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DIE FURCHE 03.10.2024

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DIE FURCHE · 40 2 Das Thema der Woche Spirale der Vergeltung 3. Oktober 2024 AUS DER REDAKTION Dass die Ausgabe nach der Nationalratswahl dicht sein würde, war klar. Wie sehr diese Dichte durch die Weltpolitik gesteigert werden würde, war hingegen nicht absehbar. Ein Jahr nach dem Pogrom vom 7. Oktober 2023 hat die „Spirale der Vergeltung“ mit Irans Raketenangriff auf Tel Aviv eine neue Dimension erreicht. Zur Einordnung all dessen haben Brigitte Quint und Till Schönwälder namhafte Stimmen gewinnen können: neben dem Ex-Botschafter Israels in Österreich, Dan Ashbel, den Historiker Tom Segev, den Islamwissenschafter Rüdiger Lohlker und den Rektor des Österreichischen Hospizes in Jerusalem, Markus Bugnyár. „Die Nerven liegen blank“, lautet dessen Befund. Angespannt sind diese auch hierzulande. Nach dem Sieg der FPÖ hat das große Taktieren begonnen. Auch hierzu gibt es kundige Analysen, etwa von Polit-Doyen Anton Pelinka, Politikwissenschafterin Barbara Prainsack und Sebastian Enskat von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Womit wir ans Ende dieser Zeitung springen – zum Porträt, das Manuela Tomic anlässlich des Jahrestags der Ermordung von Jamal Khashoggi geschrieben hat. Zu Ende ist auch Tomics Weg mit der FURCHE, sie wird sich auf eigenen Wunsch neuen Herausforderungen widmen – darunter der Literatur, die sie in preisgekrönten Hörspielen wie auch in ihrer Kolumne „mozaik“ zur Blüte brachte. Die Reihe dieser dichten Kleinode wird freilich weitergeführt, ebenso sind im Oktober weitere „Menschen“-Porträts von Tomic zu lesen. Danke – und alles Gute! (dh) Von Dan Ashbel • Jerusalem Die Whatsapp-Meldung von unserer Schwiegertochter am Morgen des 7. Oktober war seltsam: „Wir haben Verständnis dafür, wenn ihr wegen der Ereignisse nicht kommt.“ Ein Familientreffen, die Geburtstagsfeier unserer Enkel, war für den Vormittag geplant. Wenige Minuten später heulten schon die Sirenen, und ein dumpfes Gefühl der Unsicherheit entstand. Was ist los? Es muss schon sehr schlimm sein, wenn die Sirenen, sogar in Jerusalem, ununterbrochen heulen. Zu diesem Zeitpunkt war der schlimmste Angriff gegen Juden seit mehr als 80 Jahren im vollen Gange. Tausende Hamas-Terroristen, gefolgt von einem hasserfüllten und blutrünstigen Mob, drangen vom Gazastreifen in den Süden Israels ein. Sie setzten Felder in Brand, brannten Häuser samt ihren Einwohnern nieder – Babys, Kinder, Frauen, Männer und Greise – Hauptsache, sie waren Juden. In einem Feld in der Nähe des Kibbuz Reim, wo ein Musikfest stattfand, vergewaltigten sie junge Frauen, um sie gleich danach brutal zu schlachten. Über 1200 Menschen wurden in diesen Stunden ermordet und circa 200 Geiseln nach Gaza entführt. Viel wurde schon über diese Horrorstunden geschrieben, trotzdem bleibt es unvorstellbar. Dan Ashbel veröffentlichte zudem folgenden Text: „Israels Demokratie ist in Gefahr“ (13.9.2023), auf furche.at. Der verheerendste Angriff gegen Juden seit mehr als 80 Jahren jährt sich erstmals. Die persönliche Rückschau eines Ex-Botschafters auf den Überlebenskampf seines Landes. Hoffnung, ein freies Volk zu sein Ziel: Die Auslöschung Israels Im Jahr 1967 war ich ein Jugendlicher. Ich erinnere mich an das Gefühl der Gefahr, als Ägypten, Syrien und Jordanien Israel zu vernichten drohten. Freunde aus dem Ausland boten Zufluchtsplätze an. Im Mai 1967 schien der Traum eines unabhängigen jüdischen Staats an seinem Ende. Im Jahr 1973 war ich schon ein Reservesoldat. Als die Sirenen am Versöhnungstag (Jom Kippur) heulten, weil Ägypten und Syrien wieder versuchten, Israel von der Landkarte zu löschen, waren wir entsetzt, überrascht, aber entschlossen, unser Land und unsere Gesellschaft zu retten. 