DIE FURCHE · 5 20 Film & Literatur 2. Februar 2023 TRAGIKOMÖDIE Die Rolle des Otto scheint Tom Hanks auf den Leib geschrieben zu sein. Ein Hollywoodstar in seinem Element Vor sieben Jahren lief die schwedische Tragikomödie „Ein Mann namens Ove“ in den Kinos – ein europäischer Leinwanderfolg, ebenso wie der gleichnamige Roman von Fredrik Backman der zum in 25 Sprachen übersetzten Bestseller avancierte. Bekanntlich bedient sich Hollywood immer wieder an derartigen Stoffen, wobei das europäische Original nicht selten keinen Vergleich mit der filmischen US-Amerikanisierung zu scheuen braucht. Das gilt auch „Für ein Mann namens Ove“, der in der Fassung von jenseits des Atlantiks zu „Ein Mann namens Otto“ mutiert ist. Wer diesen Titel schon harmloser als jene der (Film- bzw. Roman-)Vorlage empfindet, hat sich nicht getäuscht: Denn das bitterböse Setting rund um einen misanthropischen Greis verliert in der amerikanischen Film-Façon doch einiges an Witz und Spritzigkeit. Immerhin ist das nonchalante Spiel mit den vergeblichen Versuchen, selber aus dem Leben zu scheiden, bei Otto fast genauso absurd wie bei Ove. Otto ist ein von seiner Firma zwangsweise in den Ruhestand Geschickter – und wird noch unausstehlicher, als er schon ist. Den Tod seiner querschnittgelähmten Frau hat er nicht überwunden; und das strenge Regiment, das er als ungebetener Oberaufpasser in seiner Wohnhausanlage führt, macht ihn nicht sympathischer. Als aber eines Tages eine salvadorianische Migrantensippschaft die Nachbarwohnung bezieht, muss sich Mr. Griesgram endlich anschicken, seine negativen Emotionen zu zivilisieren. 007-Regisseur Marc Forster nimmt sich des Stoffes an, aber zuvorderst lebt der Film von der Darstellung des Otto durch Tom Hanks, der alle Register zieht. Allein diese Performance macht „Ein Mann namens Otto“ zum Erlebnis. Da hält man den Hollywoodkitsch, dessen sich der Film auch befleißigt, sicher aus. (Otto Friedrich) Ein Mann namens Otto (A Man Called Otto) USA 2022. Regie: Marc Forster. Mit Tom Hanks. Sony. 127 Min. Die Witwe des Toten Sie besticht durch Anziehungskraft, aber ist die nach Korea geflohene Seo-rae (Tang Wie) eine Mörderin? Von Matthias Greuling E r hat das südkoreanische Rache- Kino überhaupt erfunden: Park Chan-Wook hat Filme wie „Sympathy For Mr. Vengeance“ und „Oldboy“ gedreht und damit dem Kino seiner Heimat ungeahnte Höhenflüge in der internationalen Wahrnehmung beschert. Man brauchte starke Nerven, um seine Filme durchzusitzen, noch heute sind die aus den frühen 2000er Jahren stammenden Meisterstücke an Explizität kaum zu überbieten. Interessant, dass der Filmemacher in seinem neuesten Streich „Die Frau im Nebel“ ziemlich andere Töne anschlägt – und vielleicht gerade deshalb im Vorjahr in Cannes mit dem Preis für die beste Regieleistung ausgezeichnet wurde. Es geht um einen Kriminalfall: Ein leidenschaftlicher Hobbykletterer ist von einem hohen Felsen in den Tod gestürzt und hat auf seinem Weg nach unten noch zwei, drei weitere Stellen touchiert. Der gründliche Polizist Hae-joon (Park Hae-il) hat seine Zweifel an der Unfall- oder Selbstmord-Theorie. Stattdessen nimmt er rasch die junge Witwe des Toten ins Visier: Ist die aus China nach Korea geflohene Seo-rae (Tang Wie) eine ausgefuchste Mörderin? Obwohl sie als Altenpflegerin geradezu aufopfernd nach ihren Klienten sieht und „ Es ist eine sehr zärtliche und zärtlich inszenierte Geschichte. Die