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DIE FURCHE 01.08.2024

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DIE FURCHE · 31 2 Das Thema der Woche (Sich selbst) vertrauen? 1. August 2024 AUS DER REDAKTION „Fragiles Vertrauen“: Unter diesem Titel widmen sich die Salzburger Hochschulwochen noch bis 4. August einer existenziell wichtigen, aber immer knapperen Ressource. Woher kommt das Misstrauen in Institutionen – von der Wissenschaft bis zu den Kirchen –, das gern mit Selbstüberschätzung einhergeht? Und wie gelingt es umgekehrt, junge Menschen mit (Selbst-) Vertrauen auszustatten? Magdalena Schwarz hat sich diesen Fragen im aktuellen Fokus gewidmet. Wie viel Zuversicht man derzeit politisch braucht, offenbart das Journal: Es bietet neben einer Analyse der Siegeschancen von Kamala Harris auch ein Interview mit dem polnischen Philosophen und Psychotherapeuten Andrzej Leder zur Lage in Gaza. Die Aussagen Leders, der selbst einen Großteil seiner Familie in der Schoa verloren hat, sind provokant, aber jedenfalls lesenswert. Im Kompass führt Regina Polak unsere Serie „Sommer der Demokratie“ weiter, gefolgt von einer (Multimedia-)Reportage unserer beiden Trainees Isabel Frahndl und Maximilian Hatzl über „Angsträume“. Schauen Sie sich das – auch online – an! Das Feuilleton eröffnet Brigitte Schwens-Harrant mit einem beklemmenden Essay über Joseph Conrads Erzählung „Herz der Finsternis“, zudem finden Sie Ursula Baatz’ Eindrücke von japanischer Gartenkunst, Neues über das Geheimnis körperlicher Bestleistungen und ein Porträt der belarussischen Menschenrechtlerin Olga Karatch. Trotz Verfolgung mutig bleiben – ihr ist das gegeben. (dh) Von Martin Dürnberger Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Diese Regel mag allgemein gelten, sie kennt aber Ausnahmen. Veröffentlicht etwa Jonathan Haidt ein neues Buch, lässt sich leicht vorhersagen, dass es weltweit Bestsellerlisten stürmt. Das trifft auch auf das neueste Werk des US-amerikanischen Sozialpsychologen zu: „Generation Angst“. Darin zeichnet Haidt nach, wie es um die mentale Gesundheit der sogenannten Generation Z steht, er präsentiert aber mehr als eine Detailstudie zu Suizidraten und Selbstverletzungen – Haidt liefert auch eine Art Zeitdiagnose. Wenn er darlegt, wie stark in den letzten dreißig Jahren die Zeit für freies, unbeaufsichtigtes Spiel unter Kindern abnahm, rührt er zugleich an die größere Frage, wa rum nicht nur in der Erziehung ein „Kult um die Sicherheit“ einsetzte und der ängstlich-misstrauische Blick zum neuen gesellschaftlichen Normal wurde. Wann traten Verunsicherung und Verzagtheit an die Stelle grundständigen Vertrauens? Oder allgemeiner: Wie kam es, dass westlich liberale Gesellschaften aktuell in unterschiedlichen Feldern mutlos werden und allgemein Vertrauen zu verlieren scheinen – in die Wissenschaft, Medien und Demokratie, in die Kirchen, ja in sich selbst und ihre Zukunft? Lesen Sie auch das Interview mit Christiane Spiel: „Wir müssen verlorene Kinder zurückholen‘“ (2.9.21), auf furche.at. Analoge Über- und digitale Unterbehütung leeren kindliche Vertrauensakkus. Was sie wieder füllen kann – auch bei Erwachsenen. Eine Analyse. Vertrauen ist eine Sache der Übung Vielfalt oder Fragmentierung? Das angedeutete Spektrum an Mut- und Vertrauensverlusten ist natürlich zu heterogen, um mit einer Meistererzählung erklärt zu werden. Vertrauen ist ein vielschichtiger Begriff, auch seine oftmals beschworene Krise ist eine multiple: Die Hausse des Misstrauens gegenüber öffentlich-rechtlichen Medien hat andere Quellen als die Erosion des Vertrauens in die Kirchen