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DIE FURCHE 02.03.2023

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DIE FURCHE

9 · 2. März 2023 DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 79. Jg. · € 4,– Totsparen darf nicht das Ziel sein Ex-Stiftungsrat Franz Küberl: Das ORF-Gesetz 2001 war die letzte intelligente Intervention der ÖVP in Sachen ORF. · Seite 21 „Wir sind keine Trittbrettfahrer“ Interview mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner über Raketenangriffe als Risiko für Österreich, gefährliche Stimmen zur Neutralitätsdebatte und Aufrüsten als Antwort auf die Zeitenwende. · Seiten 6 – 7 Wie wir essen „Mahlzeit“ sagt das Dom Museum Wien und zeigt Kunst quer durch die Epochen zum Thema Nahrung und Ernährung. · Seite 17 Das Thema der Woche Seiten 2–4 Uni im Ausverkauf? Hochschulen als Geschäftsmodell, Doktortitel im Sonderangebot: Wie ein geistiger Klimawandel die akademische Landschaft verändert. Hauptbild: R. Messerklinger (unter Verwendung eines Fotos von iStock / Michael Burrell); Kyrill: APA / AFP / Pool / Alexander Zemlianichenko; Tanner: HBF / Laura Heinschink Todeskult und „Märtyrer“ Russlandkenner Ernst Trummer und Theologe Jan-Heiner Tück über Patriarch Kyrill und krude Kreml- Ideologen, die den russischen Krieg in der Ukraine religiös verbrämen. Seiten 10 – 11 Drei Jahre nach Pandemiebeginn ist Covid-19 ebenso endemisch geworden wie das Gift im politischen Diskurs. Über Debatten zwischen „Verhöhnung“ und falscher „Versöhnung“. Ein Virus, das bleibt Von Doris Helmberger Fast wäre die Diskussion schon wieder abgewürgt worden, bevor sie überhaupt begonnen hat. Aber nun ist sie doch noch in Schwung gekommen: mit konkreten Vorschlägen, Gegenargumenten und Studien. Die Rede ist vom Thema „Arbeit“, zu dem sich eine für hiesige Verhältnisse überraschend konstruktive Debatte entsponnen hat. Zwar hatte sie Arbeitsminister Martin Kocher denkbar ungeschickt angestoßen, indem er Teilzeit – unabhängig von Betreuungspflichten – generell als missliebig qualifizierte; dass – angesichts von Arbeitskräftemangel und gestiegenen Ansprüchen der Jungen – Arbeit neu gedacht werden muss, ist aber unbestritten. Auf anderen politischen Themenfeldern sind derlei Grundsatzdebatten freilich ein Ding der Unmöglichkeit. Über die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – insbesondere im Wettbewerb mit privaten Medien – wird abseits von Expertenzirkeln eher polemisiert und agitiert als diskutiert; und die Debatte über Österreichs Neutralität wurde vom Bundeskanzler überhaupt ex cathedra für beendet erklärt – was die Verteidigungsministerin auch im FUR- CHE-Interview pflichtschuldigst befolgt „ Die Gräben gegenüber Demokratiefeinden zuzuschütten, sollte man sich lieber zwei Mal überlegen. “ (vgl. Seiten 6–7). Die Strategie ist taktisch nachvollziehbar: Schließlich hat insbesondere die Kanzlerpartei ÖVP bei beiden Themen kaum etwas zu gewinnen – und viel zu verlieren: konkret – Stimmen an die FPÖ, sei es in bundesweiten Umfragen oder bei aktuellen Landtagswahlen, etwa kommenden Sonntag jener in Kärnten. Wie viel Hetze kann man dulden? Der Schaden dieser Diskussionsverweigerung für die politische Kultur ist freilich enorm. Und er nimmt ebenso zu wie die rhetorische Radikalisierung Herbert Kickls: Drei Jahre nach Beginn der Pandemie und ein Jahr nach Eskalation des Ukrainekrieges hat dessen Anti-System-Furor ein Ausmaß erreicht, das mittlerweile nicht nur Hysteriker