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DIE FURCHE 02.02.2023

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DIE FURCHE

5 · 2. Februar 2023 DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 79. Jg. · € 4,– Waffenlieferungen als Strategie für den Frieden? Ein Pro und Contra · Seite 5 Für ein Leben in Würde Viele Menschen mit Behinderung finden keine persönlichen Assistent(inn)en mehr. Das bringt sie in lebensgefährliche Situationen. · Seite 9 Close, but no cigar „Doch war mein bestes Alter nicht zwischen zwanzig und dreißig?“ – Schriftstellerin Alida Bremer über das Älterwerden. · Seiten 17–18 Spiegel der Menschheit Die Fortschritte der Künstlichen Intelligenz kamen schneller als erwartet. Kann sie sogar Sinnfragen beantworten? · Seiten 22–23 Das Thema der Woche Seiten 2–4 Einst Gründungswissenschaft von Universitäten, kämpft die Theologie heute mit Relevanzverlust und Studierendenschwund. Als „andere“ Wissenschaft bleibt sie wichtig. Theologie am Ende? „Demokratie ist nicht einfach“ Foto: iStock/shiyali (Bildbearbeitung: Rainer Messerklinger) Nach Niederösterreich folgt am 5. März die Landtagswahl in Kärnten. Im FURCHE-Interview spricht Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) über die Lehren aus St. Pölten, die Stärke der FPÖ, die Schwäche der Bundes- SPÖ und Olaf Scholz. Seiten 6–7 Nicht nur Dankbarkeit, auch Erinnerung ist in der Politik keine Kategorie: Das zeigt die ewige Wiederkehr der FPÖ. Patentrezepte dagegen gibt es nicht. Am ehesten hilft glaubwürdige Politik. Die große Amnesie Von Doris Helmberger Die einen sehen Österreich in einer „Zeitmaschine“ oder gar „Zeitschleife“ gefangen, andere zitieren den bekannten Film- Titel „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Allen gemein ist jedenfalls der erschütterte Glaube an die Lernfähigkeit des Menschen – bzw. an die Gedächtnisleistung der Wählerinnen und Wähler über ein paar Schlagzeilen, Tage und Wochen hinaus. Wie sonst, fragt man sich, kann das ziemlich durchschaubare (rechts-) populistische Muster à la FPÖ nach jeder Phase blauer Selbstzerstörung – von Knittelfeld über diverse Liederbücher bis Ibiza – immer wieder fruchten? Tatsächlich ist die Verstörung nach der sonntäglichen Landtagswahl in Niederösterreich groß. Zwar war der Verlust der absoluten Mehrheit der ÖVP in Landtag und Landesregierung angesichts der allgemeinen Krisenstimmung und des fehlenden Rückenwinds durch die Bundespartei erwartet worden; auch schien absehbar, dass weder die Zugkraft von „Landesmutter“ Johanna Mikl-Leitner noch die jahrzehntelang erprobte Gleichsetzung von Land und Partei ausreichen würden, um die Stimmung in Richtung Aufbruch zu drehen. „ Das Motto ,Niemals vergessen‘ der Impfgegner ist eine Chuzpe. Darauf Antworten finden muss man dennoch. “ Dennoch schockiert die neuerliche Wiederkehr der Freiheitlichen – und ihr Durchmarsch auf den zweiten Platz. Die SPÖ, auf Platz drei verdrängt, hat nach eintägiger Schrecksekunde doch noch den glücklosen Franz Schnabl gegen die neue rote Zukunftshoffnung, den erst 34-jährigen bisherigen AMS-Chef Sven Hergovich, ausgetauscht. In der ÖVP glaubt man indes, nach Verlust von knapp zehn Prozent der Stimmen ohne Konsequenzen auszukommen. Ratlos hinsichtlich des Umgangs mit der blauen Renaissance ist man freilich hier wie dort. Blaue Alleinstellungsmerkmale Wie sie möglich war, ist nach Ansicht der meisten Polit-Analysten leicht nachzuvollziehen: Zum einen