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DIE FURCHE 28.11.2024

DIE FURCHE

48 · 28. November 2024DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 80. Jg. · € 6,–Der Adventkranz und die soziale Frage Messen, was man nicht sieht? Ein gefährlicher TraumFür ihn lässt sich viel Geld ausgeben. Doch woherkommt der Adventkranz überhaupt, und wanngelangte er nach Österreich? · Seite 9Prävention funktioniert, wenn nichts passiert.Nicole Krejci vom Gewaltschutzzentrum Wien überErfolge abseits von Statistiken. · Seite 12George Saunders erzählt in „Die kurze undschreckliche Regentschaft von Phil“ vom Monsterim Menschen. · Seite 17Das Thema der WocheSeiten 2–5Digitale Beschleunigung, globaleUmbrüche und Existenzängste ergebenein toxisches Gemisch. Was nun?Über die große Erschöpfung.Ich kannnicht mehrBild: Lucinda Crimson („Millions missing“)Foto: Alma Center„Der Iron Domeist kein Schutzfür alle“Hält die Waffenruhe zwischenIsrael und der Hisbollah? Sicherheitsexpertinund Ex-GeheimdienstlerinSarit Zehavi erklärt, warum es mehrbraucht, um die Region zu stabilisieren,und welche Rolle die künftigeTrump-Regierung dabei spielen muss.Seiten 6–7Mario Kunaseks FPÖ triumphiert in der Steiermark. Wie es dazu kam, was die Wahl für dieVerhandlungen im Bund bedeutet – und was auch Herbert Kickl aus ihr lernen kann.Bitte kein bitteres ZuckerlAUS DEM INHALTDer Glaube an Gott implodiertDie Kirchen sind leer, dabei wäre eineInterpretation der Evangelien im Lichteder aktuellen Krisen ein Beitrag zu mehrgesellschaftlicher Resilienz. Seite 10Von Philipp AxmannDie freiheitliche Flut schwapptalso auch hinter den Semmering,das blaue Wasser erreichteinen historischen Höchststandin der Steiermark. Wie eszur Umfärbung des schwarz-roten Swing-States kam? Zum einen durch den bundespolitischenTrend. Dass Herbert Kickl nichtden Regierungsbildungsauftrag erhaltenhat, hat der ÖVP sicher nicht geholfen. Jedochist das Wohlergehen der steirischenÖVP nicht das Maß, das der Bundespräsidentanzulegen hat, wenn er diesen Auftrag erteilt.Landeshauptmann Christopher DrexlersSelbsteinschätzung als „Bauernopferder Republik“ leugnet die eigene Verantwortung(siehe Seite 8). Seine Kampagne überzeugtenicht: Der Intellektuelle zwängtesich in den Steireranzug, bemühte das vonHermann Schützenhöfer geerbte Bild desLandesvaters. Doch das Erbe war zu schwer.Drexler hätte eigene Stärken in den Fokusstellen sollen, statt fremden nachzueifern.Die ÖVP ahnte den Bundestrend. Deswegenschlug Drexler auf den Plakaten vor:„Steirisch wählen“. Die Bevölkerung nahmihn beim Wort: Im Bezirk Liezen, wo siesich nicht mit der Zusammenlegung dreierSpitäler zu einem neuen Leitspital anfreun-„ Bei den 35- bis59-Jährigen holtedie FPÖ 47 Prozent.Sie gewann in der Mitteder Gesellschaft.“den kann, wählte sie steirisch: 42 ProzentFPÖ. Ein Plus von 24 Prozentpunkten undgleich viel wie Rot und Schwarz zusammen.Bei den 35- bis 59-Jährigen holte die FPÖlandesweit 47 Prozent. Sie gewann in derMitte der Gesellschaft. Bei Menschen, dieeine Familie erhalten, die um ihren Jobfürchten, die die hohen Preise spüren. Dietreffendste Analyse lieferte nicht ein Politologe,sondern eine Wählerin mittleren Altersaus Sinabelkirchen im ORF: „Am Landsan die Leit angfressen.