50 Jahre nach dem Jom-Kippur-Krieg befinden sich 101 Israelis, zwischen zwei und 80 Jahren alt, in den Händen der Hamas-Terroristen in Gaza. Mehr als 140.000 Israelis sind Flüchtlinge im eigenen Land. Tausende Raketen und Bomben werden täglich von der Hisbollah im Libanon auf den Norden Israels geschossen, und zusätzlich schicken die Huthi aus dem Jemen wie auch das iranische Regime Raketen auf die Zivilbevölkerung Israels. Der Iran macht kein Hehl daraus, dass es so seinen Einfluss in dieser Region verstärkt im Rahmen der Weltverbreitung des schiitischen Islams. Israel hat seit seiner Entstehung wenige ruhige Zeiten erlebt. Wir leben in einer Nachbarschaft, die uns auch heute nicht akzeptieren will. Was uns immer wieder zum Überleben verholfen hat, war das Bewusstsein, dass wir kein anderes Land haben und dass wir nur gemeinsam und aus eigener Kraft unsere Zukunft bauen können. Wie in jeder lebendigen Demokratie hatten wir verschiedene Regierungen. Ideologische Auseinandersetzungen waren und sind uns nicht fremd. Der Leitfaden durch alle Regierungen war immer das sichere Überleben der Menschen und des Staates. Dies ist keine Selbstverständlichkeit „ In den ersten Tagen waren die Regierung und ihr Chef stumm und paralysiert. Es waren die Zivilgesellschaft und tausende Freiwillige, die die Aufgaben der Regierung auf sich nahmen. “ in unserer Region. Die Aufrufe zur Vernichtung Israels oder der jetzt so populäre Slogan „From the river to the sea, Palestine will be free“ haben ein klares Ziel: die Auslöschung des jüdischen Staates. Es handelt sich nicht um territoriale oder irgendwelche andere Kompromisse. Vernichtung ist das Ziel. Wenige Staaten in der Welt stehen vor so einer Gefahr. Die Wahlen in Österreich haben vieles offenbart – die Existenz des Staates ist nicht gefährdet. Erhaltung von Macht als Maxime Der mörderische Angriff am 7. Oktober 2023 kam zu einer sehr empfindlichen Zeit in Israels Geschichte. Benjamin Netanjahu hat im Dezember 2022 eine Koalitionsregierung zusammengestellt, die 64 Stimmen von 120 Knesset- Mitgliedern hat. Es stellte sich heraus, dass diese Regierung sich weniger mit Demokratie und mehr mit Macht beschäftigt. Im Jänner 2023 veröffentlichte die Foto: Getty Images / AFP / Menahem Kahana Regierung einen Reformierungsplan des Rechtssystems unter dem Motto „Wer gewählt wurde, entscheidet, wo es langgeht“. Die gewählten Politiker, die eine Mehrheit in der Knesset (Parlament) genießen, und nicht das Gesetz oder die Beamten haben die Macht und das Recht zu entscheiden. Eines der wichtigen Elemente ist, den Politikern die Wahl der Richter zu überlassen. Dieser Plan brachte Tausende, ja Millionen auf die Straßen. Jeder, dem die liberale Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit von Bedeutung und Wichtigkeit sind, fühlt sich betroffen. Benjamin Netanjahu ist der am längsten amtierende Premierminister Israels. Bis auf eine kurze Pause von Juni 2021 bis Dezember 2022 regiert er durchgehend seit dem Jahr 2009. In dieser Zeit und besonders seitdem er wegen angeblicher Korruption vor Gericht gestellt