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DIE FURCHE 02.01.2025

DIE FURCHE

1 · 2. Jänner 2025DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 81. Jg. · € 6,–Jenseits der Krise Makel der Sharing Economy Weisheit auf vier BeinenEndet mit Trump, Putin und Co. die seit 1989dominante liberal-demokratische Weltordnung?Ein Perspektivenwechsel. · Seite 5Güter zu teilen, liegt im Trend. Doch wie nachhaltigdas ist, hängt auch von den Konsumenten ab. EinProblem: der „Rebound-Effekt“. · Seite 9Die Schildkröte gilt als Sinnbild für Langlebigkeitund Langsamkeit. Eine kleine Kulturgeschichtezum Jahresbeginn. · Seiten 13–14Das Thema der WocheSeiten 2–4WarumwirBrauchtumbrauchenKulturerbe und Ritualebegleiten durch dasJahr – und das ganzeLeben. Über Traditionen,die Halt geben.Bild: Wikipedia (Bildbearbeitung: Rainer Messerklinger)Foto: AFP / Vatican Media / Handout„Der Begriff,Ablass‘ istverbraucht“Michael Max, Rektor des PäpstlichenInstituts Santa Maria dell’Anima inRom, über das von Franziskusausgerufene Heilige Jahr 2025,LGBTQ-Wallfahrten, karrieristischePriester und das nächste Konklave.Seiten 7–8Frieden, Demokratie, Wohlstand: Nichts davon kam von selbst, nichts davon bleibt von selbst.Wie sichert man Freiheit? Und was heißt „Nie mehr wieder“ heute? Gedanken zu 80 Jahre 1945.Die Freiheit im KäfigAUS DEM INHALTDemokratie und DämonenWoher kommt in Österreich der tiefreichendeUnmut auf die etablierte Politik und ihreInstitutionen? Ein Essay von Peter Strasserzum Auftakt des Bedenkjahres 2025.Seite 6Von Philipp AxmannDie Menschheitshölle des Holocausts,die Grauen des ZweitenWeltkriegs: 80 Jahre sindsie jetzt her. Im angebrochenenGedenkjahr werden wir wiederoft vom „Nie mehr wieder“ lesen. Doch wasbedeutet dieser Satz noch, der vor einer Zeitwarnt, von der kaum noch ein Lebender erzählenkann? (Eine berührende Ausnahmelesen Sie auf Seite 11). Was heißt „Nie mehrwieder“ ganz praktisch für uns heute?Von den Jahren nach 1945 hören wirGeschichten des Aufstiegs aus dem Nichts,aus den Trümmern, die die Bomben hinterließen.Geschichten von Goldenen 50ern,Wiederaufbau und Zusammenhalt überdie politischen Lager hinweg. Zuweilensind es Legenden. Aufstieg und Fortschrittwaren zum Lebensmodus geworden. Nachdem Ende des Kalten Kriegs und dem Zerfallder Sowjetunion verbreitete sich dieZuversicht: Frieden, Demokratie und Wohlstandwürden sich über kurz oder lang aufder ganzen Welt verbreiten (siehe Seite 5).Doch der Zauber des Neuanfangs nach1945 verlor bald den Glanz. Es zeigte sich:Auch dieser Friede nach dem größten Krieg,auch dieser Wohlstand nach großer Armut,auch diese Demokratie nach der totalitären„ Erhobene Zeigefingerüberzeugen keinen vonder Mitte – nur kräftigeArme, die für diesesLand anpacken.