49 · 5. Dezember 2024DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 80. Jg. · € 6,–„Die Schutzlinie für die liberale Demokratie“ „Schönborn hat sich angreifbar gemacht“ Stadtplatzleo. Eine HeimatgeschichteAndrás Jakab, Österreichs Richter in Straßburg,über das Gewissen, Erosionen, Rücksicht undSelbstverpflichtung. · Seiten 6–7Der Jesuit Klaus Mertes deckte 2010 den Missbrauchsskandalam Berliner Canisius-Kolleg auf. EinFURCHE-Interview. · Seite 12Um 1960 tauchte er in Steyr auf, wo er nachts untereiner Brücke schlief. Wer war Leopold Kadlitz? ErichHackl erinnert an ihn. · Seite 17Das Thema der WocheSeiten 2–4Sie faszinierte bis ins hohe Altermit ihren Texten und gilt als eine derbedeutendsten deutschsprachigenSchriftstellerinnen. Zum 100. Geburtstagvon Friederike Mayröcker.JahrhundertDichterinFoto: APA / Herbert NeubauerBild: iStock/ SvetaZiBoulevardund BioethikDas italienische Verbot von Leihmutterschafthat den Streit darüberwieder angeheizt. Was unterNormalsterblichen noch diskutiertwird, ist in Hollywood aber längstNormalität. Haben Promis inder Reproduktionsmedizin dieBüchse der Pandora geöffnet?Seiten 9–10Es ist fahrlässig, geopolitische Zusammenhänge an ihrem Unterhaltungswert zu messen. Füreuropäische Medien wird es Zeit, sich von ihrem Empörungsmodus zu verabschieden.Analyse statt AufregungAUS DEM INHALTVerankerte FremdenfeindlichkeitDie Ergebnisse des DÖW-Rechtsextremismus-Barometers schlagen hohe Wellen. Wie großist das Problem des Alltagsrassismus inÖsterreich wirklich? Seite 5Von Brigitte QuintDieser Tage kursiert eine Maildurch die Medienhäuser. DerAbsender will eine Businessideeumsetzen. In seinem Schreibenlädt er Medienschaffendezu einer Art Einkehr in seinen Newsroomein: „Sie sind gerade jetzt, wo unheimlichviel auf Europa hereinprasselt, die Repräsentantenunserer Kommunikation. Siemüssen nun besonnen sein und den Überblickbewahren.“Es ist fraglich, wie seriös das Angebot desGeschäftsmannes ist. Gleichzeitig legt ermit seiner Offerte den Finger in eine offeneWunde. Denn der mediale Umgang mit denweltweiten Herausforderungen ist durchauskritikwürdig. Ganz besonders, wennes um die Person Donald Trump geht. DieBerichterstattung über den nächsten US-Präsidenten gleicht vielerorts einer Unterhaltungsshow.Auf den Internetseiten angesehenerQualitätsmedien häufen sichSchlagzeilen à la: „Trumps Gruselkabinett:Impfgegner, christliche Fundis, Rassisten.“Aus medieninterner Sicht ist das angesichtsder prekären Lage der Branche verständlich:Headlines wie diese sichern Klickzahlen,während Analysen zur Zollpolitik,dem Welthandel, militärischer Autonomie„ Großteils unerwähntbleibt die Tatsache,dass Trump in seinerersten Amtszeit den ISindirekt gestärkt hat.“und Geostrategie ein weniger breites Publikumansprechen. So gesehen hat der besagteEmailverfasser recht, wenn er an die Verantwortungder Publizierenden appelliert.Der Aufreger der Stunde ist derzeit dieMeldung, dass Trump die Einstellung seinesSchweigegeld-Prozesses beantragt hat.US-Medien sind dazu übergegangen, Sachverhaltewie diese neutral wiederzugeben.In Asien wird das längst so gehandhabt. InEuropa aber hält man nach wie vor am bewährtenEmpörungsmodus fest. Die Meldungüber den neuen, alten Schauplatz inNahost – der überraschende Vorstoß des ISin Syrien – steht scheinbar losgelöst nebendem neuesten Aufreger aus den USA.Autokraten sind bei klarem VerstandDass die vergangene US-Wahl und die damitverbundenen Umbrüche im Land dazugeführt haben, dass die bisherige globaleOrdnungsmacht keine mehr sein will, findetkaum Erwähnung. Das ist unbedacht,weil der Rückzug des Hegemon Folgen fürdie ganze Weltgesellschaft mit sich bringt.Großteils unerwähnt bleibt auch die Tatsache,dass Trumps erste Amtszeit den „IslamischenStaat“ indirekt gestärkt hat. Eineder umstrittensten Entscheidungen war derAbzug der US-Truppen in Nordsyrien 2019.Dieser Schritt ermöglichte dem IS, sich ineinigen Gebieten neu zu formieren. Expertenmachen auch Trumps Flüchtlingspolitikdafür verantwortlich, dass im Nahen Ostenradikale Gruppen ungebremst Zulauffinden. Denn die Verschärfung der Einreisebestimmungenfür Menschen aus muslimischenLändern hatte zu einer Zuspitzungder humanitären Krise vor Ort beigetragen.Dass ausgerechnet jetzt der nächste Krisenherdaufflammt ist kein Zufall, sondern Folgedes Machtvakuums.Wer ein solches traditionell für sich zunutzen weiß, ist der türkische Präsident RecepTayyip Erdoğan, der von der Offensiveinnenpolitisch profitiert und diese gepushthat. Er spekulierte auch darauf, dass sichdas Assad-Regime diesmal nicht auf die uneingeschränkterussische Unterstützungverlassen kann. Wladimir Putin will seinemilitärischen Ressourcen vor TrumpsAmtsantritt in der Ukraine bündeln – umbei den bevorstehenden Friedensverhandlungenmit möglichst viel Gebietsgewinnenauftrumpfen zu können. Die Kriegsherrenund Autokraten dieser Zeit sind durchausbei klarem Verstand und ziehen ihre Agendanüchtern durch.Anstatt zigfach Trumps Ankündigung, erwerde den Krieg in der Ukraine in 24 Stundenbeenden, zu wiederholen, Worte, diezweifelsohne skandalös sind, sollte man inder Berichterstattung emotional abrüstenund mit mehr Ernsthaftigkeit vorgehen. Esist fahrlässig, geopolitische Zusammenhängean ihrem Unterhaltungswert zu messen.brigitte.quint@furche.atReicht die Kathedrale?Fünf Jahre nach dem Brand wird Notre-Dame,„das“ Symbol für das christliche Abendland,wiedereröffnet. Doch Folklore allein genügtnicht. Ein Kommentar. Seite 14„Die Mitte hält nicht mehr“Am 5. Dezember wäre die SchriftstellerinJoan Didion 90 geworden. Sie dokumentiertedie 68er-Bewegung in Kalifornien – und denZerfall der Gesellschaft. Seite 18Die Macht der NetzwerkeAm 10. Dezember werden die Nobelpreisefür Physik und Chemie verliehen. Für beideAuszeichnungen spielt heuer die KünstlicheIntelligenz eine zentrale Rolle. Seite 23Kein Erzieher oder MahnerUm kaum eine historische Person rankensich so viele Mythen wie um den HeiligenNikolaus. Unser heutiges Bild von ihm hatmit dem Original wenig zu tun. Seite 24@diefurche@diefurchefurche.at@diefurcheDie FurcheÖsterreichische Post AG, WZ 02Z034113W,Retouren an Postfach 555, 1008 WienDIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 WienTelefon: (01) 512 52 61-0
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