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DIE FURCHE 02.03.2023

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DIE FURCHE · 9 2 Das Thema der Woche Uni im Ausverkauf? 2. März 2023 Im März kehren die Studierenden an die Universitäten zurück. Doch was ist die Forschung und Lehre an den Hochschulen heute noch wert? Über die heikle „Lenkung“ der Wissenschaft, dubiose Titel und die Auslagerung von Forschungsarbeit an die Bevölkerung. Redaktion: Martin Tauss und Jana Reininger Neoliberale Unis? Mit dem Universitätsgesetz von 2002 (UG02) wurden die Verhältnisse an den öffentlichen Universitäten radikal geändert. Das umstrittene Gesetz brachte einen neuen Zeitgeist an die Hochschulen; Kritiker sprechen von der „neoliberalen Uni“. Ein Assessment steht bislang nicht auf der politischen Agenda, kritisiert Autor Thomas König. Von Thomas König Kennen Sie den GUEP? Wissen Sie, was im 109er steht? Vermutlich nicht. Dabei handelt es sich um zwei der signifikanteren Blüten, die aus dem Universitätsgesetz von 2002 (kurz UG02) resultieren. Mit diesem Gesetz sind vor 21 Jahren die Verhältnisse an den Universitäten ganz neu geordnet worden. Das UG02 feierte letztes Jahr sein rundes Jubiläum. Bewegt hat das nur wenige – erstaunlich, wenn man sich an die Kontroversen erinnert, die es rund um seine Einführung gab. Das neue Gesetz brachte den europäischen Zeitgeist des „New Public Management“ in die Universitäten – und passte auch ideologisch zur rechtskonservativen Koalition zwischen FPÖ und ÖVP. Versprochen wurde, das leidliche „Governance“-Problem zu lösen (also die Lenkung der Unis), den wissenschaftlichen Output zu erhöhen und Studierende verlässlicher und schneller zum Abschluss zu bringen. Legitimation, Exzellenz, Professionalisierung: Konnten diese Versprechen gehalten werden? Klar ist: Gegenüber dem damals bestehenden System gab es sowohl im Ministerium als auch an den Universitäten Bedenken. So wurde etwa bezüglich „Governance“ die Schwerfälligkeit der Universitätsgremien kritisiert und auch, dass das Ministerium jede Entscheidung bestätigen musste. Und bezüglich der wissenschaft-lichen Outputs herrschte die Wahrnehmung, dass zu viel Mittelmaß in unkündbare Positionen gekommen war. Zudem gab es noch eine Reihe weiterer Themen, etwa die Finanzierung oder die Studienabschlüsse. Dynamisierter Arbeitsmarkt Collage: Rainer Messerklinger (Bildquelle: Wikipedia (cc by-sa 4.0)) Neue Uni in Linz Die Gründung einer neuen TU für Digitalisierung und digitale Transformation in Linz ist schon länger in Diskussion. Die Universitätenkonferenz (Uniko) hat kürzlich ihre Forderung bekräftigt, „Synergien mit bestehenden Angeboten anderer Universitäten bestmöglich zu nutzen“. An den Hochschulen zeigen sich Glanz und Elend des „New Public Management“. Was ein Gesetz über das aktuelle Verhältnis von Universität, Politik und Gesellschaft erzählt. Im Dschungel der Interessen Das UG02 räumte bei der Lenkung ordentlich auf: Die Unis sind nun – man muss das Juristendeutsch lieben – „vollrechtsfähig“. Der Rektor ist der CEO der Universität, der nach unten freie Hand haben soll und nach oben durch Leistungsvereinbarungen gesteuert wird, die auf messbaren Zielen beruhen. Freilich: Eine öffentliche Universität wird in Österreich zum allergrößten Teil aus Steuergeldern finanziert. Der Legitimationsbedarf ist also anders gelagert als bei einem, sagen wir mal, börsennotierten Unternehmen. Entwicklungspläne, Leistungsvereinbarungen, Leistungsberichte, Wissensbilanzen – in den letzten zwei Dekaden haben sich die öffentlichen Universitäten einem engmaschigen Zeitplan unterworfen, um ihre Tätigkeiten regelmäßig zu überprüfen. Weil dann noch die Frage offenblieb, wie sich das alles zusammenfassen lässt, hat das Ministerium den Gesamtuniversitären Entwicklungsplan (voilà: GUEP) aufgesetzt. So