Mertes geschrieben hat. Herzlich, Von Josip Štiunović Der Salesianerpater Danko Litric wurde im April In FURCHE Nr. 18 1994 in Ruanda Zeuge eines Massakers an den Tutsi. 3800 5. Mai 1994 Ein Bericht nach seiner Rückkehr nach Zagreb. Vor 30 Jahren, am 7. April 1994, begann in Ruanda der Genozid an der Tutsi-Minderheit: Innerhalb weniger Wochen töteten radikale Hutu fast eine Million Tutsi, gemäßigte und oppositionelle Hutu sowie weitere Oppositionelle. Zudem wurden in dieser Zeit schätzungsweise zwischen 150.000 und 250.000 Frauen vergewaltigt. In dem Völkermord entlud sich ein Konflikt, dessen gesellschaftliche und politische Wurzeln auf die Kolonialisierung Ruandas durch Deutschland und Belgien zurückgehen. Konkreter Auslöser war der bis heute ungeklärte Abschuss des Flugzeugs von Präsident Habyarimana am Abend des 6. April 1994. Bereits eine halbe Stunde später begannen die Gewalttaten. Die internationale Völkergemeinschaft intervenierte zu spät. Insbesondere der Weltsicherheitsrat gilt als mitverantwortlich für den Genozid. So hatte er eindeutige Warnungen von Uno-Beauftragten in Ruanda zur Kenntnis genommen, ohne zu handeln.Einer in Ruanda stationierten Uno-Blauhelm-Truppe wurde nicht gestattet, militärisch einzugreifen. Auch die wiederholte Forderung des Uno-Kommandeurs am Ort, die Truppe zu verstärken und zu ermächtigen wurde ignoriert. Stattdessen wurde die Uno-Truppe aus Ruanda abgezogen, nachdem zehn belgische Blauhelm-Soldaten ermordet worden waren. „Und so begann das Morden“ Die meisten suchten Zuflucht in der Kirche. Sie hofften, sich auf diese Weise retten zu können, da solche „heiligen Orte“ bei früheren Kämpfen verschont geblieben waren. [...] Die Missionsstation selbst war mittlerweile schon von einer Horde junger, bewaffneter Leute (der „Jugend für den Präsidenten“) belagert. Sie gaben vor, die Mission zu bewachen, ermordeten aber sofort jeden, der auch nur einen Schritt aus der Kirche machte. Eines Morgens, die Messe sollte gerade beginnen, drang eine Gruppe dieser bewaffneten Jugendlichen ein. Sie waren mit Macheten, Gewehren und anderen mörderischen Instrumenten ausgerüstet und zwangen die Priester mit Waffengewalt, in ihr Haus zu kommen. Pater Litric versuchte, die Bande davon zu überzeugen, daß Verhandlungen demnächst beginnen würden. Er konnte sich aber kein Gehör verschaffen, nicht zuletzt weil einige von den Jungen unter Alkohol- und Drogeneinfluß standen. Und so begann das Morden. Stundenlanges Gemetzel Pater Litric sah, wie die Jugendlichen auf das Dach kletterten und Handgranaten in die Kirche warfen. Jeder, der versuchte, aus der Kirche zu flüchten, wurde im Hof sofort in Stücke geschlagen. Wer flüchten konnte und eingeholt wurde, starb im Kugelhagel. Das Gemetzel dauerte von halb sieben Uhr morgens bis vier Uhr nachmittags. [...] So warteten die Priester darauf, als nächste an der Reihe zu sein. Ständig waren Stimmen zu hören, man möge auch sie erschießen. Im letzten Moment Foto: Štilinović stoppte einer der „Bosse“ – ein Pfarrkind – der mörderischen Gruppe das Gemetzel. Niemand weiß, warum. Nachdem das Schlachten beendet war, verschwanden die Mörder. Die Priester konnten nur mehr eine Messe für die unzähligen Opfer feiern. [...] Es gab ja nur wenige Überlebende, ein paar Kinder, die meisten schwer verstümmelt, mit abgeschnittenen Ohren oder Händen. [...] AUSGABEN DIGITALISIERT VON 1945 BIS HEUTE ÜBER 175.000 ARTIKEL SEMANTISCH VERLINKT DEN VOLLSTÄNDIGEN TEXT LESEN SIE AUF furche.at Medieninhaber, Herausgeber und Verlag: Die Furche – Zeitschriften- Betriebsgesellschaft m. b. H. & Co KG Hainburger Straße 33, 1030 Wien www.furche.at Geschäftsführerin: Nicole Schwarzenbrunner, Prokuristin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Chefredakteurin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Redaktion: Philipp Axmann, Dr. Otto Friedrich (Stv. Chefredakteur), MMaga. Astrid Göttche, Dipl.