31 · 1. August 2024 DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 80. Jg. · € 6,– Jamaika: Siegersuche unter Palmen Die olympischen Leichtathleten gehen ab 1. August an den Start. Gibt es ein Geheimnis für körperliche Bestleistungen? · Seite 18 „Netanjahu ist ein Verbrecher“ Mehr als eine Moralagentur Verklärte Landschaften Der polnische Philosoph Andrzej Leder über Israels Vorgehen in Gaza, die „Amerikanisierung des Holocausts“ und den 7. Oktober. · Seiten 6–7 Wann ist Religion als „kritischer Stachel“ demokratiestärkend – und wann gefährlich? Fünfter Teil der Serie „Sommer der Demokratie“. · Seite 8 In Gärten wird Natur zur Kultur. Doch ein Blick nach Japan zeigt, dass die grünen Anlagen mehr sein können als Orte zum Verweilen. · Seite 16 Das Thema der Woche Seiten 2–4 Steckt hinter dem Argwohn gegenüber Institutionen eine Krise des Selbstbewusstseins? Über eine Gesellschaft zwischen Verzagtheit und Größenwahn. (Sich selbst) vertrauen? Bild: iStock/Jorm Sangsorn Foto: Getty Images / Bettmann Reise ins Grauen Vor hundert Jahren starb Joseph Conrad. Mit „Herz der Finsternis“, einer seiner bekanntesten Erzählungen, thematisierte er 1899 als einer der Ersten die belgischen Gräueltaten im Kongo. Seiten 13–14 Vor 110 Jahren begann der Erste Weltkrieg, vor bald 85 Jahren der Zweite. Wie konnte es dazu kommen? In Zeiten multipler Eskalationen und Kulturkämpfe lohnt der Blick zurück. Bleibende Dämonen AUS DEM INHALT Der Countdown läuft Dass Kamala Harris eine Schwarze und eine Frau ist, spricht bei den US-Wahlen sowohl für als auch gegen sie, analysiert die Amerikanistin Cornelia Klecker. Seite 5 Von Doris Helmberger „ Der Tod war ein Meister aus Deutschland – und besonders sadistische Helfer kamen aus Wien. “ logie – von Jonathan Glazers Film „Zone of Interest“ über die ganz normale Familienidylle des Auschwitzer Lagerkommandanten Rudolf Höß bis zur heutigen „Banalität des Bösen“ (Hannah Arendt). „Das große Problem unserer Zeit ist die Langeweile. Wir sollten doch wieder einmal einen Krieg führen!“, zitierte Haslauer einen Gast einer Veranstaltung vom April dieses Jahres. Schlafwandelnd in die Katastrophe Solche Sätze sind umso schockierender, als sich gerade dieser Tage nicht nur die Eskalationen häufen – vom drohenden Bürgerkrieg in Venezuela über Rechtsextreme in Israel bis zu Donald Trump, der von einem „Weltkrieg“ fabuliert, falls er im November nicht gewinnen sollte –, sondern sich auch der Beginn der beiden großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts jährt. Es war am 28. Juli 1914, einen Monat nach dem Attentat auf Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie Chotek, als Kaiser Franz Joseph in Bad Ischl sein Manifest „An Meine Völker“ und damit die Kriegserklärung an Serbien unterschrieb. Was folgte, waren rund 20 Millionen Tote und unzählige Traumatisierte. Wie „Schlafwandler“ waren Europas Mächte in Pathetische Reden über die Demokratie und den Weltfrieden gehören zu sommerlichen Großveranstaltungen wie Mückenplagen und die Angst vor schlechtem Wetter. Wer immer vor die Versammelten tritt, appelliert an das Gute im Menschen und den Zusammenhalt. Wie kurz die Halbwertszeit solcher Aufrufe sein kann und wie rasch sie von völlig anderen, sich aufschaukelnden, ja toxischen Debatten überrollt werden können, hat die Eröffnung der Olympischen Spiele in Paris gezeigt. Nach gigantomanischen vier Stunden und IOC- Ansprachen über Völkerverständigung und Liebe folgte kein Rausch der Harmonie, sondern ein globaler Kulturkampf über die – vermeintliche – Verächtlichmachung des Letzten Abendmahls (vgl. S. 11). Es gibt freilich auch Reden, die haften bleiben. Bei den diesjährigen Salzburger Festspielen war es kurioserweise weniger jene der US-Politologin Nina Chruschtschowa (die ob ihrer Verteidigung russischer Kultur auch heftig kritisiert wurde), sondern die Ansprache des Salzburger Landeshauptmanns. Anlässlich des Festivalmottos „Zwischen Himmel und Hölle“ entfaltete Wilfried Haslauer eine Dämonodiese Katastrophe gestolpert, analysiert der Historiker Christopher Clark in seinem gleichnamigen Standardwerk. Durch Selbstmordattentäter kam es in Sarajevo zu jenem symbolträchtigen Ereignis, das die Politik unwiderruflich änderte und bisherige Optionen zunichtemachte – ähnlich wie bei 9/11, so Clark. Das tiefere Warum lieferten freilich Imperialismus, Nationalismus, Rüstung, Bündnisse, Hochfinanz und Vorstellungen nationaler Ehre. „Niemals wurde ein Krieg für eine gerechtere Sache begonnen als der, für den sich nun Österreich erhebt“, schrieb auch der damalige Reichspost-Chefredakteur und spätere (im KZ geläuterte) FURCHE-Gründer Friedrich Funder. Und die Kirchen feuerten die Kriegslust weiter an. Eine Kriegstheologie à la „Gott mit uns“ gab es bei Hitlers Überfall auf Polen am 1. September 1939 nicht; dennoch riefen auch hier die Kirchen lange zur „Pflichterfüllung“ auf. Millionen kamen um; die Schoa – wo der Tod „ein Meister aus Deutschland“ war und besonders sadistische Helfer wie Amon Göth aus Wien stammten – wurde zum singulären Riss in der Zivilisationsgeschichte. Die Dämonen sind freilich nicht weg, sie bleiben und sind wieder da, wie Wilfried Haslauer in seiner Salzburger Rede richtig vermerkte. „Sie sind in uns und um uns, tarnen Niedertracht und Lüge als Normalität, beherrschen den Kanon der Unterstellungen, singen das Hohelied der Ausgrenzung und Herabwürdigung.“ Man muss gegen sie kämpfen und darf sich nicht mit ihnen gemeinmachen. Nie wieder. doris.helmberger@furche.at „Jeder Park nachts“ Die Stadtplanung bezeichnet dunkle Seitengassen oder einsame Bahnhöfe als „Angsträume“. Wie man sie meidet oder sich ihnen stellt. Eine Multimedia-Reportage. Seite 9 Christliches Beleidigtsein Nicht nur Hardcore-Konservative zettelten nach der olympischen Eröffnungsfeier einen Kulturkampf an. Otto Friedrich widerspricht im „Zeit-Weise“ dem Furor. Seite 11 Die Unerbittlichkeit des Alterns In seinem neuen Buch „Eine Arbeiterin“ porträtiert Didier Eribon das Leben seiner Mutter und weist auf den untergeordneten Stellenwert alter Menschen hin. Seite 14 „Es war wie in einem Krimi“ Ein belarussisches Gericht hat die Menschenrechtlerin Olga Karatch zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Auch im Exil ist sie nicht sicher. Seite 20 @diefurche @diefurche furche.at @diefurche Die Furche Österreichische Post AG, WZ 02Z034113W, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien DIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 Wien Telefon: (01) 512 52 61-0
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