genau die verschiedenen „Zieldokumente“ auch sein mögen, schleicht sich doch die Vermutung ein, dass es sich hier teils um Rhetorik handelt. Unklar bleibt oftmals, was präskriptiv (also als echtes Ziel definiert) und was deskriptiv (also Wiedergabe schon bestehender Leistungen) ist. Und was, wenn Ziele nicht erreicht werden? Ein wenig erfolgreiches Unternehmen verliert Marktanteile und geht eventuell in Konkurs. Ist das für eine öffentliche Universität denkbar? Der Rückblick macht sicher: Nein. Und auch Konsequenzen wie etwa Mittelkürzungen waren für die politisch Verantwortlichen kaum durchsetzbar. Wirkliche „Lenkung“ der Wissenschaft ist ohnedies schwer. Wer blickt schon durchs Dickicht der Interessen, die den Mikrokosmos der Universitätspolitik bestimmen? Nicht, dass man es ernsthaft probiert hätte. Zumindest kann man diesen Schluss ziehen, wenn man sich den für eine externe Begleitung der Universitätspolitik zuständigen „Wissenschaftsrat“ vor Augen hält. Der war nämlich zumindest bislang viel zu klein dimensioniert. „ Befristete Dienstverhältnisse sorgen für Leistungsdruck. Doch eine Befristung, die endet, egal wie gut man ist, fördert Zynismus oder Versuche, das System auszutricksen. “ Die bedeutendste Ressource einer wissenschaftlichen Einrichtung sind ihre Mitarbeiter. Ein maßgeblicher Einschnitt war die vorbereitend zum UG02 durchgeführte Dienstrechtsreform von 2001, welche neue Möglichkeiten bei der Anstellung von wissenschaftlichem Personal ermöglichte. Seit 2002 erfolgen Neuanstellungen an österreichischen Unis auf privatrechtlicher Basis: Innert weniger Jahre haben die Stellen zugenommen. Dabei ist über die letzten beiden Dekaden aber nicht unbedingt mehr Geld (in realen Werten) für Personal veranschlagt worden. Neuanstellungen sind also pro Kopf billiger geworden. Zugleich hat sich der akademische Arbeitsmarkt in Österreich dynamisiert: Regelmäßig sind nun neue wissenschaftliche Stellen ausgeschrieben. Ebenso regelmäßig sind sie – mit Ausnahme der anteilsmäßig wenigen Professuren – befristet. Mehr Stellen und öfter wechseln können, dafür weniger Geld pro Stelle und Befristungen: Das ist eine zentrale Errungenschaft der Reformen. Und es kann auch ein Grund für vermehrten wissenschaftlichen Output sein. Ein befristetes Dienstverhältnis setzt den Angestellten unter Druck, für eine Neu- bzw. Fortanstellung entsprechende Leistung gezeigt zu haben. Allerdings: Eine Befristung, die endet, ganz egal wie gut man ist, führt zu Zynismus oder zu Versuchen, das System auszutricksen. Dass die Wissenschaften ganz generell ein Problem mit ihrer Integrität haben, weiß man schon länger (vgl. auch Seite 3). Missbrauch wird aber durch Anreize noch befördert. Man könnte es sich nun leicht machen und den §109 im UG02 als Sündenbock identifizieren. Aber das ist zu kurz gedacht: Der Paragraph definiert für die Universitäten das sogenannte Kettenvertragsverbot – eine arbeitsrechtliche Bestimmung, die die Arbeitnehmer schützen soll, mehrere befristete Anstellungen hintereinander annehmen zu müssen. Es sind die Rektorate, die sich vielfach weigern, unbefristete Anstellungen an Assistenten und Lehrpersonal zu geben. Warum sie das tun? Zum Teil wohl aus Idiosynkrasie; zum Teil aber auch aus Sorge, die sorgfältig geschaffene Dynamik des Arbeitsmarkts und die Steigerung des wissenschaftlichen Outputs zu unterminieren. Das UG02 beansprucht, den öffentlichen Universitäten eine Organisationsstruktur zu geben. In dieser Hinsicht ist das Gesetz wohl gekommen, um zu bleiben: Abgesehen von gelegentlicher, abstrakt formulierter Kritik („die neoliberale Uni“) scheint die Stoßrichtung einer vom Rektor geleiteten Universität keinen Widerspruch mehr hervorzurufen. Innerhalb dieses Systems aber gibt es neuralgische Punkte, die auch weiterhin für Diskussionen und Anpassungen