wurde, kämpft Netanjahu mit all seiner Kraft um Trauer Im Kibbuz Nir Oz legen Trauernde Blumen auf das Grab von Avraham Munder – er war eine jener Geiseln, die in den Gazastreifen verschleppt worden waren und nur noch tot aufgefunden wurden. seine politische Zukunft und um seine persönliche Freiheit. In diesem Kampf sind ihm fast alle Mittel recht. So kamen wichtige Ministerien wie Finanzen oder innere Sicherheit in unfähige und gefährliche Hände. In den ersten Tagen nach dem tödlichsten Angriff auf Israel waren die Regierung und der Regierungschef stumm und paralysiert. Es waren die Zivilgesellschaft und tausende Freiwillige, die die Aufgaben der Regierung auf sich nahmen. Soldaten auf ihrem Weg zur Front halfen Familien, die ihr gesamtes Hab und Gut verloren hatten – Unterkunft, Bekleidung, Essen usw. Sie erhielten sofortige Hilfe. Die Rettungsgeschichten unter Beschuss der Terroristen von Jugendlichen auf dem „Nova“- Musikfest wurden noch nicht alle erzählt. Auch in diesen Tagen befinden wir uns im Überlebenskampf im Norden Israels und entlang des Gazastreifens. Die Koalitionsregierung beschäftigt sich aber mehr mit der Erhaltung der Regierung als mit Plänen, der Situation Herr zu werden oder die Geiseln heimzubringen. Hunderttausende, die wöchentlich für das Schicksal der Geiseln auf den Straßen Israels demonstrieren, haben wenig Einfluss auf die Entscheidungsträger. Das jüdische Jahr 5785 Noch nie in der Geschichte Israels glaubten mehr als 70 Prozent der Bevölkerung, dass die Existenz und das Wohlergehen des Staates und seiner Bürger NICHT die erste Priorität der Regierung seien. Kein Staat kann sich eine verantwortungslose Regierung leisten. In Israel ist es eine Überlebensfrage. In Israels Nationalhymne „Hatikvah“, „die Hoffnung“, heißt es: „die 2000 Jahre alte Hoffnung, als ein freies Volk in unserem eigenen Land zu leben“. Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben! Aber nach einem Jahr dieses grausamen Krieges ist es schwerer geworden zu hoffen. Am 3. Oktober 2024 beginnt das jüdische Jahr 5785. Ich wünsche uns allen ein besseres Jahr. Wir brauchen es. Der Autor war von 2005 bis 2009 Botschafter des Staates Israel in Österreich.

DIE FURCHE · 40 3. Oktober 2024 Das Thema der Woche Spirale der Vergeltung 3 Im Nahen Osten folgt ein Vergeltungsschlag auf den anderen. Die Angst vor einem Krieg zwischen Israel und dem Iran geht um. Der Historiker Tom Segev gibt sich im Gespräch wenig zuversichtlich. Es sei Benjamin Netanjahus Missmanagement, das zur Eskalation beitrage. „Es dreht sich um Gefühle, Glaube, Ideologien, Religion und Identität.“ Das Gespräch führte Philipp Fritz Am kommenden Montag jährt sich das genozidale Massaker der Hamas vom 7. Oktober. Fast 1200 Menschen wurden ermordet, Tausende verletzt, rund 240 nach Gaza verschleppt. In Ruhe trauern können die Hinterbliebenen nicht. Nach einer israelischen Bodenoffensive in Gaza im Oktober 2023 und vor wenigen Tagen im Libanon feuerte das iranische Militär vor wenigen Stunden knapp 200 Raketen gen Israel, viele Bewohner harrten stundenlang in Bunkern aus. Regierungschef Benjamin Netanjahu kündigte einen Vergeltungsschlag an. Offenbar werden jetzt die iranischen Nuklearanlagen ins Visier geraten. (Die Berichterstattung bezieht sich auf die Ereignisse vor Redaktionsschluss am 2.10.2024.) Darauf wird wohl wieder ein Vergeltungsschlag folgen. Der Historiker Tom Segev glaubt mittlerweile nicht mehr an Versöhnung. Ein Gespräch über die Spirale der Eskalation. DIE FURCHE: Seit dem Beginn des Gazakriegs beschießt die Hisbollah-Miliz Israel mit Raketen. Israel reagierte. Nach den Pager-Explosionen nun auch mit Luftschlägen und Bodentruppen. Auch die Zentrale der Hisbollah wurde beschossen. Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah wurde dabei getötet. Die USA, aber auch Frankreich und Deutschland fordern eine Feuerpause. Regierungschef Benjamin Netanjahu erteilte dieser eine Absage. Wie bewerten Sie die angespannte Lage an Israels Nordgrenze? Droht nun ein großer Krieg zwischen der Hisbollah und Israel? Tom Segev: Die immer wieder geführten Kriege zwischen Israel und dem Libanon waren seit jeher irrational. Beide Seiten wollen sie nicht. Israel behandelt die Hisbollah wie einen „bösen Buben“. Das riesige Raketenarsenal, das die Hisbollah aufgebaut hat, hat man jahrelang hingenommen – als sei es nur ein Spielzeug. Die Hisbollah wiederum fühlt sich aufgrund ihres Selbstverständnisses dazu gezwungen, die Palästinenser im Gazastreifen zu unterstützen, allerdings nur bis zu jenem Punkt, bis zu dem sie sich nicht selbst gefährdet. In dieser Hinsicht scheint etwas aus dem Ruder gelaufen zu sein: Die Hisbollah griff bis jetzt in der Regel keine israelischen zivilen Ziele an. Aber: Mittlerweile wurden tausende Privathäuser entlang der libanesischen Grenze evakuiert. Nicht zuletzt setzen die betroffenen Bewohner Israels Regierung unter Druck. Sie wollen zurückkehren, fordern ein hartes Durchgreifen. Letzteres wiederum führte dazu, dass hunderttausende libanesische Dorfbewohner nun gezwungen Foto: picturedesk.com / Robert Newald Lesen Sie auch das Interview mit dem Philosophen Andrzej Leder, „Netanjahu ist ein Verbrecher“ (31.7.2024), auf furche.at. Tom Segev wird der losen Gruppe „Neue Historiker“ zugeordnet, die mit einer Neubewertung der Geschichte des Zionismus und des Landes Israel begonnen hat. „ Dieser Krieg hat nichts gebracht. Die Hamas ist nicht besiegt und zahlt weiter Gehälter aus. Die Geißeln sind nicht befreit. “ sind, in den Norden zu fliehen. Es gibt bereits hunderte Todesopfer. Der Hauptfeind beider Seiten scheint ihr nationales Ego zu sein. Ich gehe davon aus, dass es ihnen gelingt, auch hier wieder eine Einigung zu erzielen. Übrig bleibt das Gefühl, dass erneut alles unnötig war. DIE FURCHE: Israel wird jedoch nicht nur von Norden her bedroht. Wie erwähnt führt es Krieg gegen die Hamas in Gaza. Aber da sind noch die Huthis im Jemen und natürlich der Iran. War Israel jemals in einer so gefährlichen Lage? Segev: Der Terroranschlag vom 7. Oktober ist der schlimmste Terroranschlag, den Israel seit der Gründung des Staates 1948 erlebt hat. Er hat das Land in einen Schock versetzt. Die Tatsache, dass arabische Terroristen Siedlungen erobern können, so etwas war noch nie vorgekommen, wurde für unmöglich gehalten. Eigentlich leben wir immer von Krieg zu Krieg, und es war schon manchmal so, dass man das Gefühl hatte, dass der Staat in großer Gefahr ist – etwa 1973, während des Jom-Kippur- Kriegs. Aber das, was jetzt geschieht, diese Bedrohungslage in Kombination mit FORTSETZUNG AUF DER NÄCHSTEN SEITE KOMMENTAR Generationen, die daran zerbrechen Am Anfang meiner Journalistinnenlaufbahn hatte ein Kollege von der Außenpolitik beschlossen, die Branche zu wechseln. Er war damals ein versierter Kenner des Nahen Ostens, und die Leserschaft schätzte seine Analysen. „Generationen sind an diesem Hass, diesem Leid, dieser