“ Und für das „Wirhören euch“ der FPÖ sehen sie offenbar sogarüber Ermittlungen in einem potenziellenKorruptionsskandal hinweg.Migration: Es dauerte zu langeWas „die Leit“ beschäftigt? Das wahlentscheidendeThema war laut Befragung erneutdie Migration. Die Wählerinnen undWähler haben nicht vergessen, wie lange esnach 2015 dauerte, bis die Selbstverständlichkeitgeäußert wurde: dass ein souveränerStaat entscheiden darf, wer ihn betritt.Und dass er fähig sein muss, diese Entscheidungumzusetzen. Gerade in der Steiermarkbleibt von 2015 in Erinnerung, wiedie Polizei nur zusehen konnte, als tausendeFlüchtlinge die Grenze überquerten.Angesichts einer weiteren Protestwahlstellt sich die Frage: Wird wirklich soschlecht regiert? Für einen Großteil des aktuellenUnbehagens ist Putin verantwortlich,nicht Nehammer oder Drexler. Dennochwerden die Mitteparteien zu einerneuen Taktik finden müssen, wollen sienoch größere FPÖ-Erfolge verhindern. Wieman einer Partei den „Giftzahn ausbricht“,wusste schon der Philosoph Max Schelervor hundert Jahren: „indem man sie zurpositiven Mitarbeit im Staate heranzieht“.Grund zum Protest gibt es immer. Wenn dieFPÖ regiert, richtet er sich auch gegen sie.In der Steiermark könnte das geschehen,alles deutet auf einen LandeshauptmannMario Kunasek. Schwarz und Rot (!) lehnendie FPÖ – anders als im Bund – nicht prinzipiellab. Kunasek gilt ÖVP und SPÖ als paktfähig.Mäßigung lohnt sich, das lernt HerbertKickl aus dieser Wahl.Und was lernen die Regierungsverhandlervon ÖVP, SPÖ und Neos im Bund? Dassdas Trio dringend einer positiven Erzählungbedarf. Mit dem „Besten aus drei Welten“brauchen sie es nicht versuchen. Ebensowenig mit dem Titel „Zuckerlkoalition“.Der Unernst verhöhnt die Wählerinnenund Wähler. Es braucht Schwerpunkte aufdie größten Themen, inhaltlich wie personell:Wie wäre es mit einem Wohlstandsministerium(siehe Seite 15), einer Vollzeit-Integrationsministerin, einem Staatssekretärfür Grenzschutz und einem für die Revitalisierungdes ländlichen Raums? Ohneernsthafte und glaubwürdige Geschichtewird das Zuckerl bitter schmecken.philipp.axmann@furche.atBitte mehr Wirtschaftskompetenz!Dass das Budget konsolidiert und derWirtschaftsstandort gestärkt werden muss,steht außer Streit. Doch wie? Ökonom FranzPrettenthaler hat einen Vorschlag. Seite 15Mikroskopie des UnerträglichenDie besten Regisseure inszenierten seineStücke. Man feierte ihn, dann fiel er inUngnade. Zum 80. Geburtstag des SchriftstellersBotho Strauß. Seiten 18–19„Der Wolf gehört reguliert“Wie viel Schutz brauchen die Wölfe? WildtierbiologeKlaus Hackländer über die heikleFrage, wie viele dieser Raubtiere ein kleinesLand wie Österreich verträgt. Seiten 22–23Der Hitler vom Balkon jagteZu seinem 150. Geburtstag gibt es vieleArgumente, Winston Churchill vom Sockel zustoßen. Doch das Kriegsjahr 1940 bleibt einGrund, warum er auf diesen gehört. Seite 24@diefurche@diefurchefurche.at@diefurcheDie FurcheÖsterreichische Post AG, WZ 02Z034113W,Retouren an Postfach 555, 1008 WienDIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 WienTelefon: (01) 512 52 61-0

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