oder die individuelle Resignation im Blick auf den Klimawandel. Dennoch sind Vertrauenssorten selten streng getrennt, und die diffuse Grundwahrnehmung bleibt: ein allgemeines Absinken der Grundwasserspiegel unseres Vertrauens. Da hinreichende Erklärungen für diese Gemengelage nicht lieferbar sind, sollen drei Schlaglichter erhellen, was unsere gesellschaftlichen Vertrauensspeicher aktuell besonders beansprucht, ehe im Anschluss nach der möglichen Rolle des Glaubens gefragt wird. Beginnen wir mit der Beobachtung, dass Vertrauen in der Regel mit Gleichheit gekoppelt ist: Je homogener eine Gruppe ist, desto höhere Levels wechselseitigen Vertrauens sind zu erwarten. Das erklärt, warum Vertrauen in liberalen Gesellschaften permanent prekär bleiben muss: Solche Gesellschaften oktroyieren keine einheitliche „Leitkultur“, sondern sind durch Individualisierung, Pluralität und Heterogenität gekennzeichnet; bereits in Schönwetterphasen ist es deshalb eine offene Frage, ob sich die Speicher wechselseitigen Vertrauens zwischen verschiedenen Milieus und sich fremd bleibenden Lebensformen allein durch das Band gemeinsamer demokratischer Prozesse hinreichend erneuern. Kippt in Schlechtwetterphasen allerdings Pluralisierung in Fragmentierung und Entfremdung, gilt das Gesagte verstärkt: Die immer schon kostbare Ressource Vertrauen wird noch knapper – und wertvoller. „ Nicht nur in der Erziehung hat ein ‚Kult um die Sicherheit‘ eingesetzt. Der ängstlichmisstrauische Blick ist zum neuen Normal geworden. “ Vor diesem Hintergrund kann eine zweite Antwort den „neuen Strukturwandel der Öffentlichkeit“, ein Konzept des Philosophen Jürgen Habermas, ansprechen. Denn das eben genannte Band ist nicht zuletzt durch die digitale Transformation öffentlicher Diskurse gespannt: Je mehr und unterschiedlichere Perspektiven zu vernehmen sind, umso dringlicher stellt sich die Frage, welche Stimme glaubwürdig ist. Jüngere Forschung liefert Hinweise, dass soziale Medien dabei eine zentrale Rolle spielen: Sie unterminieren ganz allgemein Vertrauen in Institutionen. Das kann positive wie negative Effekte haben: Während in autoritären Regimen ein Mehr an Misstrauen die herrschende Politik infrage stellen kann, vermag es in liberalen Gesellschaften, deren demokratisch legitimierte Institutionen zu gefährden. Die Omnipräsenz sozialer Medien in unseren Lebenswelten ist so eine weitere Erklärung für den gesteigerten Wert von Vertrauen. Foto: iStock / Galina Sharapova VERANSTALTUNGSTIPP Fragiles Vertrauen Eine dritte Antwort auf die Frage, was aktuell unsere Vertrauensakkus leert, kann die Auseinandersetzung mit sozialen Medien in anderer Weise fortsetzen und dafür auf Haidt zurückkommen. Dieser sieht in der Umstellung auf eine smartphonebasierte Kindheit nämlich eine Art Brandbeschleuniger für die Präsenz verzagt-skeptischer Perspektiven auf die Welt: Kinder benötigen bestimmte Formen risikoreichen Spiels in der analogen Welt, um antifragil zu werden – dort wachsen sie an Herausforderungen und gewinnen primär (Selbst-)Vertrauen und Resilienz. Die Kombination von Überbehütung in der analogen und Unterbehütung in der digitalen Welt ist der Herausbildung solcher Haltungen hingegen nicht zuträglich. Unsere Vertrauensakkus erreichen sozusagen gar nicht mehr ihre mögliche volle Speicherkapazität – und werden folglich auch schneller leer. Haidts mit viel Datenmaterial, aber auch stark normativ vorgetragene Thesen werden fraglos kontrovers diskutiert werden, sind aber ein möglicher Ansatz, unsere Leitfrage zu adressieren; vor allem erinnern sie an eine simple Tatsache: Ob wir eher zuversichtlich