sorgen werden (siehe oben). So vergeht kaum ein Jahr, in dem das UG02 nicht zumindest einmal vom Gesetzgeber novelliert wird. Legistische Eigenbrötler Was also ist zu sehen, wenn man aus der Vogelperspektive auf diese Landschaft blickt? Die öffentlichen Universitäten sind – unterschiedlich erfolgreich – bemüht, den dreifachen Anspruch auf Legitimation, Exzellenz und Professionalisierung umzusetzen. Insofern sind sie nicht nur Antreiber, sondern unfreiwillig auch Labore der gesellschaftlichen Entwicklung geblieben: Glanz und Elend des „New Public Management“ haben tiefe Spuren hinterlassen. Ein Assessment davon steht aber nicht auf der politischen Agenda. Zugleich hat sich die Landschaft verändert. Die 23 öffentlichen Universitäten, die unters UG02 fallen, sind nicht nur selbst hinsichtlich Größe und Ausrichtung ziemlich divers – sie sind beileibe nicht mehr die einzigen „Player“ am Feld. Fachhochschulen, Privatunis, Pädagogische Hochschulen: Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) nennt das eine „differenzierte Hochschullandschaft“. Für jeden Typus gibt es ein eigenes Gesetz. Nicht zu vergessen die legistischen Eigenbrötler wie das IST Austria und das Linz Institute of Technology. Effizient ist das nicht unbedingt. Aber politisch bequem, vielleicht. Der Autor erforscht die Schnittstellen von Wissenschaft und Politik am Institut für Höhere Studien (IHS) in Wien.

DIE FURCHE · 9 2. März 2023 Das Thema der Woche Uni im Ausverkauf? 3 Von Philipp Axmann Eine Forschungsfrage am Puls der Wissenschaft und mindestens drei Jahre harte Arbeit. Vollzeit, versteht sich. Eine Dissertation ist ein anstrengendes und umfangreiches wissenschaftliches Projekt. Groß ist aber auch die Genugtuung bei erfolgreichen Doktoranden, wenn auf dem Türschild etwa „Frau Dr.“ steht, oder der Kellner im Stammkaffeehaus einen mit „Grüße Sie, Herr Doktor“ willkommen heißt. Spätestens seit die Diplomarbeit und die Dissertation von Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) mit ihren teils skurrilen Stilblüten (siehe Kasten rechts) publik wurden, dürfte vielen klar sein: Zum schönen Titel kommt man auch ohne erstklassige wissenschaftliche Leistungen. Ihren Magister (FH) und PhD darf Aschbacher nach Prüfung der Fachhochschule Wiener Neustadt und der TU Bratislava behalten: „Keine Täuschungsabsicht festgestellt.“ Sprachliche oder wissenschaftliche Qualität scheint hier nicht ins Gewicht zu fallen. Handelt es sich dabei um einen Einzelfall – oder doch um ein systemisches Problem? Letzteres, sagt Oliver Vitouch, Rektor der Universität Klagenfurt und Vizepräsident der Österreichischen Universitätenkonferenz (Uniko): „Das sind keine Kavaliersdelikte.“ Er nennt vier Gründe, warum derartige Fälle auftreten können: „Einerseits kann das ein Massenuni-Phänomen sein. Wenn jemand 70 Masterarbeiten zugleich betreut, wirkt sich das auf die Sorgfalt aus.“ In Österreich sei das aber wegen der Zugangsregelungen nicht der Fall. Zweitens und drittens betreffen Österreich sehr wohl: einerseits Gleichgültigkeit des Betreuers, andererseits seine oder ihre „überschießende Güte“ – ganz nach dem Motto: „Die armen Studierenden können es ja nicht besser, da darf man keine zu hohen Ansprüche stellen.“ Den Fall Aschbacher ordnet Vitouch einer vierten Kategorie zu: „Es gibt Einrichtungen, die das mit voller Absicht betreiben – und wo Bezahlmodelle im Hintergrund stehen.