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DIE FURCHE 01.06.2023

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DIE FURCHE · 22 8 Gesellschaft/Bildung 1. Juni 2023 Nachhaltigkeit, Vielfalt, Tierschutz – was der Generation Z wichtig ist, prägt immer mehr die Arbeitswelt. Werden diese Variablen berücksichtigt? Von Victoria Schwendenwein GLAUBENSFRAGE Eine Debatte seit Jahrzehnten: Lesen Sie auch „Ausbildung – nicht am Bedarf vorbei“ (14.8.75) von Franz Kienast auf furche.at. Heilig Heilig Heilig Trinitatis. Du Fest kommst sehr gerufen in die Zeit. Da könnte ein Halt sein und ein Weg in der Not angesichts der Erfahrung von der unaufhaltsamen Wiederkehr der Schrecken, die erschütternde neue Gesichter zeigt in allen Gefilden dieser Erde und ihrer Himmel. „Wenn ich Wunder sage, komme ich mir ganz verloren vor“, meinte die jüngst verstorbene Sibylle Lewitscharoff. Ein Wahrsatz, den der Experte für das Ungeheure wie dessen Überwindung, der Theologe Rudolph Otto, mit ihr wohl gerne, sie bestätigend, besprochen hätte. Im Krieg, dem ersten des vergangenen Jahrhunderts, hat er über „Das Heilige“ sein Jahrtausendbuch geschrieben. „Es gibt viel Unheimliches, es gibt nichts Unheimlicheres als den Menschen“, wusste er. Er wollte den Menschen in die Tiefe der Gottheit führen, ihn einladend, Religio in sich zuzulassen als das „Mysterium tremendum“, das ihn und sie in Ehrfurcht erschauern lässt, und als das „Mysterium fascinosum“, welches das Heilige als das Letzte und Höchste unseres Wesens entbirgt. Es gibt ein Absolutes. Wie Werte Jobs wandeln Dominik Juric will Koch werden. Den Traumjob, wie der 15-Jährige ihn sich vorstellt, gibt es derzeit in Österreich aber nicht als Lehrberuf. Der Wiener lebt vegan und möchte nicht mit tierischen Produkten arbeiten. Deswegen habe er sich letztlich gegen die Kochlehre entschieden. Er ist sicher: „Viele junge Menschen wollen heute nur etwas arbeiten, das nachhaltig ist, und dem Klima gut tut.“ Das belegen auch jüngste Studien zur Wertehaltung der 15- bis 29-Jährigen im DACH- Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz). Themen wie Umwelt-, Natur- und Tierschutz sowie die Menschenrechte stehen für Jugendliche heute im Vordergrund. Ihre Generation steckt gegenwärtig zwar Krisen besser weg, sehnt sich aber nach Nachhaltigkeit und Sicherheit für sich und die Gesellschaft. Den Weg dorthin sieht ein überwiegender Teil der Befragten aller drei Länder darin, der Klimakrise ernsthaft zu begegnen – auch im Arbeitsalltag. Veränderte Wertehaltungen und neue Rahmenbedingungen beeinflussen auch einzelne Berufsbilder. Das beobachten Arbeitsmarktforscher Florian Lehmer und seine Kolleg(inn)en der Forschungsgruppe „Berufe in der Transformation“ vom deutschen Institut für Arbeitsmarktund Berufsforschung (IAB). Klassische Handwerksberufe haben demnach ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Einsatz moderner Technologien etabliert. So heißt etwa der Installateurberuf seit zwei Jahrzehnten auch namentlich Sanitär-, Heizungsund Klimatechnik; und Dachdecker wissen heute selbstverständlich, wie Solaranlagen zu montieren sind. Florian Lehmer erklärt, dass die Nachfrage nach „klimafreundlichen“ Berufen derzeit höher sei als nach „klimaschädlichen“, also jenen, in denen es einen sehr hohen Energieverbrauch gibt. „Die Masse an Berufen ist aber weder umweltschädlich noch umweltfreundlich“, gibt er zu bedenken. Im internationalen Vergleich geht es ohne „Green Skills“ aber ohnehin nicht mehr. Das bestätigt etwa Jürgen Kraft. Er ist Geschäftsführer des zur WKÖ gehörenden Vereins „Skills Austria“ und koordiniert die österreichischen Teilnehmenden bei internationalen Berufsmeisterschaften in rund 50 Sparten. China blicke mit Neid auf die österreichischen Ergebnisse bei diesen Es gibt ein Korrektiv. Der totale Perspektivenwechsel ist möglich! Trinitatis. Du Fest kommst sehr gerufen in die Zeit. Sanctus Sanctus Sanctus; in welcher Sprache diese erhabensten Worte immer erklingen, „immer greifen sie in die tiefsten Gründe der Seele, aufregend und rührend mit mächtigem Schauer das Geheimnis des Überweltlichen, das dort unten schläft“, meint Otto. O ja! Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, ist die Liebe Gottes, die werdenste aller Lieben, alle Lande sind seiner Ehre voll! Wenn ich Wunder sage, traue ich Gott einen Beziehungswunsch zu, wissend wie die am 1. Juni 1983 verstorbene Anna Seghers, „daß es im Innersten etwas gab, was unangreifbar war und unverletzbar“. Und wir Beziehungen knüpfen nach Gottes Bild und zwar zu allem, was lebt. Die Autorin ist evangelische Pfarrerin i.R. Von Ines Charlotte Knoll Hoch hinaus Dachdecker(innen) montieren Solarpaneele – nur ein Beispiel für den Einfluss gesellschaftlicher Maßstäbe auf Berufsbilder. Foto: iStock/Eloi_Omella Bewerben, sagt Kraft. Der ehemalige Berufsschullehrer für Fahrzeugtechnik führt das auf eine erfolgreiche duale Ausbildung in Österreich zurück. Just die wird nicht zuletzt durch die aktuell emotional geführte Diskussion über eine vegane Kochlehre in Frage gestellt. Kritiker werfen den Verantwortlichen im Bund sowie der Wirtschaft vor, an überholten Denkmustern und veralteten Berufsschul-Lehrplänen festzuhalten. „Das kann ich nicht nachvollziehen,“ sagt Jürgen Kraft. 14 Jahre sei er an einer Berufsschule tätig gewesen und habe dabei regelmäßig Lehrplan-Anpassungen erlebt. Österreich zähle international zu den besten Ausbildungsländern für Handwerksberufe. Das zeige nicht zuletzt die Bilanz bei Europa- und Foto: IAB Weltmeisterschaften. Dort sind die österreichischen Fachkräfte meist Top-Medaillenanwärter. 2022 errangen sie zwölfmal Edelmetall und 20 Leistungs-Diplome, verteilt auf alle Sparten - von der Steinmetzin über den Koch bis zum „Mobile Robotic“-Fachmann. Gute Entlohnung als Schlüssel Welche Berufe aktuell gebraucht werden, gibt die Wirtschaft vor. Trends und Bedürfnisse von Unternehmen scheinen dabei nicht immer zusammenzupassen. Florian Lehmer sieht es als Wechselspiel: Unternehmen, die problembewusst arbeiten, lassen gesellschaftliche Veränderungen in ihre Entscheidungen einfließen. Eine hohe Nachfrage in einem bestimmten Bereich könnte also zu Zusatzmodulen in der Ausbildung führen und einen Veränderungsprozess lostreten. Die Frage, ob man im Zeitalter der digitalen Transformation (Industrie 4.0) so überhaupt noch mithalten kann, ist für Lehmer getrennt davon zu betrachten. Dafür brauche es unter anderem das Bewusstsein für klimaneutrale Industrie. Die Einführung neuer Berufe werde den Fachkräftemangel, den er vielmehr als Arbeitskräftemangel betrachtet, aber nicht lösen. Um dagegen anzukommen, müssten bereits vorhandene Arbeitskräfte aktiviert werden – und dazu brauche es auch Zuwanderung. Als eine der wichtigsten Stellschrauben betrachtet Lehmer dabei eine gute Entlohnung. Darüber hinaus gelte für Gesellschaft wie für Betriebe: „Es steht und fällt mit einem guten Umgang miteinander.“ Im Falle der veganen Kochausbildung in Österreich hofft man nun auf ein Miteinander: Der Antrag der Grünen Wirtschaft muss mangels konkret angeführten Konzepts zwar abgeändert werden, der WKÖ-Fachverbandsausschuss Gastronomie hat aber einstimmig die Ausarbeitung eines solchen Konzeptes beschlossen. Was das für Dominik Juric bedeutet, wird die Zukunft zeigen. Sollte eine rein vegane Ausbildung kommen, will er sie besuchen. Vorerst hat er vor, nach dem Gymnasium Ernährungswissenschaften zu studieren. „ Arbeiten Unternehmen problembewusst, fließen gesellschaftliche Veränderungen in ihre Entscheidungen ein. “ Florian Lehmer arbeitet in der Forschungsgruppe „Beruf und Transformation“. Foto: Skills Austria / Anna Lehner Jürgen Kraft ist Geschäftsführer von „Skills Austria“.