die Chancenoder ängstlich die Bedrohungsseite der Wirklichkeit erblicken, hängt nicht allein von der Wirklichkeit ab – sondern wesentlich auch davon, welchen Blick wir erlernt haben. Belassen wir es bei diesen diagnostischen Skizzen, um das Problem möglicher Therapien zu adres sieren. Haidt selbst behandelt dazu in einem eigenen Kapitel das Thema Spiritualität, und wir können uns die Frage aneignen: Kann Glaube den Grundwasserspiegel des Vertrauens heben? Tatsächlich gibt es Argumente dafür. So belegen etwa die Daten der zuletzt publizierten sechsten Kirchmitgliedschaftsuntersuchung der EKD, „dass Kirchenmitglieder im Vergleich zu Konfessionslosen ein signifikant höheres Vertrauen in andere Menschen und gesellschaftliche Institutionen (…) haben“ (vgl. Seite 8). Sind betende Hände also zugleich kleine Vertrauensmanufakturen? Multiple Mutlosigkeiten Theologisch wird man eine gewisse Zurückhaltung an den Tag legen: So besteht nicht nur die Gefahr funktionalistischer Verkürzungen, sondern auch das Problem der Ausblendung von Ambivalenzen – christentumsgeschichtlich zeigt sich ja auch, wie Kirchen Vertrauen missbrauchten (statt es zu achten) oder Misstrauen gegen Andersgläubige schürten (also Fragmentierung betrieben). Nicht zuletzt stehen die Kirchen aktuell selbst vor dem Problem, wie sie in Zeiten multipler Mutlosigkeiten ihr Gottvertrauen stabilisieren können. Dass von ihnen keine Lösungen auf Knopfdruck zu erwarten sind, bedeutet umgekehrt allerdings nicht, dass Kirche und Glaube nicht auch heute Hilfen sein können, aus einem letzten Vertrauen heraus zu leben – nicht blind, sondern hellwach! Hier tut Kirchen wie Gesellschaften am Ende vielleicht die Erinnerung daran not, dass offenkundig nicht nur Mutlosigkeit und Misstrauen, sondern auch Zuversicht und Vertrauen virale Größen sind: Sie brauchen Argument und Reflexion, um nicht blind zu werden, entstehen aber nicht rein intellektuell; vielmehr verbreiten sie sich durch Praxis und Begegnung – man steckt sich sozusagen mit ihnen an. Und in den Kirchen finden sich nach wie vor Orte, an denen solche Vertrauensinfektionen möglich sind. Der Autor ist Theologe und Obmann der Salzburger Hochschulwochen. Noch bis 4. August befassen sich die Salzburger Hochschulwochen mit dem Thema „Fragiles Vertrauen“ – von der Klimakrise über Digitalisierung bis zu Migration. Mehr Information gibt es auf www.salzburger-hochschulwochen.at.

DIE FURCHE · 31 1. August 2024 Das Thema der Woche (Sich selbst) vertrauen? 3 Viele Menschen misstrauen wissenschaftlichen Expertinnen und Experten sowie Institutionen generell. Dafür gibt es mehrere Gründe. Ist Selbstüberschätzung einer davon? Laut Soziologin Anna Durnová ist die Pluralisierung des Wissens aus den Fugen geraten. Die Ära der Alleskönner Von Magdalena Schwarz Der moderne Mensch vertraut sich selbst. Dem Lehrer erläutert er die vermutliche Hochbegabung der Tochter, zur Hausärztin bringt er die Selbstdiagnose mit, und der Elektronikfachverkäuferin referiert er die neuesten Onlinetestberichte. Ist die heutige Gesellschaft „zu selbstbewusst“ geworden? Nein, so die knappe Antwort. Die Langversion: Das Vertrauen in Institutionen und Menschen mit Expertise, das Bürgerinnen und Bürgern heutzutage oft fehlt, ist nicht einfach verpufft. Es hat sich verlagert – unter anderem auf die Schultern der und des Einzelnen. Anna Durnová, Soziologin an der Uni Wien, spricht von der „Individualisierung von Risiken“, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorangetrieben wurde. Ein Beispiel dafür ist die Erziehung: „Eltern sollen sich um ihre Kinder kümmern und ihnen ein