“ Dubiose Fernstudien Dafür gibt es in Österreich diverse Angebote. Private Anbieter wie das Studienzentrum Hohe Warte (SHW) in Wien werben etwa mit Fernstudien zum Doktorat in zwei bis vier Semestern. Am SHW könne man laut Werbung „die Promotion berufsbegleitend in einem überschaubaren Zeitraum realisieren“. Auch zum vorhergehenden Master oder Magister kommt man hier schneller: Für den Magister der Betriebswirtschaft etwa müssen bloß 90 ECTS-Anrechnungspunkte absolviert werden. Zum Vergleich: An öffentlichen Universitäten umfasst ein Magister meist 240 ECTS, was vier Studienjahren entspricht. Nicht nur schneller, sondern auch leichter geht es am SHW: „Open-book Online Tests sowie Hausarbeiten“ müssen die Studierenden im Fernstudium machen. Die Studierenden sitzen also zu Hause vor dem eigenen Laptop und dürfen ins Skript schauen, um die Prüfungsfragen zu beantworten. 12.900 Euro kostet der schnellere Weg zum Magister an der Hohen Warte. Ob Christine Aschbacher ihr Doktorat an der TU Bratislava von einer österreichischen Einrichtung vermittelt wurde, ist nicht überliefert. Das SHW kooperiert jedenfalls mit zwei anderen Hochschulen in Bratislava. Ein Problem der slowakischen TU: Die dort verwendete Plagiatssoftware verwendet nur zu acht Prozent fremdsprachige Texte. Aschbachers deutschsprachige Arbeit wurde von der verwendeten Software also fast nur mit slowakischen Quellen verglichen. Nicht nur vom SHW kann man sich Doktorate vermitteln lassen. In der niederösterreichischen 5000-Einwohner Gemeinde Leobersdorf steht mit dem „EMCA Campus Leobersdorf“ ein Ableger der „Universidad Católica San Antonio de Murcia“. Die spanische Privatuni kam 2011 in die Medien, weil sie ausländischen Juristen auf dreiste, aber legale Art zur Anwaltsprüfung verhalf: In Dass Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher ihren Doktortitel behalten darf, ist gelinde gesagt verwunderlich. Dahinter steht ein systemisches Problem. Über Titelmühlen und Schattenuniversitäten. Schein und Sein Illustration: Rainer Messerklinger Spanien wurden bis Oktober 2011 Anwaltsprüfungen noch nicht von staatlicher Seite durchgeführt, was in der restlichen EU bereits der Fall war. Die Universität bot einen halbjährigen Online-Kurs an, an dessen Ende eine halbstündige Onlineprüfung stand. Ein attraktives Angebot im Vergleich zu der durchaus anspruchsvollen Prüfung, die in anderen Ländern bereits erforderlich war. Rund 1400 italienische Jurist(inn) en haben mit diesem Onlinekurs ihre Anwaltslizenz erlangt, Preis pro Studierendem: 3000 Euro. Am Standort Leobersdorf bietet die katholische Privatuniversität keine Anwaltsprüfungen, dafür aber Diplomund Doktoratsstudien, wobei ein Magister hier vier Semester in Anspruch nimmt. Auf der Webseite betont man, das Studium könne „berufsbegleitend“ absolviert werden, in Leobersdorf würden zudem „Wege eröffnet, in Fernlehre das Doktoratsstudien (sic!) zu bewältigen“. Kommerzialisierung von Bildung Derartige „Schattenuniversitäten“ sind laut Oliver Vitouch „in Wirklichkeit oft Scheinkooperationen“, hinter denen ein wirtschaftliches Interesse steckt. Bernhard Fügenschuh vom „Forum Lehre“ der Österreichischen Universitätenkonferenz schließt sich an und kritisiert ganz generell die Kommerzialisierung von Bildung: „Das beginnt ja schon bei der Nachhilfe in der Schule und geht dann über das Ghostwriting bis hin zu gekauften Titeln.“ Das Problem: Die Kontrollen und EU-Gesetze, denen Hochschulen unterliegen, zielen vor allem auf formale Prozesse ab: „Das sind eher Zertifizierungen wie die ISO-Norm. Ob die wissenschaftliche Freiheit an einer Uni gegeben ist, steht beispielsweise nicht im Fokus“, sagt Vitouch mit Verweis auf Rektorenbestellungen in Ungarn. Der Uniko-Vizepräsident sieht zwei Auswege aus der aktuellen Schieflage: Österreich könne beim Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz nachschärfen, was im Wissenschaftsministerium auch angedacht sei. Zusätzlich müsse man „EU-weit das Bewusstsein dafür schärfen, dass es hier um systematischen Betrug geht und derart krasse Qualitätsunterschiede der Reputation des gesamten europäischen Hochschulraums schaden“. Nachsatz: „Sonst wird in Zukunft nur noch der Name der Uni zählen, an der man den Abschluss gemacht hat.