an dunkle Zeiten denken lässt. Jüngster Höhe- bzw. Tiefpunkt war vergangene Woche Kickls Hetz-Rede beim Politischen Aschermittwoch in Ried. Politiker und Kirchenvertreter seien „degeneriert“, der Bundespräsident überhaupt eine „senile Mumie“ und ein „Staatsgefährder“. Prompt leitete die Staatsanwaltschaft Ried ein Ermittlungsverfahren wegen Ehrenbeleidigung ein. Van der Bellen gibt Kickl jedoch nicht zur Strafverfolgung frei. Es sei Aufgabe der Politik, „dem Land und seinen Bürgerinnen und Bürgern zu dienen und für Sicherheit und Wohlstand zu sorgen“, hieß es Dienstag dieser Woche in einer schriftlichen Stellungnahme der Hofburg. Und dies gelinge am besten, „wenn Politiker miteinander und auch mit den Institutionen des Staates respektvoll umgehen“, statt einander zu beleidigen. Van der Bellen hatte wohl keine andere Wahl, wollte er nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen. Dennoch kann die kollektive Duldung sprachlicher Menschenverachtung in einer liberalen Demokratie auf Dauer keine Lösung sein. Ebenso ist „Versöhnung“, wie sie Bundeskanzler Karl Nehammer zur Aufarbeitung der Pandemie proklamierte und sinngemäß wohl auch in seiner „Rede zur Zukunft Österreichs“ am 10. März vor Augen hat, angesichts von unerträglicher Verhöhnung und Wissenschaftsfeindlichkeit nicht der richtige Weg. Fehler im Coronamanagement, die in dieser Ausnahmesituation zweifellos begangen wurden, müssen transparent aufgearbeitet werden, um die richtigen Schlüsse zu ziehen – Stichwort Epidemiegesetz und effizientere Verwaltung. Nicht ganz zu Unrecht warnte eine Initiative rund um Ex-Justizminister Clemens Jabloner dieser Tage vor „Selbstverblödung“ in Österreichs Ministerien. Die Gräben gegenüber jenen zuzuschütten, die das Virus der Demokratiefeindlichkeit kultivieren, sollte man sich aber lieber zwei Mal überlegen. Manchmal sind sie gar nicht tief genug. doris.helmberger@furche.at @DorisHelmberger INTRO Möchten Sie noch einmal jung sein? Nein? Damit sind Sie wohl nicht allein. Nicht nur Krieg und Klimakrise verdüstern den Lebenshorizont der Jungen, auch das Studium gestaltet sich herausfordernder als früher. Was Letzteres mit dem Universitätsgesetz von 2002 und der Causa Aschbacher zu tun hat, fragen Martin Tauss und Jana Reininger im Fokus „Unis im Ausverkauf?“ Wie es mit Österreichs Bundesheer und der Neutralität weitergehen soll, erklärt Verteidigungsministerin Klaudia Tanner im Interview mit Brigitte Quint und Wolfgang Machreich. Ergänzend bietet der Kompass zwei kundige Analysen des Moskauer Patriarchen Kyrill I. – sowie eine Würdigung von Kurt Schubert, dem die Wiener Uni ihre Wiedereröffnung nach 1945 verdankt und der dieser Tage 100 Jahre alt würde. Auch das Thema Bildungskarenz wird beleuchtet. Mit dem Wichtigsten überhaupt – dem Essen – beschäftigt sich das Dommuseum in seiner Schau „Mahlzeit“. Rainer Moritz empfiehlt zudem das Romandebüt von Honorée Fanonne Jeffers, Georg Wick plädiert für „Exospektion“ – und ich plädiere dafür, auf Seite 14 zu blättern: Dort finden Sie unsere neue, dialogische Kolumne „Erklär mir deine Welt“ mit Hubert Gaisbauer und Johanna Hirzberger. Nicht nur das Jung-, auch das Altsein kommt hier zur Sprache. Aber lesen Sie selbst. (dh) furche.at Österreichische Post AG, WZ 02Z034113W, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien DIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 Wien Telefon: (01) 512 52 61-0

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