“Diktatur – sie sind nicht automatisch für alleZeit gesichert. Die europäische Einigungist kein Selbstläufer, das bewiesen die Ablehnungder EU-Verfassung 2005 und derBrexit 2016. Frieden und Einigung sindnicht alternativlos. Das schreit Putin jedenTag in die Ukraine.Schwere Last, die sich lohntFrieden, Demokratie, Wohlstand – diesepolitische Dreifaltigkeit bündelt sich in einemWort: Freiheit. Nichts davon kam vonselbst, nichts davon bleibt von selbst. Dennwie die Zeit lehrte, die nie mehr wiederkommen soll: Schwindet der Wohlstand,wackelt die Demokratie. Stürzt die Demokratie,wird der Friede gebrochen. Und dieFreiheit verflüchtigt sich.Die traurige Gewissheit, dass kein Fortschrittselbstverständlich für immer bleibt,ist der Geist von 1945, der auch ein heutiges„Nie mehr wieder“ leiten muss. Freiheitist nicht ein Zustand, der einmal erreichtist, sondern eine tägliche Aufgabe.Eine schwere Last, die zu tragen sich lohnt.Gewaltsam festhalten kann man sie nicht.Denn, wie Georg Danzer sang, als er das„wundersame Tier“ namens Freiheit im Zoobesuchte: „Doch hinter Gitterstäben gehtsie ein / Denn nur in Freiheit kann die FreiheitFreiheit sein […] Man sperrt sie ein undaugenblicklich ist sie weg!“Die Freiheit im Käfig – das ist das paradoxeSymbol unserer Tage: Je lauter und dringlicherdie eine Seite vom Untergang der liberalenDemokratie warnt, umso mehr will siedie freiheitliche Ordnung notfalls auch mitGewalt festhalten. Das führt bis zu Gedankenüber Parteiverbote, etwa für die AfD.Vielleicht können liberal Gesinnte dieDemokratie stattdessen mittels paradoxerIntervention heilen: nicht mehr von ihremUntergang singen, nicht vom Freiheitsverlustreden, sondern ganz einfach freisein. Die liberalen Demokraten sollen mitSelbstverständlichkeit und SelbstvertrauenPlatz einnehmen mitten im politischenRaum, statt am Rand zu stehen und auf denilliberalen Herrn aus Ungarn zu zeigen.Nicht der erhobene Zeigefinger überzeugtWählerinnen und Wähler von der politischenMitte und der freien Ordnung, sondernkräftige Arme unter hochgekrempeltenÄrmeln, die für dieses Land anpacken.Freiheit wagen, das heißt für die Koalitionsverhandlerim Bund, für ÖVP, SPÖ undNeos: mutig einen neuen Entwurf für Österreichzeichnen, nicht angstgetrieben beiden politischen Rändern abschauen. Sonstwird die Mitte bald zur Randerscheinung.Mutig und sorgfältig selber denken, aufdie eigene Vernunft vertrauen: Diese Lehreaus dem eben abgelaufenen Jubeljahrzu Immanuel Kants 300. Geburtstag bietetsich im heurigen Gedenkjahr an, als Maximefür ein praktisches „Nie mehr wieder“.philipp.axmann@furche.atSegnung durch eine DichterinHubert Gaisbauer über das Unaushaltbarean der Finsternis und den Schatz einesfünfzeiligen Briefes, den er von FriederikeMayröcker erhalten hat. Seite 10Befreit! Auch vom Antisemitismus?1945 herrschten Euphorie, Hunger – undStalins Sprachregelung, Juden im Zusammenhangmit den Massenmorden nicht zu erwähnen.Von Hellmut Butterweck. Seite 11Mit Stiftungen gegen die KriseMit dem Media Forward Fund und derDatum Stiftung wollen gleich zwei neueStiftungsprojekte den Journalismus retten.Geht das so einfach? Seite 16Hinein ins neue LebenViele Frauen fühlen sich in den Wechseljahrenalleingelassen. Höchste Zeit, dasTabuthema zu brechen und Missverständnisseauszuräumen. Seite 18@diefurche@diefurchefurche.at@diefurche.bsky.socialDie FurcheÖsterreichische Post AG, WZ 02Z034113W,Retouren an Postfach 555, 1008 WienDIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 WienTelefon: (01) 512 52 61-0

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