“ In den USA, Großbritannien oder Japan sei das bereits der Fall: „Vieles darf sich dort ‚University‘ nennen, aber die Qualität ist höchst unterschiedlich – und das wissen dann auch die Personalchefs der Unternehmen.“ Die Wirtschaftsuniversität Wien zum Beispiel hängt bereits ihr Kürzel „WU“ an Titel wie „MSc“ an. Eigentlich würde dieser Trend aber der europäischen Tradition widersprechen: „In Europa sollte ich sicher sein können: Wo Uni drauf steht, ist auch erstklassige Forschung drin.“ Doch die Amerikanisierung der Hochschullandschaft ist nicht die einzige Option: Im Oktober 2021 ist das sogenannte Hochschullegistikpaket in Kraft getreten, womit bereits ein Zugang zu „billigen“ Titeln verschlossen wurde: Weiterbildungslehrgänge. Bisher konnte man in Österreich ohne vorangehendes Bachelorstudium, in vielen Fällen sogar ohne Matura oder Studienberechtigungsprüfung zum wohlklingenden „Master“ kommen. Die Lehrgänge umfassten oft nur 90 ECTS-Anrechnungspunkte, was drei Semestern entspricht. Zusätzlich konnten noch ECTS aus dem Beruf „ Man muss das Bewusstsein dafür schärfen, dass derart krasse Qualitätsunterschiede der Reputation des ganzen europäischen Hochschulraums schaden. “ Oliver Vitouch angerechnet werden. In einem bis anderthalb Jahren kam man so zum „MA“ oder „MSc“ – Abschlüsse, die im regulären Hochschulsystem mindestens fünf Jahre Arbeit bedeuten. Seit der Novelle ist nun ein Bachelorstudium Voraussetzung für jeden Weiterbildungs-Master. Außerdem werden die Abschlüsse dieser Lehrgänge nun auch formal unterschieden: „Master of Arts (Continuing Education), kurz „MA (CE)“, dürfen sich die Absolventen jetzt etwa nennen. Zudem wird der „Master Professional“, kurz „MPr“ eingeführt — und beide Abschlüsse gibt es nun auch in Bachelor-Varianten. Einen CE-freien „Master of Science“ darf übrigens noch Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) führen, der in Krems den zweijährigen Lehrgang „Politische Kommunikation“ absolviert hat — ganz ohne vorherigen Bachelor. Am treffendsten lässt sich die Problematik der Titelmühlen und Schattenunis wohl in Anlehnung an Christine Aschbachers Arbeit auf den Punkt bringen: Wissenschaftliche Qualitätsstandards sind „wie Seepocken, sie verlangsamen uns“. Lesen Sie dazu auch Anekdoten und eine Analyse von Stefan Hopmann: „Plagiat: Das Wissen der anderen“ (17.3.2021), auf furche.at. STILBLÜTEN Titel im Abverkauf „Seepocken“ und andere Bonmots 3000 Euro für die spanische Anwaltslizenz, 12.900 Euro für einen Magister und 30.000 Euro für ein Doktorat: Anstrengung ist nicht die einzige Währung im akademischen Bildungssystem. Im Jänner 2021 sorgte „Plagiatsjäger“ Stefan Weber für innenpolitische Aufregung, als er der damaligen Familien- und Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) Schwindelei bei ihrer Diplomarbeit und Dissertation vorwarf. Aufgrund der „Plagiatsaffäre“ trat Aschbacher kurz darauf zurück. Passagen aus ihren akademischen Arbeiten wurden seither vielfach zitiert, die „Seepocken“ sogar auf T-Shirts gedruckt. Hier einige der fragwürdigsten – oder doch: feinsinnigsten? – Zitate aus Aschbachers akademischem Werk: „Annahmen sind wie Seepocken, sie verlangsamen uns.“ „Jede Führungskraft muss sein, der positiv denkt.“ „In der heutigen sich rasant verändernden Welt benötigen Führungskräfte ihre eigene Version einer Taschenlampe.“ „Mit Ihrer ‚Taschenlampe‘ in der Hand werden Führungskräfte jedoch feststellen, dass Dinge nicht ganz so plötzlich passieren.“ „In der Theorie sind die Anforderungen beschrieben, jedoch ‚nur‘ als theoretischen Input.“ „Es soll eine Erhöhung der Gesellschaft im Wissensbereich stattfinden.“ „Im Conclusio werden und empirischen Ergebnisse zusammengefasst und die Hypothesen daraus bestätigt oder verworfen.“ (pa)

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