14 · 4. April 2024 DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 80. Jg. · € 6,– Die Rechte der Verbrecher Billiglöhne, Überbelag, Personalmangel: Gefängnisinsassen organisieren sich für bessere Haftbedingungen. Seiten 12–13 Krieg der Roboter Den Himmel auf der Zung’ Geschichten erzählen – so oder so Automare Waffen wie „High-Tech-Hunde“ töten emotionslos, chirurgisch, „kostengünstig“. Über ethisch umstrittene Kampfhandlungen. Seite 8 Zum 330. Todestag der Dichterin Catharina Regina von Greiffenberg. Die Lyrikerin und Mystikerin des Hochbarock wird neu entdeckt. · Seite 9 Worte verbinden Literatur und Popmusik. Kein Wunder also, dass sich immer wieder Musiker auch als Schriftsteller versuchen. · Seite 17 Das Thema der Woche Seiten 2–4 Von der Maria-Lassnig-Biografie „Mit einem Tiger schlafen“ (Bild) bis zum zeitgenössischen Blick nach Favoriten: Österreichs Film zeigt auf der Diagonale seine gesellschaftliche und ästhetische Relevanz. „Die NATO wartet auf Österreichs Sicherheitsstrategie“ Das Filmland vermessen Foto: Stadtkino Filmverleih 75 Jahre ist der Nordatlantikvertrag und das sich darauf gründende Bündnis alt. Nach der jüngsten Erweiterung sind neutrale Staaten gefragt, ihre Rolle genauer zu definieren, sagt der Ständige Vertreter Jürgen Meindl. Welche Lehren gilt es für die Allianz angesichts weltweiter Minenfelder noch zu ziehen? Ein Fokus auf Fortschritte, Fehler und Fallstricke. Seiten 5 und 6 Die „Leitkultur“-Kampagne der Kanzlerpartei ist ein mehrfaches Ärgernis – und belegt den Unernst bei der Lösung tatsächlicher Probleme. Wie wäre es mit mehr politischer Kultur? Demokratie als Folklore Von Doris Helmberger „ Es braucht Intoleranz gegenüber Intoleranten. Eine nebulöse ,Leitkultur‘ wird aber dafür nicht reichen. “ Dies alles ist umso ärgerlicher, als eine Diskussion über die Grundlagen des Zusammenlebens in einer kulturell diversen, vielfältigen Gesellschaft tatsächlich gut und wichtig wäre. Auch eine liberale Demokratie muss „wehrhaft“ sein – und intolerant gegenüber Intoleranten. Nicht erst junge Messerstecher und kindliche Vergewaltiger mit Migrationshintergrund haben das überdeutlich werden lassen. Mit einer nebulösen „Leitkultur“, die einerseits Es ist die Zeit der Eskalationen und rungsprogramm, sondern einzig und allein der bösen Wiedergänger: In Russland hat sich Wladimir Putin pro der eigenen Partei findet? Und wie kann im jüngsten Wahlkampf-Strategiepapier forma wiederwählen lassen, in es tags darauf gelingen, nicht nur die gekommenen Fachleute mit einer Kampagne den USA nimmt Donald Trump eine Hürde nach der anderen auf seinem in simpelster Blasmusik-Ästhethik zu geplanten Rückmarsch ins Weiße Haus, im brüskieren, sondern sogar die Blasmusik Nahen Osten droht nach einem mutmaßlich israelischen Angriff auf die iranische Idee verfiel, nach „Normalität“ und „Bar- selbst? Wer auch immer in der Partei auf die Botschaft in Damaskus ein Flächenbrand – geld“ nun mit „Leitkultur“ um Stimmen zu und in Österreich? Eigentlich sollte man buhlen, sollte jedenfalls dringend seinen unter Hochdruck die noch immer fehlende Kompass justieren: Diesen Begriff zuerst Sicherheitsdoktrin finalisieren, das eigene Selbstverständnis zwischen Neutralinen und nun damit den eigenen Platz „in den rechtsextremen Identitären zuzuordtät und NATO diskutieren und endlich