begünstigt allgemeine Unzufriedenheit von jeher rabiate Anti- Establishment-Parteien wie die FPÖ. Zum anderen haben die Freiheitlichen mittlerweile bei zahlreichen Themen eine politische Alleinstellungsposition entwickelt – und schaffen es in Person von Herbert Kickl, sie schneidig zu kommunizieren. Jene im Bereich Flucht und Migration ist legendär; jene zum Ukraine-Krieg und den Corona-Maßnahmen kam verstärkend hinzu. Dass bei der Niederösterreichwahl in Gemeinden mit geringer Durchimpfungsrate die FPÖ besonders gute Ergebnisse erzielen konnte, ist von daher keine Überraschung, aber doch bemerkenswert. Der Gipfel des gefährlichen Grolls wird erreicht, wenn radikale Impf- und Maßnahmengegner in sozialen Netzwerken das Motto „Niemals vergessen“ posten, es revanchistisch umdeuten und sich dadurch auf dieselbe Stufe wie Schoa-Opfer stellen. Derlei Geschichtsklitterung ist unerträglich. Ebenso wie die jüngste blaue Beifallverweigerung, als Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei seiner Angelobungsrede mahnte, „die dunkelste Seite unserer Geschichte, der verheerende Nationalsozialismus mit seiner mörderischen Ideologie, [dürfe] sich niemals wiederholen“. Was aber folgt aus alledem? Empörung und Abgrenzung allein, so zeigt ein Blick in die innenpolitische Geschichte, können den Rechtspopulismus nicht stoppen. Auch der Versuch, blaue Themen zu kapern, ist nicht zwingend erfolgreich – wie das ÖVP- Nein zum Schengenbeitritt von Bulgarien und Rumänien kurz vor der Landtagswahl zeigt. Am ehesten hilft stringente, konstruktive Politik – die authentisch und überzeugend kommuniziert wird. Ob Karl Nehammer, Pamela Rendi-Wagner oder auch Kärntens Peter Kaiser (vgl. Seiten 6–7) das gelingt, wird sich zeigen. Doch noch lebt die Hoffnung, dass in diesem Land nicht die kollektive Amnesie die Oberhand gewinnt. doris.helmberger@furche.at @DorisHelmberger INTRO Wir leben in einer multiplen „Zeitenwende“. Die gravierendste hat sich am 24. Februar 2022 vollzogen; fast ein Jahr danach spitzt sich die Frage der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine dramatisch zu. Brigitte Quint und Jan Opielka haben dazu unterschiedliche Meinungen. Innenpolitisch ist die FPÖ wieder auf Siegeskurs – und ÖVP wie auch SPÖ sind unter Druck. Was der gerade wahlwerbende Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser dazu sagt, lesen Sie im Interview. Eine eigene „Zeitenwende“ erlebt die Theologie angesichts drastisch schwindender Studierendenzahlen. Otto Friedrich fragt im aktuellen Fokus „Theologie am Ende?“, woran das liegt. Und Gregor Maria Hoff beleuchtet das versuchte Ausbremsen des deutschen „Synodalen Wegs“ im Kompass. Dort geht es auch um existenzielle Zeitenwenden: um persönliche Assistenz, die wegen Arbeitskräftemangels fehlt; oder um das Reden über eine Krebserkrankung. Einen besonderen Blick auf das Älterwerden von Frauen als Zeitenwende wirft das Buch „Wechselhafte Jahre“: Was die Schriftstellerin Alida Bremer dazu denkt, lesen Sie im Feuilleton als Vorabdruck. Ebenso finden Sie hier mehr zur Frage, ob künstliche Intelligenz tatsächlich Lebenshilfe bieten kann. Überraschung: Wirklich klug oder gar weise ist sie noch lange nicht. (dh) furche.at Österreichische Post AG, WZ 02Z034113W, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien DIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 Wien Telefon: (01) 512 52 61-0

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