Lösung des Falls tritt bei der Leinwandchemie der Protagonisten fast in den Hintergrund. “ „Die Frau im Nebel“ des Südkoreaners Park Chan-Wook ist Film noir in Bestform. Ein Katz- und Mausspiel, das zur sinnlichen Filmerfahrung wird. Mordfall mit Eleganz eigentlich keiner Fliege was zu Leide tun kann? Die Ausgangslage für den Ermittler ändert sich bald. Nicht nur weil er beschließt, seinen Verdacht durch eine nächtelange Recherche vor dem Anwesen der Verdächtigen mit Beobachtungen derselben zu verbringen, sondern auch weil sie eine seltsam intensive Anziehungskraft auf ihn ausübt, was ihn gar die Fernbeziehung zu seiner Frau vernachlässigen lässt. Zwischen Komik, Tragik und Krimi Zur dramaturgischen Entwicklung der Figur gehört auch, dass der unter Schlaflosigkeit leidende Polizist just bei einer seiner nächtlichen Beobachtungen das erste Mal seit langer Zeit wieder ordentlich durchschlafen kann. Die Beziehung zu Seo-rae intensiviert sich, als diese ihm dabei zu helfen beginnt, alte, ungelöste Kriminalfälle zu lösen. Was aber nichts daran ändert, dass sich für Hae-joon die Frage stellt, ob er es bei seinem Gegenüber nicht doch mit einer besonders geschickten und durchtriebenen Mörderin zu tun hat. Aus dieser spannenden Konstellation heraus entwickelt Park Chan-Wook einen modernen Film noir, der in visueller Brillanz die große ambivalent präsentierte Spielfreude von Tang Wie ebenso einfängt, wie die Obsession der beiden Protagonisten füreinander und die stilistische Eleganz der Bilder dieses wunderbar aussehenden Films. Es ist eine sehr zärtliche und zärtlich inszenierte Geschichte zwischen Komik und Tragik, zwischen Romanze und Krimi, zwischen Leichtfüßigkeit und Ernst. Die Lösung des Falls tritt bei der Leinwandchemie der Protagonisten schon fast in den Hintergrund, da wird ein zweiter Mordfall präsentiert. Und trotzdem: Auch hier ist es wieder die wunderbar wandelbare Tang Wie, die das Katz-und-Maus- Spiel auf die Ebene einer sinnlichen Filmerfahrung hebt. Die Frau im Nebel (Heojil kyolshim) KOR 2022. Regie: Park Chan-Wook. Mit Tang Wie, Park Hae-il. Filmladen. 138 Min. LEKTORIX DES MONATS Rembrandts „Nachtwache“ auf Socken Buchpreis von FURCHE, Stube und Institut für Jugendliteratur Ohne dich Von Erna Sassen Aus dem Niederländ. von Rolf Erdorf Verlag Freies Geistesleben 2022. 264 S., geb., € 20,60 Von Kathrin Wexberg Songtexte, Serien, Social Media – der aktuellen Jugendliteratur sind zahlreiche und unterschiedliche Elemente aus der (Populär-)kultur eingeschrieben. Gauguins Zinkografien oder Rembrandts Ölgemälde gehörten bislang eher nicht dazu. Bislang: Denn war es in Erna Sassens bemerkenswertem Debüt „Das hier ist kein Tagebuch“ (Verlag Freies Geistesleben 2015) Pergolesis Musikstück „Stabat Mater“, das den Text strukturierte, ist es hier die Fülle der bildenden Kunst, die dem jugendlichen Ich-Erzähler Joshua Halt in einer krisenhaften Situation gibt. Eine Krise, die wiederum eng mit dem gesellschaftspolitisch gerade höchst aktuellen Thema Frauenrechte zu tun hat: Zivan, seine engste Freundin und Vertraute seit Kindheitstagen, wurde in die Heimat ihrer Eltern, den Irak, geschickt, um dort mit ihrem Cousin verheiratet zu werden. Joshua ist gerade von der Realschule in die Hauptschule gewechselt, wo ein rauer Umgangston herrscht: Sergio, der kickboxende, tätowierte Rädelsführer in der Klasse, und sein „Leibwächter“ Dylan nennen ihn spöttisch „Rembrandt“, weil er ständig in sein Skizzenbuch zeichnet. Doch gerade dieses Kritzeln weckt Sergios Interesse, er möchte sich von ihm sein nächstes Tattoo entwerfen lassen. Anhand der unzähligen Darstellungen von Zivan, die Joshua in seinem Zimmer hängen hat, kommen die drei Burschen ins Gespräch, über zentrale Fragen des Lebens, aber letztlich auch der Kunst: Was unterscheidet „nackte Weiber“, wie Sergio es formuliert, von Uglows Aktdarstellungen? Wie kann ein fliegendes Vögelchen das Wesen von Dylans verstorbener kleiner Schwester darstellen? Warum zeichnet Joshua Zivan, zu der der Kontakt letztlich völlig abbricht, immer wieder als Zicklein? Ein Illustration: Martijn van der Linden / Freies Geistesleben Schulausflug ins Rijksmuseum wird zu einem der Höhepunkte des Romans: Auf unnachahmlich komische und dennoch sympathische Weise verhandelt das ungleiche Trio, warum „Die Toilette der Bathseba“ nichts mit einem Klo zu tun hat, in diesem Kontext nicht von Titten, sondern von Brüsten gesprochen wird und ob es reicht, „Die Nachtwache“ schon einmal auf Opas Socken abgebildet gesehen zu haben. Während diese, in der realen Welt existierenden Kunstwerke nur diskursiv vorkommen, machen Joshuas Entwürfe einen wesentlichen Teil des Buches und der Handlung aus. Sie wurden vom Illustrator Martijn van der Linden, der irritierenderweise in der Bibliografie des Buches nicht erwähnt wird, gestaltet und spiegeln den Prozess, mit dem Verlust von Zivan zu leben, auf eindringliche Weise wider.
DIE FURCHE · 5 2. Februar 2023 Film & Medien 21 Ali Abassi schuf mit seinem im Iran spielenden Serienkiller-Thriller „Holy Spider“ ein düsteres Filmerlebnis, das angesichts der aktuellen Proteste im Iran noch bedrückender wird. EXPERIMENTALFILM Misogyne Gesellschaft Von Walter Gasperi Vier Jahre nach seinem international gefeierten Genre-Mix „Border“ meldet sich der in Dänemark lebende Iraner Ali Abassi mit einem Serienkillerfilm zurück. Inspirieren ließ sich der 41-Jährige von einer realen Mordserie in der Pilgerstadt Maschhad, 16 Prostituierte fielen um die Jahrtausendwende in der mit drei Millionen Einwohnern zweitgrößten Stadt des Iran, die mit dem Schrein des Imams Reza eine wichtige heilige Stätte der Schiiten ist und jährlich von rund 20 Millionen Touristen und Pilgern besucht wird, einem Serienkiller zum Opfer. In Parallelmontage folgt Abassi einerseits einer Journalistin, die zu dem Fall recherchiert, andererseits auch dem Killer, der nach außen das Leben eines biederen Familienvaters führt, nachts aber immer wieder durch die Straßen zieht und Prostituierte in seine Wohnung lockt. SCIENCE FICTION Das Ich als eine Insel Von Alexandra Zawia Wie lange war ich weg?“, fragt Leyla (Mala Emde) ihren Freund Tristan (Jonas Dassler), als sie an Deck einer Fähre an seiner Schulter aufwacht. Seit Jahren hat sie einen wiederkehrenden Traum, in dem sie ertrinkt. Zu lange schon macht er ihr keine Angst mehr, so tief steckt sie in einer Depression. Die beiden Mittzwanziger sind ein seit vielen Jahren vertrautes Paar; nun setzen sie auf eine Insel über, wo Leylas ehemalige Studienkollegin Stella (Edgar Selge) jeden Sommer ein esoterisches Camp abhält, bei dem die Teilnehmer untereinander die Körper tauschen können. Sie lebt im Körper ihres Vaters, den er mit ihr getauscht hatte, kurz bevor „sie“ an einem Aneurysma starb. Klingt alles etwas viel auf einmal, aber Alex Schaades Science-Fiction-Liebesfilm „Aus meiner Haut“ schafft das Kunststück, nicht in die Lächerlichkeit abzudriften. Das liegt zum Großteil an der herausragenden schauspielerischen Leistung Jonas Zar Amir Ebrahimi mimt in diesem Thriller eine Journalistin, die an ihrer Arbeit gehindert wird. Dasslers und der vielschichtigen Kameraarbeit, aber auch an der wendungsreichen Entwicklung der Geschichte. Leyla und Tristan tauschen zuerst mit dem sehr gegensätzlichen Paar Fabienne (Maryam Zaree) und Mo (Dimitrij Schaad), doch was für Leyla der lang ersehnte Wunsch nach der Flucht „aus ihrer eigenen Haut“ ist, macht Tristan große Probleme und sie brechen ab. Dennoch will Leyla nicht mehr in ihren „bleiernen“ Körper zurück. Sie findet in einem anderen Campteilnehmer einen neuen Tauschpartner, was Tristan und sie auf eine noch tiefere Ebene ihrer Beziehung bringt, doch das „Aufgehen“ im anderen steht bis zum Schluss auf andere Weise aus. Schaad verhandelt die große Frage nach dem Zusammenhang zwischen Körper und Persönlichkeit, zwischen seelischem, psychischem, „innerem“ Zustand und „äußerer Hülle“ ohne jegliche Angst vor Logiklöchern. Andererseits ermöglicht das einen sehr subjektiven und emotionalen Blick auf ein Ich als Insel. Einiges wird dem Zuschauer mit der detailreichen und drastischen Schilderung der Morde zugemutet. Distanz ist dabei unmöglich, denn eine hautnah geführte Kamera und ein starkes Sounddesign ziehen unmittelbar ins Geschehen hinein. Zwischentöne sind nicht Abassis Sache. Klar sind die Positionen verteilt. Plakativ und wütend rechnet er im Gewand eines zwar konventionellen, aber packenden Thrillers mit der Misogynie der iranischen Gesellschaft ab, die auf beiden Handlungsebenen herausgearbeitet wird. Da will man auf der einen Seite der allein reisenden Journalistin nicht nur das Hotelzimmer verweigern, sondern auch die Polizei verhält sich ablehnend ihr gegenüber. Auf der anderen Seite sieht sich der Killer voll im Recht, glaubt er doch, mit seinen Morden einen „Dschihad gegen die Sittenlosigkeit“ zu führen. Dass er dafür vom Volk als Held gefeiert wird, macht diesen von düsteren Nachtszenen und schäbigen Locations bestimmten Film, der angesichts der aktuellen Proteste im Iran brandaktuell ist, noch bedrückender. Holy Spider DK/D/S/F 2022. Regie: Ali Abassi. Mit Zar Amir Ebrahimi, Mehdi Bajestani, Arash Ashtiani. Alamode. 118 Min. Herausragendes Schauspiel: Mala Emde und Jonas Drassler als Leyla und Tristan. Aus meiner Haut D, 2022. Regie: Alex Schaade. Mit Mala Emde, Jonas Dassler. Filmladen. 103 Min. FEDERSPIEL Puls 4 und ATV vereint Ida (Angeliki Papoulia) ist auf ihrem Segelboot unterwegs von Marseille bis nach Algerien. Bilderreigen für meditative Trance Das Rauschen des Meeres, das Rascheln der Blätter, eine Spinne, die ihre Beute mit Fäden umwickelt: Es sind Oasen der Ruhe, welche die deutsche Regisseurin Helena Wittmann in ihrem zweiten Langfilm „Human Flowers of Flesh“ einfängt. Eine Geschichte gibt es kaum. Ida (Angeliki Papoulia) ist auf ihrem Segelboot mit fünfköpfiger Crew unterwegs von Marseille über Korsika bis nach Algerien, wo sich ein Stützpunkt der Fremdenlegion befindet. Wittmann wandelt hier bewusst auf den Spuren von Claire Denis, die sich in ihrem Meisterwerk „Beau travail“ (1999) bereits der Fremdenlegion gewidmet hat. Denis Lavant, der Protagonist aus „Beau travail“, taucht gegen Ende von „Human Flowers of Flesh“ dann sogar kurz auf. Mehr noch