jene der Mitte“ zu belegen – das geht sich ideo- Umtriebe zwischen Moskau und Wien inspizieren, die mittlerweile jeden Spionagelogisch einfach nicht aus. Thriller in den Schatten stellen. Doch es „Werte“ – nicht bloß auf dem Papier ist längst Wahlkampf – offenbar nicht nur die Zeit „fokussierter Unintelligenz“, wie Michael Häupl einst (selbst-)kritisch konstatierte, sondern auch die Zeit unfokussierter Panik. Wie sonst kann man sich das aktuelle Agieren der ÖVP erklären? Warum sonst lädt man mitten in der Karwoche einen nicht näher vorgestellten Experten-Kreis ins Kanzleramt, um dort an einer „Leitkultur“ zu feilen, die sich in keinem Regienichts anderes umfasst als geltende Gesetze und Menschenrechte, andererseits mit Hinweis auf „Sitten“, „Gebräuche“ und andere Folklore jeder offenen Gesellschaft Hohn sprechen würde und folglich in keinem Gesetz Eingang finden könnte, wird das freilich kaum gelingen. Erst in alltäglichen, mühsamen Aushandlungsprozessen erlangt die faktische „Hausordnung“ einer Gesellschaft, erlangen ihre „Werte“ tatsächlich Gültigkeit und Wirksamkeit. Das freilich erfordert mehr als eine plakative Vorwahl-Kampagne – und auch mehr als die von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) angekündigte Umfrage, was die Bürgerinnen und Bürger unter einer österreichischen Identität und „Leitkultur“ verstehen. Es erfordert Zeit, Geld und Mühe – insbesondere im Schul- und Bildungsbereich. Dass hier vielfach nur „gegen das System“ und mit Hilfe außergewöhnlichen persönlichen Engagements Erfolge erzielt werden können, belegt nicht nur Ruth Beckermanns neuer Film „Favoriten“, sondern auch der Erfahrungsschatz all jener Lehrerinnen und Lehrer, die mit jungen Menschen aus benachteiligten Familien arbeiten (vgl. die Seiten 2 und 15). Hierhin das Augenmerk und die nötigen Ressourcen zu lenken, wäre übrigens Aufgabe der Politik. Und sich dessen auch in Zeiten von Wahlkampf und globalen Eskalationen bewusst zu bleiben, ein Zeichen politischer Kultur. Zumindest dies sollte und könnte man als hiesige „Leitkultur“ verankern. doris.helmberger@furche.at AUS DEM INHALT „Die Ideologie der serbischen Welt“ Sicherheitsexperte Igor Bandović über entfesselte Autokraten auf dem Westbalkan, Donald Trumps Rolle in der Region und die Schlafwandel-Politik der EU. Seite 7 Mein Ramadan Hanna Begic begeht bewusst den muslimischen Fastenmonat. Wie insbesondere das Bittgebet Du’a diese Zeit prägt, beschreibt sie in einem persönlichen Bericht. Seite 10 Tanzen am Reumannplatz Was kann, was muss man gegen Jugendkriminalität tun? Katharina Tiwald formuliert im „Diesseits von Gut und Böse“ ihre Träume als Lehrerin. Seite 15 Das Trauma der Koalas Im Osten Australiens ist das Überleben der Beutler gefährdet. Ein großer Nationalpark soll die Symboltiere retten, doch das Tauziehen um das Projekt ist groß.Seiten 22–23 Musikant Gottes, Revolutionär Vor 200 Jahren wurde Anton Bruckner geboren. Eine Ausstellung im Prunksaal der Nationalbibliothek und eine neue Biografie würdigen ihn exemplarisch. Seite 24 @diefurche @diefurche furche.at @diefurche Die Furche Österreichische Post AG, WZ 02Z034113W, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien DIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 Wien Telefon: (01) 512 52 61-0
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