sicheres Leben ermöglichen. Es liegt in ihrer Verantwortung, dafür zu sorgen, dass ihnen nichts passiert – sei es auf dem Schulweg, in der Freizeit oder im öffentlichen Raum“, so die Soziologin. Sie liefert damit eine systemische Erklärung für die Überbehütung von Kindern, die der Psychologe Jonathan Haidt in seinem Buch „The Anxious Generation“ analysiert (vgl. Seite 2). Ist Wissen Last? Die Politik fördere diese Verlagerung des Risikos auf die Individuen, indem sie ihnen immer mehr Informationen darüber gebe, wie sie vorausschauende Bürgerinnen und Bürger sein könnten. „Von Gebrauchsanweisungen bis hin zu politischen Reden über neue Technologien haben wir den Menschen in den Mittelpunkt der Wissensvermittlung gestellt. Jede und jeder soll sich informieren, einschätzen, vorausschauen und selbst die Risiken tragen und ertragen“, so Durnová. Freies Wissen, Transparenz, Aufklärung: an sich positive Trends, die den Zugang zu Information demokratisieren und auch Menschen abseits der Bildungs- und Wissenselite zum öffentlichen Diskurs einladen. Die Gesellschaft habe erkannt, dass auch marginalisierte Gruppen viel zu sagen hätten und folgenreiche Fehler der Wissenschaft aufdecken könnten, sagt Durnová. Insgesamt sei diese Entwicklung – die Individualisierung von Risiken gepaart mit einer Pluralisierung des Wissens – allerdings „aus den Fugen geraten“, so die Soziologin. Die fatalen Konsequenzen zeigten sich in den Parolen von Verschwörungstheoretikern, Klimaleugnern oder Impfgegnern. „Die Menschen sollen sich selbst informieren, und das tun sie“, so die Expertin. „Doch die Wissenschaft muss Wege finden, einen Wissensvermittlungsrahmen zu sichern, der die Individualisierung respektiert, aber gleichzeitig klar definiert, was wahr und was falsch ist.“ Das Problem, und hier beißt sich die Katze in den Schwanz: Viele Menschen misstrauen genau jenen Institutionen in Politik, Wissenschaft, Medien und Religion, die den Rahmen eines sachlichen Diskurses bisher abgesteckt haben. Laut OGM/APA- Vertrauensindex 2023 ist das Vertrauen gegenüber der Regierung, der katholischen Kirche und Medien hierzulande im Keller. Lediglich die Universitäten genießen noch Ansehen, doch gegenüber dem Jahr 2022 haben auch sie an Zuspruch eingebüßt. Der Argwohn hat mannigfaltige Gründe, viele davon berechtigt, siehe Korruptionsaffären in der Politik und Missbrauchsskandale in der Kirche. Anderswo haben Profiteure des Misstrauens aus Eigennutz Zweifel gestreut: So machen die Öl- und die Foto: iStock / Evheniia Vasylenko Astrologie-App statt Kirche Der freie Zugang zu Information schafft Freiheit – und Verantwortung. Ist diese Last für den Einzelnen zu schwer? Kohle industrie gegen den Weltklimarat Stimmung und untergraben dabei das Vertrauen in die Wissenschaft. Darüber hinaus reagieren Institutionen nicht immer mit dem nötigen Feingefühl auf die Sorgen der Menschen. „Wir sollten damit aufhören, Emotionen gegen Vernunft auszuspielen und umgekehrt“, sagt Durnová. Dass sich Menschen bei Themen, die ihre Gesundheit und Zukunft betreffen, nach innerer Ruhe und Geborgenheit sehnen, sei nachvollziehbar. Es mache wenig Sinn, die Ängste der Menschen als „irrational“ oder „emotional“ abzutun, wie zum Beispiel in der Debatte rund um die widerlegten Risiken von Unfruchtbarkeit nach einer Covid-19-Impfung. „Dass sich junge Frauen vor möglichen Folgen für ihre Fertilität fürchten, sollte eigentlich nachvollziehbar sein. Anstatt sich darüber lustig zu machen, hätte man diese Angst in den Kampagnen ernst nehmen sollen und mit Vertrauen und Fakten erklären, warum sie unbegründet ist,“ so die