als Denis ist Wittmann an der Abstraktion interessiert. Durch langanhaltende Kameraeinstellungen treibt sie die Bilder an einen Punkt, wo Figuren und Geschichten eins mit der Landschaft werden. Die Legionäre heben sich durch ihre grünen Tarnanzüge kaum vom Waldboden ab, und eine monochrome blaue Leinwand lässt nur langsam Schemen eines überwachsenen Flugzeugwracks am Meeresgrund erkennen. Die Grenzen zwischen Organischem und Anorganischem, Mensch und Natur, Figur und Hintergrund werden sukzessive aufgelöst. Das hat mehr mit den meditativen Experimentalfilmen eines James Benning als mit traditionellem Erzählkino zu tun. Wer sich darauf einlassen kann, wird mit einem poetischen Bilderreigen belohnt, der angenehm in Trance versetzt. (Philip Waldner) Human Flowers of Flesh F/D 2022. Regie: Helena Wittmann. Mit Angeliki Papoulia, Steffen Danek, Denis Lavant, Gustavo Jahn, Ingo Martens. Filmgarten. 106 Min. Von Peter Plaikner PRÄSENTIERT FILMMONTAG DONBASS (2018) Der Krieg in der Ukraine hat lang vor Putins Überfall 2022 begonnen: Bereits 2014 tobten Kämpfe im Donbass. In 13 absurden Vignetten zeigt der ukrainische Regisseur Sergei Loznitsa ein Land, das zwischen informellen Machtstrukturen, Korruption und Fake News zerrieben wird. Christian Rathner (ORF) und Otto Friedrich (DIE FURCHE) stellen „Donbass“ vor. Montag, 6. Februar, 19 Uhr, Otto-Mauer-Zentrum, 1090 Wien, Währinger Straße 2–4. Infos: www.kav-wien.at Foto: Credit Als 2017 die Gruppe um Puls 4 Konkurrent ATV gekauft hat, wurde das von der Wettbewerbsbehörde mit Auflagen verbunden. Dieser Zwang zur Trennung der Programmleitung und Redaktionen von Österreichs damals größten Privat-TV-Sendern ist vorbei. Geschäftsführer Markus Breitenecker und Infodirektorin Corinna Milborn verfügen nun über einen gemeinsamen Newsroom für die vier Austro-Sender der deutschen ProSiebenSat.1-Gruppe. Ihre Nachrichten- und Talk-Formate haben schon bisher einen großen Beitrag zur hiesigen Meinungsvielfalt geleistet. Sie sind sowohl Gegenpol zum ORF wie zum mittlerweile stärksten Privatanbieter ServusTV und zum Boulevard von oe24.tv. Durch die Fusion der journalistischen Abteilungen entsteht einerseits die Chance, dieses Angebot noch mehr zu diversifizieren. Zum anderen droht aber ein weiterer Verlust an Vielfalt in der ohnehin hochkonzentrierten Medienlandschaft. Breitenecker und Milborn versichern, Letzteres werde nicht geschehen. Ihre bisherige Arbeit macht diese Beteuerung glaubwürdig. Doch die professionelle Integrität der beiden ist kein Schutz gegen eine Veränderung ihrer Sender. Die Familienfirma von Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi will den Mutterkonzern von Puls 4 und ATV übernehmen. Breitenecker sagt dazu dem Standard, er habe in 25 Jahren als Austro-Chef schon viele Eigentümer erlebt. Alle hätten die redaktionelle Unabhängigkeit respektiert. Dass Berlusconi anders ist, weiß aber wohl auch er. Nicht von ungefähr warnt sogar Bayerns Ministerpräsident Markus Söder vor einer solchen Übernahme und prüfen die deutschen Medienregulierer bereits das Ansinnen. Öffentliche Transparenz für solch fragwürdige Hintergründe ist kein Angriff auf die betroffenen Sender sondern Hilfestellung für politische Unabhängigkeit. Das gilt für ORF-Strukturen, Servus-Eigentümer, oe24-Missststände und Puls4-Gruppe. Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst.
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