DIE FURCHE · 22 1. Juni 2023 Religion 9 Für Adolf Holl (1930–2020) war Franz von Assisi „Der letzte Christ“. So betitelte er den für die Kirche so prägenden Gottesnarren in seiner Biografie aus dem Jahr 1979. Auch 44 Jahre später zeigt sich: Holl konnte ein mehr als plastisches Bild des Mittelalters vermitteln. Vom großen kleinen Bruder Franz Von Otto Friedrich Sie ist Adolf Holls wichtigstes Buch: Dass die Franziskus-Biografie „Der letzte Christ“ des als katholischen Priester Suspendierten, der aber zeitlebens „die religiösen Sachen zur Hauptbeschäftigung gemacht“ hat, wie Holl im FURCHE-Interview meinte, auch sein umfangreichstes Werk geworden ist, mag kein Zufall sein. Wie aber ist der 1979 erstmals aufgelegte Band 44 Jahre später zu lesen? Die Relecture legt sich auch deswegen nahe, weil in der von Walter Famler und Harald Klauhs herausgegebenen, im Residenzverlag erscheinenden zwölfbändigen Werkausgabe, der „Letzte Christ“ nun in neuer Edition verfügbar ist. Und man darf resümieren: Adolf Holls Zugang zum „närrischen“ Prediger aus Assisi ist heute wie damals aktuell und liest sich auch nach Jahrzehnten noch flüssig: Holl, der in seinen Büchern als Polyhistor wie als begnadeter Formulierer reüssierte, ist hier einmal mehr in seinem Element. Man spürt immer noch die kecke Ader, mit der er anno 1971 in seinem Erstling „Jesus in schlechter Gesellschaft“ einen Skandal ausgelöst hatte. Aber der katholische Heißsporn ist hier bereits nur mehr im Hintergrund als Pate wahrzunehmen: Franz, so der Duktus der Holl’schen Betrachtungen, ging es um eine radikale Jesus-Nachfolge. Der Tuchhändlersohn aus Mittelitalien nahm das über den Wanderprediger aus Nazaret Berichtete für bare Münze, sodass er sein (kurzes) Leben völlig danach ausrichtete. Mehr als bloß ein Prediger zu den Vögeln Wie in „Jesus in schlechter Gesellschaft“ versucht Holl auch im „Letzten Christen“ zu zeigen, wie überfrachtet die Tradition und Rezeption durch Jahrhunderte mit der jesuanischen Botschaft umging; im Fall von Franz garniert er dies mit einem eben heute noch spannend zu lesenden Tableau über das Mittelalter, das in Holls Darstellung weder so fromm noch so gottgefällig war, wie es die Verkitschung späterer Zeiten glauben machte. In Bezug auf Franz machte dies aus dem großen Armen am Übergang des 11. zum 12. Jahrhundert den harmlosen Prediger zu den Vögeln und Fischen, und Holl schreibt in jeder Zeile gegen diese Verballhornung eines Lebens- und Glaubenszeugnisses an. Der Franziskanertheologe (und Franziskus-Nachfolger) Bonaventura gehört für Lesen Sie auch das Interview mit Adolf Holl vom 26.3.2015, nachzulesen unter „Ein süßes Gefühl“ auf furche.at. Holl da zu denen, die das Erbe des Franz in kirchenamtlichem Sinn verbogen haben. Franz von Assisi war dennoch einer, dessen geistliche und geistige Reform innerhalb und nicht außerhalb der Kirche vonstatten ging, worauf Holl immer wieder hinweist. Natürlich sind die Jahrzehnte seit Erscheinen nicht spurlos am „Letzten Christen“ vorübergegangen. So fanden sich seither einige auch populärwissenschaftliche Publikationen, die etwa das Wirken der Büßerbewegung der Katharer (von der sich das heutige Wort für „Ketzer“ herleitet) dargestellt und eingeordnet haben. Der journalistische Leser wird da sicher nicht alle Nuancen entdecken, die seither die Mediävistik