Soziologin. Es lebe der Hausverstand Dass viele Bürgerinnen und Bürger der eigenen Intuition mehr vertrauen als der Wissenschaft, macht sich auch die Politik zunutze. ÖVP-Umweltsprecher Johannes Schmuckenschlager verkündete Anfang Juli, seine Partei setze auf einen „Klimaschutz mit Hausverstand“. Damit spricht er zahlreichen potenziellen Wählerinnen und Wählern aus dem Herzen, die in Umweltfragen lieber sich selbst vertrauen als der Forschung. Laut Wissenschaftsbarometer 2023, einer Studie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, stimmen immerhin 38 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass „wir uns mehr auf den gesunden Menschenverstand verlassen sollten und weniger auf wissenschaftliche Studien“. „ Die Wissenschaft muss einen Wissensvermittlungsrahmen sichern, der die Individualisierung respektiert, aber gleichzeitig klar definiert, was wahr und was falsch ist. “ Lesen Sie auch „Können wir noch vertrauen?“ (30.11.22) von Doris Helmberger- Fleckl auf furche.at. Diese Skepsis gegenüber Expertise betrifft aber nicht nur die Wissenschaft: Laut einer Umfrage unter 4000 Personen in den USA, Australien und Großbritannien glauben fast drei Viertel, dass sie ihre persönliche Gesundheit besser verstehen als ihr Arzt oder ihre Ärztin. Und Lehrkräfte berichten von Eltern, die ihre Kinder für hochbegabt halten, obwohl eine derartige Diagnose lediglich psychologischem Fachpersonal zusteht. Auch ihr spirituelles Schicksal legen immer weniger Menschen in die Hände von geistlichen Experten. Das im amerikanischen Raum schon lange populäre Manifestieren, also das Übergeben persönlicher Wünsche „an das Universum“, greift auch hierzulande um sich, und Praktiken von Yoga über Meditation bis hin zu Astrologie-Apps zeigen auf, dass der moderne Mensch zwar ein Bedürfnis nach spirituellem Halt hat, diesen aber vorzugsweise in sich selbst sucht (vgl. Seite 4). Zurück zum Vertrauen Selbstverständlich haben das Vertrauen auf die eigene Lebenserfahrung und das Pochen auf Transparenz und Kontrolle gute Gründe. Es gibt Fälle, in denen der informierte Patient die Medizinerin da rauf aufmerksam machen muss, dass zwei von ihr verschriebene Medikamente zu Wechselwirkungen führen könnten. Und es gibt Situationen, in denen Eltern Förderbedürfnisse ihres Kindes noch vor der Lehrkraft erkennen. Wissen, das früher ausschließlich Expertinnen und Experten zugänglich war, ist heute per Mausklick abrufbar, und das ist prinzipiell gut. Und nein, Menschen sind nicht zu selbstbewusst geworden. Denn gesundes Selbstvertrauen bezeichnet nicht nur die Überzeugung, Schwierigkeiten aus eigener Kraft bewältigen zu können. Es geht auch einher mit der Fähigkeit, zu erkennen, wo das eigene Wissen endet und die Expertise eines kompetenten Gegenübers beginnt. Doch der Grat zwischen Unabhängigkeit und Selbstüberschätzung ist und bleibt dennoch schmal. Wie gelingt der Balanceakt zwischen Vertrauen in das Selbst und Vertrauen in andere? Die Soziologin Anna Durnová sieht einen großen Teil der Verantwortung bei jenen Personen und Gruppen in Machtpositionen, die das emotionale Klima einer Gemeinschaft beeinflussen können. Gefühle wie Geborgenheit, innere Ruhe und Dankbarkeit würden ein Umfeld schaffen, in dem Menschen offen für neues Wissen seien. Ratio und Intellekt hin oder her: Wer vertrauen will, der muss sich sicher fühlen. Lesen Sie schon FURCHE-Newsletter? Ihre ausgewählten Lieblingsthemen ab sofort täglich in Ihrer Mailbox. Jetzt anmelden: furche.at/newsletter Journalismus mit Sinn. Jetzt neu: tägliche Ressort- Newsletter

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