-Soz. 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DIE FURCHE · 14 4. April 2024 Diskurs 15 Auch in Wien, der lebenswertesten Stadt der Welt, werden mittlerweile Messerattacken verbrochen – von jungen Menschen. Was kann, ja muss man dagegen tun? Träume einer Pädagogin. Tanzen und stelzengehen am Reumannplatz Gewalt, sagt Hannah Arendt, beginnt dort, wo das Reden aufhört. Ich habe mich an dieses Zitat erinnert, als ich für den Ramadan-Kalender Sätze gesammelt habe, von denen ich hoffe, dass sie Fenster in junge Köpfe aufstoßen. Wir losen täglich aus, wer aus selbstgebastelten Kuverts Zuckerl und Leuchtstift fischen darf – und den Spruch des Tages vorliest. Buddha, Gandhi, Mohammed, Janosch und andere haben dann Gastauftritte in einer Klasse, in der die halbe Welt vertreten ist und in österreichisch gefärbtem Deutsch miteinander spricht. Arendts Satz scheint simpel, er existiert auch in Sprichwörtern vom Reden, das die Leute „zusammenbringt“. Aber wenn er so leicht zu verstehen wäre, wenn wir ihm gar folgten, würde unsere Lebensrealität anders aussehen. Und so träume ich vor mich hin, während Nachrichten von Kriegen und Umweltkatastrophen über mich hinwegrollen, während sich die globalen Erschütterungen in Wiener Verhältnisse hineindrängen und Messerattacken nicht mehr „nur“ in Städten wie London und Paris verbrochen werden. Sondern auch in der „lebenswertesten Stadt der Welt“, zu der Wien von der britischen Economist Group oft gekürt worden ist. Bibliothek als Herz der Schule Meine Träume haben mit Mut, Zeit und Geld zu tun – und mit der Überwindung unserer verdammten Vereinzelung. In der Schule sollte das Träumen leichtfallen, im Einklang mit den jungen Menschen. Allerdings scheinen auch ihnen die Träume wegzutrocknen. Also muss ich das übernehmen, im Großformat: • Psychologinnen und Sozialarbeiter sind während der Schulzeit immer vor Ort. Kinder, die ihre familiäre Situation, das Weltgeschehen, ein Trauma plagt, werden adäquat betreut. • Herz jeder Schule ist die Bibliothek: Sie lädt zum Verweilen ein und wird auch als Unterrichtsort genutzt. An den Nachmittagen wird eine Vielfalt von Aktivitäten angeboten, von Sport bis Musik und Handwerk, vom Schulgarten bis zur Küche, wo die Kinder essen, was gemeinsam gekocht wurde. Auch dafür ist genug qualifiziertes, motiviertes Personal da. • In meinen Träumen wandere ich weiter, hinaus aus der Schule, hinein in die Stadt. Kul- Foto: Privat turvereine, Kirchen, Nachbarschaftsgruppen verwandeln den Reumannplatz (und andere zentrale Punkte) an vielen Wochenenden zu einem Ort der Begegnung, wo Gespräche entstehen, Kontakte geknüpft und Mitglieder aktiviert werden. Überhaupt wird dieser Platz gerade im Sommer zu einem Ort der Feste, der Kebabs, Spanferkel, Tofuwraps und Stelzengeher. Menschen erkennen, dass es spannend ist, sich zu engagieren – gerade im Sinne der Jugendlichen, die als Gestrandete in einer Welt aufschlagen, wo es, außer kommunikationslosem Herumhängen und Anrichten von Kurzvideo-Kopfsalat, nichts Sinnvolles zu tun gibt. DIESSEITS VON GUT UND BÖSE Von Katharina Tiwald „ Meine Träume haben mit Mut, Zeit, Geld zu tun; und mit der Überwindung der verdammten Vereinzelung. “ • Der Unsinn, Burschen und junge Männer ohne Tagesstruktur in große Einrichtungen zu stopfen, wird sofort gestoppt. Die Zivilgesellschaft erkennt, dass es mehr Angebote braucht, und es