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DIE FURCHE 03.04.2025

DIE FURCHE

14 · 3. April 2025DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 81. Jg. · € 6,–MIT BEILAGE FÜRIHRE VORSORGE!Vereint im Hass auf den Regenbogen Die erste evangelische Bischöfin? Die verkehrte Welt der SelbsteinschätzungDie FPÖ verweigert sich einem Aktionsplan gegenHassverbrechen an LGBTIQ+-Personen. Das istVerhetzungspolitik. · Seite 8Mit Cornelia Richter könnte im Mai erstmalseine Frau zur Bischöfin in der evangelischen Kirchegewählt werden. Ein Porträt. · Seite 10Was passiert, wenn sich wenig fähige Menschenzu unkritisch betrachten? Über die Forschung zumDunning-Kruger-Effekt. · Seite 23Das Thema der WocheSeiten 2–5In der digitalen Welt ist Körperkontakt rargeworden. Über die elementare Bedeutungvon Nähe und Gelegenheiten, bei denensich Menschen noch angreifen.BerührungspunkteIllustration: Rainer MesserklingerFoto: picturedesk.com / brandstaetter images / Österreichisches Theatermuseum„Wir lebten allenur auf Abbruch“Welches Buch sollte man heute(wieder) lesen? In der FURCHE-Reihe„Angesagt“ empfiehlt Christian JostmannHertha Paulis Erinnerungsbuch„Der Riss der Zeit geht durch meinHerz“, das 1970 erschienen ist.Seite 17Lernen mit dem ganzen Körper: Bildungsminister Christoph Wiederkehr sollte sich von der neuenLeitperspektive der deutschen Wissenschaftsakademie Leopoldina inspirieren lassen.Handy weg? Reicht nicht!Von Martin TaussWeniger Alkohol und Zigarettenbei Schülern undSchülerinnen – eine guteNachricht? Nicht unbedingt.Die aktuelle ESPAD-Erhebung der Gesundheit Österreich GmbHim Auftrag des Gesundheitsministeriumszeigt zugleich, dass der Konsum von neuerenSuchtmitteln wie Nikotinbeuteln undE-Zigaretten deutlich zugenommen hat.Ebenso ist die Nutzung von Computerspielenund sozialen Medien oft problematisch.Ein Viertel der 7735 befragten Jugendlichenim Alter von 14 bis 17 Jahren weist einniedriges Wohlbefinden auf; jeder Zehntezeigt Indizien für eine hohe psychische Belastung.Dazu passend steigt die Einnahmevon Schlaf- und Beruhigungsmitteln.Die heimische Stichprobe fügt sich nahtlosin den europäischen Befund, dass dieEntwicklung der Heranwachsenden vielfältigbedroht ist – auch durch die Auswirkungenvon Krisen und Kriegen. 2024 hateine internationale Expertenkommissioneine Art Brandbrief im renommiertenFachjournal Lancet veröffentlicht. Darinwarnt sie, dass auf psychischer Ebene ein„Kipppunkt“ erreicht sei, an dem man alsGesamtgesellschaft handeln müsse.„ Die psychischeGesundheit der Jugendist der eigentliche Schatzfür die Entwicklungunserer Gesellschaft.“Suchtprävention findet heute zu einem gutenTeil im weiten Land der digitalen Medienstatt. Insofern ist es ein wichtiger Schritt,dass Bildungsminister Christoph Wiederkehr(Neos) die Schule nun per Verordnungzur „handyfreien Zone“ erklärt: Es müsseein neuer Modus gefunden werden, um gegendie digitale Ablenkung vorzugehen undzugleich das digitale Lernen zu fördern.Umfassende SchutzstrategieDoch ein Handyverbot ist nicht genug.Das unterstreicht eine umfangreiche Stellungnahmeder deutschen Akademie derWissenschaften Leopoldina vom letztenHerbst, die auf neuerer psychologischerund neurowissenschaftlicher Forschungbasiert. Sie appelliert an die politisch Verantwortlichen,die Selbstregulation bei jungenMenschen zu fördern – als Schutzstrategie,um deren psychische Gesundheit zustärken und ihnen zu helfen, besser mitSchulschwierigkeiten und Zukunftsängsten,Wohlstandsverlusten und dem Klimawandelumzugehen. Selbstregulation umfasstkognitive, emotionale und sozialeKompetenzen, um persönliche Ziele zu erreichenund flexibel auf Veränderungen zureagieren. Dahinter steht auch das Konzepteiner „Bewusstseinskultur“, das vom PhilosophenThomas Metzinger stringent ausformuliertworden ist – übrigens eines jenerpositiven Leitbilder, nach denen in unsererZeit des Umbruchs händeringend gesuchtwird. Es reicht also nicht, nur einen Abwehrkampfgegen die vielen Suchtgefahrenzu führen. Es braucht eine Steigerung dermentalen Autonomie, die Ausrichtung aufdie oberen Gefilde der menschlichen Entfaltungsmöglichkeiten.„Selbstregulationskompetenzensind nicht nur im Sinne einerresilienten Gesundheit und hervorragendenBildung von Kindern und Jugendlichenförderungswürdig, sondern bilden auchgesellschaftlich unabdingbare Voraussetzungenfür gelingende soziale Beziehungen(...) und eine möglichst umfassende demokratischeMitwirkung“, so die Vision derdeutschen Akademie. Die Förderung dieserganzheitlichen Fähigkeiten soll zu einerneuen Leitperspektive des Schul- und Bildungssystemswerden. Gelernt wird dannnicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit„Leib und Seele“, zum Beispiel mittels achtsamkeits-und körperorientierter Ansätze.Natürlich weiß man in der Leopoldina,dass all das nicht von heute auf morgen umsetzbarist, sondern ein „langsames Bohrenvon harten Brettern“ erforderlich sei.Dennoch sollte Bildungsminister Wiederkehreinen Blick nach Deutschland werfen.Die Einsicht, dass die psychische Gesundheitder Jugend der eigentliche Schatz fürdie künftige Entwicklung unserer Gesellschaftist, scheint hierzulande noch wenigdurchgesickert zu sein.martin.tauss@furche.atAUS DEM INHALTDie fundamentale BedingungWelche friedensethische Orientierung istnötig, um politisches Handeln weg vomKrieg zu führen? In einem Sammelbandgehen Autoren dieser Frage nach. Seite 7„Wer bin ich?“Vor 80 Jahren wurde der Widerstandskämpferund Theologe Dietrich Bonhoeffer vonder Nazis ermordet. Eine fragmentarischeBetrachtung von Matthias Geist. Seite 9Dem Leben mit Offenheit begegnenSie war eine der ganz großen SchriftstellerinnenÖsterreichs: Barbara Frischmuth istam Sonntag 83-jährig in ihrem GeburtsortAltaussee gestorben. Seite 15„Möbel, die den Raum verändern“Schmuck, Geschirr, selbst Blumensträußeaus Papier: Alles, was Dagobert Peche anrührte,geriet außergewöhnlich. Das WienerMAK widmet ihm eine Ausstellung. Seite 21Auf Kosten aller anderenAm 2. April wäre Giacomo Casanova 300Jahre alt geworden. Forscher zweifeln heutean seinen Geschichten. War der Verführer inWahrheit ein Vergewaltiger? Seite 24@diefurche@diefurchefurche.at@diefurche.bsky.socialDie FurcheÖsterreichische Post AG, WZ 02Z034113W,Retouren an Postfach 555, 1008 WienDIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 WienTelefon: (01) 512 52 61-0

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