Ausweglosigkeit zerbrochen. Und auch die kommenden Generationen werden weiter daran zerbrechen“, erklärte er mir bei seinem Abschiedsumtrunk. Der ehemalige Kollege ist kein Einzelfall. Philosophen, Soziologen, Historiker, Geopolitiker, Journalisten, Diplomaten, ganz zu schweigen von den Angehörigen der betroffenen Parteien – die israelisch-palästinensische Eskalationsspirale hat über Jahrzehnte zahllose Menschen weltweit zermürbt. Seit dem 7. Oktober 2023 hat sich die Ohnmacht ob der Nahostfrage potenziert. Die Terrororganisation Hamas setzte ihre von langer Hand geplante „Operation Al-Aqsa-Flut“ in die Tat um. 2000 Terroristen stürmten die Sicherheitsbarrikaden am Gazastreifen, 1200 Menschen, darunter ganze Familien mit kleinen Kindern, wurden hingerichtet. Auf dem „Nova“-Musikfestival ermordeten die Täter rund 364 Partygäste. 253 Personen verschleppten sie nach Gaza. Was daraufhin folgte, ist bekannt. Israels Regierung startete eine Boden offensive im Gazastreifen. Zunächst konnte sich der israelische Staat der Solidarität des Westens sicher sein. Israel habe das Recht auf Selbstverteidigung, darin waren sich anfangs die allermeisten einig. Doch dann gingen die Bilder vom Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung um die Welt. Ein Wendepunkt. Während die einen auf die bedingungslose Unterstützung Israels pochen, gehen die anderen auf die Straße und werfen der Regierung Netanjahu Völkermord vor. Intellektuelle, Juristen, Nahost kenner liefern sich eine Schlacht der Argumente. Das Thema spaltet Familien, Redaktionen, Kabinette, Schulklassen, Uni-Seminare. Es gibt nur Schwarz oder Weiß. A oder B. Allein der Gedanke, ob Grau oder C auch denkbar sind, scheint schon vermessen zu sein. Dass dem so ist, das bestätigt auch der Historiker Tom Segev (siehe links). Er hält die Zweistaatenlösung für eine diplomatische Fiktion und den Nahostkonflikt für unlösbar. Erich Kästner schrieb: „Es geht um die Kinder!“ „Eines Tages wurde es den Tieren zu dumm“, mit diesem Satz beginnt Erich Kästners „Konferenz der Tiere“. Ein Satz, der mir dieser Tage immer wieder in den Sinn kommt. Kästner lässt in seiner Geschichte die Vertreter aller Tierarten der Erde zusammenkommen, damit diese, aufgrund des politischen Scheiterns der Menschen, für künftige Generationen den Weltfrieden sicherstellen sollen. Die Parabel des Schriftstellers folgt durchgängig der Maxime: „Es geht um die Kinder!“ Am Ende der Geschichte erlangen die Protagonisten die Erkenntnis, dass sie nur Gast auf Erden und gleichermaßen verantwortlich für ihr Zusammenleben sind. Sie einigen sich auf gegenseitige Rücksichtnahme und Dialogbereitschaft. Israels ehemaliger Botschafter in Österreich, Dan Ashbel, (vgl. Seite 2), wollte am 7. Oktober 2023 eigentlich mit seinen Enkelkindern in seiner Heimat Jerusalem Geburtstag feiern. Statt eines fröhlichen Beisammenseins wurden er und seine Familie in einen Ausnahmezustand versetzt – der bis heute anhält. Kästners Romantiere wiederum wollten nicht länger mitansehen, wie die Kinder unter den Taten der Erwachsenen leiden müssen und wie sie von ihnen verdorben werden, sodass sie als Erwachsene genauso handeln. „Es geht um die Kinder!“ – die Zukunft des Nahen Ostens ist ohne diesen Grundsatz undenkbar. Andernfalls behält mein bis heute geschätzter ehemaliger Kollege recht: „Und auch die kommenden Generationen werden daran zerbrechen.“ (Brigitte Quint)

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