gelingt, viel mehr Menschen für Ehrenämter zu begeistern. Jeder Jugendliche, der das braucht, bekommt einen Mentor oder eine Mentorin zur Seite gestellt, wird in Gespräche verwickelt, zu Schnuppertagen in Firmen geschickt, in Museen, ins Parlament, in Kirchen, Moscheen und Synagogen begleitet. Kulturelle und religiöse Vereine, bei denen nachweislich Interesse am demokratischen und friedlichen Zusammenleben in einem Rechtsstaat besteht, in dem jeder nach seiner Fasson selig werden soll, ohne andere zu bedrängen, werden großzügig finanziert, um einen Teil dieses (durchaus verpflichtenden) Programms mitzutragen. • Frauen werden explizit gefördert, herausgefordert und geschützt; für neu angekommene Familien muss es sich rentieren, dass auch die Mütter Deutschkurse besuchen. Und: Die Leitkultur-Debatte wird endlich ernst genommen. Blasmusikkapellen, Madonnenstatuen und Schnitzel werden aus Diskurs und Bildrepertoire entfernt, bei aller verständlichen Sehnsucht nach den 80er Jahren. Es geht nur um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Globale Krise der Männlichkeit • Und die Spötter nehmen bitte ernst, dass die globale Krise der Männlichkeit nicht nur österreichische Rassisten hervorbringt, sondern manche Männer mit Migrationshintergrund in ihrem krausen Ehrverständnis und unterirdischen Frauenbild befeuern kann, wenn die Anlagen dazu gegeben sind. Sobald solche Tendenzen bemerkt werden, müssen Lehrpersonen, Betreuer, Nachbarn den Mund aufmachen und mit Rückendeckung durch alle gesellschaftlichen Institutionen – darunter die Bildungsdirektion – klare Botschaften aussprechen. Das funktioniert am besten, bevor der Anlassfall gegeben ist: Gerade Geschichts- bzw. Sachunterricht in der Volksschule bietet viele Möglichkeiten, über die Bedingungen von Frieden und Freiheit zu sprechen. Auch im flächendeckenden Ethikunterricht wird über religiöse Vielfalt und die Freiheit, nicht an Gott zu glauben, gesprochen. In den Schulen der Ballungsräume muss letztere deutlich angesprochen und die Notwendigkeit dazu bewusst werden. Wenn dann noch der wirtschaftliche Druck erheblich sinkt, die Kriege beigelegt werden, ein Störsender täglich für zwei Stunden das Internet lahmlegt, Menschen also vermehrt ihre Blicke vom Smartphone heben – dann haben wir vielleicht eine Chance. Wir alle sollten tanzen am Reumannplatz. Die Autorin ist Lehrerin an einer Wiener Mittelschule sowie Schriftstellerin. Zuletzt erschienen: „Mit Elfriede durch die Hölle“ (Milena 2021). QUINT- ESSENZ Von Brigitte Quint Der Kirschblüten-Exit Der Name Kratky kommt in Österreich 642-Mal vor. Laut nachnamen. net. Einen der Kratkys kennen wir ja. Wir wissen auch, wie viel er verdient. In Norwegen gibt es nur zwei Kratkys. In Syrien einen. In den USA leben 908 Kratkys. In Japan wird gerade über die Bedeutung des Nachnamens diskutiert. Den Anstoß dafür gab Hiroshi Yoshida. Der Simulationsforscher hat herausgefunden, dass, wenn das japanische Heiratsgesetz bleibt wie es ist (ein Ehepaar muss einen gemeinsamen Nachnamen tragen), im Jahr 2531 alle Japaner „Sato“ heißen werden. Durchaus nähmen das einige Politiker in Kauf. Sie glauben, dass unterschiedliche Nachnamen, gemeinsame Kinder verwirren würden. Wäre ich Kratky, also der böse Kratky, dann hätte ich längst das Weite gesucht. Für den Moment. In Japan ist gerade Kirschblütenzeit. Auf den Kirschblütenfesten kräht kein Hahn nach einem Nachnamen. Schon gar nicht nach „Kratky“. Denn laut nachname.net gibt es in Japan keinen einzigen Kratky. Noch nicht. Kratky, also der böse Kratky, könnte sich dort ein Haus kaufen, sich einbürgern lassen. Und er könnte heiraten und sich