zu Tage gefördert hat. Aber nach wie vor ist es beeindruckend, wie Adolf Holl einer bodenverhafteten, niemals abgehobenen Mittelalterhistorie, die über alles andere als bloß über höfisches und höfisch-geistliches Leben berichtet, das Wort redet. Dass Holls Querverweise zur Gegenwart naturgemäß nicht ganz Up-to-date sind, macht das Buch aber um keinen Deut weniger lesenswert. Foto: Wikipedia Franz von Assisi predigt zu den Vögeln (Gemälde von Giotto di Bondone, 1297–99). „ Nach wie vor ist es beeindruckend, wie Adolf Holl in ‚Der letzte Christ‘ einer bodenverhafteten, niemals abgehobenen Mittelalterhistorie das Wort redet. “ Was Holl anno 1979 natürlich nicht ahnte, war, dass ein Papst sich dereinst mit dem Namen Franziskus schmücken würde; man kann sicher sein, dass heute auch diese Volte der Kirchengeschichte in seine Franziskus-Biografie eingeflossen wäre. (Vorgänger Benedikt XVI. hatte sich ja über den von Holl nicht so geachteten Bonaventura habilitiert ...) Kein kirchlicher Gottseibeiuns mehr Die schöpfungstheologische Wirkmächtigkeit des Franz von Assisi ist im gegenwärtigen Pontifikat unübersehbar. Ob seine darüber hinausgehende, auch politische Sprengkraft fürs Christentum nun eine größeren Entsprechung findet (eingemahnt hat dies Papst Franziskus wiederholt), ist noch offen. Aber auch für die diesbezügliche Bewertung lohnt die Auseinandersetzung mit Adolf Holls Franz-von-Assisi-Zugängen. Einiges hat sich seit dem Erscheinen des „Letzten Christen“ aber doch schon getan. Holl, der lang Verfemte, ist jedenfalls kein kirchlicher Gottseibeiuns mehr. Das Nachwort in der Neuausgabe des Buches stammt vom Salzburger Philosophen und Benediktinermönch Michael Köck. Das ist auch deswegen bemerkenswert, weil der Benediktinerorden im „Letzten Christen“ als Wegbereiter des Kapitalismus nicht gerade hofiert wird. Noch überraschender ist aber, dass die Wiener Präsentation von „Der letzte Christ“ im Erzbischöflichen Palais gemeinsam mit Kardinal Christoph Schönborn stattfinden wird. Dass Adolf Holl drei Jahre nach seinem Tod ins Haus des Wiener Erzbischofs „zurückkommen“ würde, hätte ihn vermutlich doch verblüfft. Der letzte Christ Präsentation des neuen Bandes der Adolf-Holl-Werkausgabe Mit Kardinal Christoph Schönborn, P. Michael F. Köck OSB und Walter Famler (Hg.) Erzbischöfliches Palais, 1010 Wien, Wollzeile 2 Montag, 5. Juni, 18 Uhr 30 • www.herder.at Der letzte Christ Von Adolf Holl. Hg. Walter Famler, Harald Klauh. Residenz 2023 416 S., geb., € 35,– Überraschungen Begegnungen Antworten Stille Jetzt 4 Wochen gratis! Bitte senden Sie die Ausgaben der FURCHE an: Name Straße/Nr. PLZ/Ort ICH MÖCHTE DIE FURCHE 4 WOCHEN GRATIS – GEDRUCKT UND DIGITAL. DAS ABO ENDET AUTOMATISCH. wünschen wir Ihnen am 2. Juni bei der „Langen Nacht der Kirchen“. Vielleicht treffen Sie jemanden, die oder der noch nicht FURCHE liest? Dann empfehlen Sie uns gerne weiter! Bestellungen auch unter 01/512 52 61-52 oder an aboservice@furche.at, Kennwort: „LNDK” E-Mail, Tel.Nr (für allfällige Rückfragen bitte angeben) Datum Unterschrift Das Angebot gilt, wenn in Ihrem Haushalt DIE FURCHE in den letzten 6 Monaten nicht bezogen wurde, und kann nicht auf bestehende Abonnements angerechnet werden. Das Kombiangebot gilt nur bei Lieferung im Inland. 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