wieder scheiden lassen und dann wieder heiraten und sich wieder scheiden lassen und dann wieder heiraten und sich wieder scheiden lassen und dann wieder heiraten und sich wieder scheiden lassen. Frauen über Frauen hießen so Kratky. Kein einziges Kind wäre darob verwirrt. Vielmehr würde der Name Kratky in Japan explodieren. Die Yoshida-Prognose würden sich um vier Wochen verschieben. Dank Kratky. Aufgrund dieser irren Kratky-Japan-Nachnamen-Aktion, würde es in Österreich stiller um den Kratky-Gehalt-Skandal. Yoshida kann ausrechnen, ab welchem Zeitpunkt die Aufregung versiegt. Wenn ich nach dieser Kolumne das Angebot erhalte, dass mein Gehalt verzehnfacht wird, weil plötzlich alle meine Gedanken(ver)wirrungen hippen, dann sage ich „vielen Dank“ und stecke die Kohle ein. Ich würde vorgehen wie Kratky. Obwohl ich Kratkys volles Konto auf Steuerzahlerkosten als einen Fauxpas erachte. Kratky wiederum ist in meinen Augen schuldlos. Das könnte Kinder verwirren. Also lassen wir das Kuddelmuddel wie es ist. PORTRÄTIERT Voller Einsatz für Europa Schon ihre Biographie zeichnet sie als Muster-Europäerin aus: 1992 geboren in Tbilisi (Georgien), aufgewachsen in Ungarn und Deutschland und seit 2015 in Österreich lebend, setzt sich Nini Tsiklauri für ein stärkeres Europa ein. Die 32-jährige Politikwissenschaftlerin und Europa-Aktivistin hat 2017 die Bürgerbewegung „Pulse of Europe“ gegründet. Jetzt will sie als Spitzenkandidatin der ersten EU-weiten Partei „Volt“ ins Europaparlament einziehen – und sammelt täglich mit Gleichgesinnten die dafür in Österreich notwendigen 2600 Unterstützungsunterschriften. „Ich erkläre unermüdlich, warum nationale Parteien europaweite Probleme nicht lösen können und Populisten uns Europäer nur auseinanderbringen wollen“, sagt sie. Oft erntet sie dafür nur blanken Hass und Schimpftiraden. „Dabei sollte uns der Krieg in der Ukraine lehren, dass wir unsere europäischen Werte verteidigen müssen“, meint Tsiklauri, die Reformen für die EU einfordert: So soll eine europäische Regierung eingesetzt und ein europäischer Pfeiler neben der NATO für die Verteidigung aufgebaut werden. Den ersten Ansporn, sich für das europäische Friedensprojekt zu engagieren, lieferte ihr der Bürgerkrieg in Georgien 1992, vor dem ihre Eltern nach Ungarn geflüchtet sind. In Deutschland wurde sie als Teenagerin rasch populär: Neben der Schule wirkte sie in Hauptrollen für beliebte Filmserien wie „Die wilden Kerle“ und „Schloss Einstein“ mit. Zum Studium der Politikwissenschaften kam sie dann nach Wien. Bald arbeitete sie beim „Bürgerforum“ des ÖVP-Europaabgeordneten Othmar Karas mit und kandidierte 2019 bei den Europawahlen für die Neos auf Listenplatz 5. „Ich wollte immer bei einer europaweiten Bewegung mitmachen“, erzählt Tsiklauri. Das Ziel von „Volt“ für Juni: mit 26 Abgeordneten aus allen EU- Ländern im Europa-Parlament eine eigene Fraktion bilden. Derzeit ist sie dort erst mit zwei Abgeordneten aus Deutschland und Belgien vertreten. In Österreich ist Tsiklauri für „Volt“ Spitzenkandidatin – neben dem Juristen und Hobby-Winzer Alexander Harrer. Ihre Parole: „Hinter ,Volt‘ steht eine Born in Europe-Generation, die an das glaubt, was am Anfang der Europäischen Union stand und auch heute noch ihr Leitstern sein sollte – die ,immer engere Union der Europäer‘: kompromisslos für ein Europa der aufgeklärten, souveränen, selbstbewussten und solidarischen europäischen Bürgerinnen und Bürger.“ (Otmar Lahodynsky) Foto:Privat Die gebürtige Georgierin Nini Tsiklauri kandidiert für die kleine Europapartei „Volt“ in Österreich bei den Europawahlen.
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